Dokumentation einer Perfidie
Die Politik der kassenaerztlichen
Vereinigungen, einiger Krankenkassen und der Richtlinienverbaende gegen
unliebsamen Wettbewerb und die Ausbootung der KostenerstattlerInnen.
Kurzinhaltsuebersicht
Kassenaerztliche Vereinigung Rheinhessen 1992 / 93:
I [Org-Nr-P007] Der Psychotherapieausschuss
zum Umgang mit sog. Notwendigkeitsbescheinigungen
IV [Org-Nr-P010] Zur Weigerung eines Arztes, eine Notwendigkeitsbeschenigung auszustellen
- Psychotherapieausschuss -
Mainz, November 1992
Verordnungen von Psychotherapie, Umgang mit sog. Notwendigkeitsbescheinigungen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aus gegebenem Anlass moechten wir nochmals auf das Procedere bei der Verordnung von Psychotherapie hinweisen.
Wenn Sie einen Ihrer Patienten fuer psychotherapiebeduerftig
halten, ueberweisen Sie bitte an einen aerztlichen Psychotherapeuten. Hier
werden in einem sog. Erstgespraech ("zur Einleitung einer Psychotherapie")
die Indikation fuer und die Art der Therapie geklaert, (Einzel- oder Gruppentherapie,
Verhaltens-, tiefenpsychologisch fundierte oder analytische Psychotherapie,
psychosomatische Grundversorgung oder lediglich Krisenintervention).
Entsprechend leitet der aerztliche Therapeut die Therapie
ein. Ist beim aerztlichen Psychotherapeuten kein Therapieplatz frei oder
ist eine andere Therapieform als der Arzt anbieten kann, indiziert, verweist
dieser
den Patienten an einen nicht-aerztlichen, aber delegationsfaehigen
Therapeuten. Erst wenn auch auf diesem Wege kein Therapieplatz zur Verfuegung
gestellt werden kann, wird in besonderen Faellen ueber sog. ,,Notwendigkeitsbescheinigungen"
ein Therapieplatz bei einem formal nicht delegationsfaehigen, in der Regel
klinischen Psychologen vermittelt.
Diese sog. Notwendigkeitsbescheinigungen fuer Psychotherapie koennen ausschliesslich von aerztlichen Psychotherapeuten ausgestellt werden. Alle anderen Kollegen bitten wir, keine Bescheinigungen ueber die Notwendigkeit von Psychotherapie mehr auszustellen.
Die aerztlichen Psychotherapeuten bitten wir, ausgestellte
Notwendigkeitsbescheinigungen in einer Kopie an den Psychotherapieausschuss
bei der KV, zu Hd. Herrn X, weiterzugeben.
Bitte denken Sie daran, zur Wahrung des Datenschutzes
vom betreffenden Patienten eine Einverstaendniserklaerung zu erbitten.
Sollte der Patient sich verweigern, so benachrichtigen Sie den Ausschuss
lediglich in einer anonymen Notiz ueber diesen Vorgang (Muster anbei).
Wie Sie sehen, hat der Psychotherapieausschuss seine Haltung bezueglich der Notwendigkeitsbescheinigung geaendert. Es hat sich erwiesen, dass ein prinzipieller Verzicht auf die umstrittenen Atteste weder sinnvoll noch moeglich ist.
Bei Fragen werden Sie sich bitte an den Psychotherapieausschuss der KV, Ansprechpartner Herr X
Mit bestem Dank fuer ihre Kooperation und freundlichen Gruessen
Dr.med. XYZ Vorsitzende des
Psychotherapieausschusses
(niedergelassene Psychiaterin und Psychotherapeutin)
- Psychotherapieausschuss -
Datum 08.03.93
An Dr. Z, PsychiaterIn / PsychotherapeutIn
Antraege auf tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, hier: X (DAK) und Y (KKH)
Sehr geehrter Herr Dr. Z,
der Psychotherapieausschuss der KV Rheinhessen wurde bei
den o.g. PatientInnen vereinbarungsgemaess von deren zustaendigen Krankenkassen
eingeschaltet, da Antraege auf
Kostenuebernahme einer Psychotherapie vorliegen, bei
denen das uebliche Verfahren der Beantragung nicht eingehalten bzw. darum
gebeten wird, die Psychotherapiekosten bei einem nicht zugelassenen, nicht
aerztlichen Psychologen zu tragen.
Wie Sie wissen, besteht innerhalb der KV Rheinhessen folgende
Vereinbarung:
Diagnostiziert ein aerztlicher Psychotherapeut eine psychische
Erkrankung von Krankheitswert, so entscheidet er ueber die Indikation der
Art der psychotherapeutischen Behandlung.
Entsprechend ist er angehalten, die jeweils adaequaten
Formblaetter zur Antragstellung zu benutzen. Aus Diagnose und Begruendung
soll die Art des gewaehlten Psychotherapieverfahrens nachvollziehbar sein,
bei Langzeittherapie ist das chiffrierte Gutachterverfahren anzuwenden.
Sollte der aerztliche Psychotherapeut nicht selbst ueber einen Therapieplatz verfuegen, so wird gefordert, dass er entweder direkt an einen zugelassenen nicht aerztlichen Psychotherapeuten delegiert oder aber die Vermittlungsstelle fuer Psychotherapie der KV Rheinhessen um Vermittlung eines adaequaten Psychotherapieplatzes bittet.
Wir bitten Sie daher, sowohl bei den im Betreff genannten PatientInnen als auch in Zukunft generell sich wie die anderen Kollegen an die obigen Vereinbarungen zu halten.
Im uebrigen seien Sie darauf verwiesen, dass bezueglich
des Psychotherapieantrages fuer X (DAK) laut
Aussage der KV Pfalz (Frau K.) sogar am Wohnort
der PatientIn ein Therapieplatz bei einem aerztlichen
Psychotherapeuten, Herrn Dr. med. T., zur Verfuegung
steht.
Aus Ihrer Bescheinigung laesst sich zudem nicht entnehmen, ob Sie eine Kurzzeit- oder Langzeittherapie als notwendig erachten. Wir bitten Sie im Einvernehmen mit der DAK, hier nun die nach den Vereinbarungen notwendigen Schritte einzuleiten.
Auch bezueglich der PatientIn Y, KKH, laesst sich aus Ihrer aerztlichen Bescheinigung nicht deutlich nachvollziehen, weshalb bei der Schwere der Erkrankung lediglich eine Kurzzeittherapie von dem nicht aerztlichen Psychotherapeuten XX beantragt wird.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren nach Kenntnisstand der Vermittlungsstelle fuer Psychotherapie mehrere Psychotherapieplaetze bei zugelassenen Psychotherapeuten vakant, so dass wir Sie bitten, auch hier das uebliche Procedere zu beschreiten.
Mit freundlichen Gruessen
Dr.med. PsychotherapeutIn YY
Dr. med. Y. PsychiaterIn / PsychotherapeutIn
Datum 27.07.1993
Aerztliche Bescheinigung fuer Ihre PatientIn X geb.
00.00.0000 hier:
Nachfrage der Barmer Ersatzkasse nach freien Therapieplaetzen
Sehr geehrter Herr Dr. Y,
die Barmer Ersatzkasse hat uns Ihre aerztliche Bescheinigung
ueber die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung fuer Ihre
o.g. Patientin mit der Bitte um Klaerung und Nennung eines Therapieplatzes
innerhalb der kassenaerztlichen Versorgung zukommen lassen. Die Unterlagen
wurden dem Psychotherapie-Ausschuss der Kassenaerztlichen Vereinigung Rheinhessen
zur Stellungnahme vorgelegt. Der Psychotherapie-Ausschuss vertritt die
Auffassung, dass der Patientin in angemessener Zeit ein Therapieplatz
innerhalb der kassenaerztlichen Versorgung vermittelt werden kann. Auf
Unverstaendnis stoesst im Psychotherapie-Ausschuss, dass Sie das offizielle
Verfahren fuer die Einleitung einer psychotherapeutischen Behandlung innerhalb
der kassenaerztlichen Versorgung nicht einhalten, obwohl Therapieplaetze
zur Verfuegung stehen und ueber die Vermittlungsstelle nachgefragt werden
koennen. Ausserordentlich kritisch wird hierbei die Tatsache gesehen, dass
Sie Ihre
Patienten anscheinend nicht innerhalb der kassenaerztlichen
Versorgung einer Therapie
zufuehren.
Mit freundlichen Gruessen
i.A.
Abteilungsleiter
Allg. Verwaltung
An Dr. med. X
PLZ Ort
Ort, den 24.01.96
Sehr geehrte/r Frau / Herr Dr. X,
heute versuchte sich mein Mitarbeiter mit Ihnen in Verbindung zu setzen,
um sich nach der Notwendigkeitsbescheinigung fuer die Durchfuehrung einer
Psychotherapie bei unserer gemeinsamen Patientin, Frau Z, zu erkundigen.
Wie Ihnen bekannt sein duerfte, konnte mein Mitarbeiter nicht persoenlich
mit Ihnen sprechen.
Laut Auskunft Ihrer Mitarbeiterin, wollen Sie diese aerztliche Notwendigkeitsbescheinigung nicht ausstellen und sind der Meinung, dass Frau Z sich hinsichtlich einer Vertragsbehandlung mit der KV bzw. ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen soll.
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass ich Sie darum gebeten habe, zu bescheinigen,
dass bei Frau Z. die Durchfuehrung einer Psychotherapie erforderlich ist.
Da Sie die Patientin auf die Vertragsbehandlung hingewiesen haben, scheinen
Sie eine psychotherapeutische Behandlung fuer erforderlich zu halten, aber
bescheinigen wollen Sie dies nicht. Dabei scheinen Sie muehelos akzeptieren
zu koennen, dass Frau Z. durch meine therapeutische Behandlung in ihrer
Muttersprache vier Wochen lang anfallsfrei war, wohingegen sie vor meiner
Behandlung woechentlich einen epileptischen Anfall hatte, und durch Ihre
Weigerung, ein Attest
auszustellen, so verunsichert und beunruhigt ist, dass sie wieder unter
Anfaellen leidet und nicht schlaeft. Ist das die Art, wie Sie als Arzt
Ihren Patienten helfen?
Sie wissen, dass ein Antrag auf
Kostenerstattung nur mit aerztlicher Notwendigkeitsbescheinigung
bearbeitet wird und die Krankenkasse nach Pruefung der Moeglichkeit einer
Vertragsbehandlung eine Einzelfallentscheidung trifft. Es ist demnach nicht
die Aufgabe des Arztes, diese Einzelfallentscheidung zu treffen. Ihre Weigerung,
Ihrer Patientin allein die Pruefung Ihres Antrages zu ermoeglichen, ist
nach meinem
Empfinden ein "unaerztliches" Verhalten.
Hochachtungsvoll
(Kostenerstattungs-PsychotherapeutIn)