Allgemein-Begriffe:
Platonismus, Realismus, Nominalismus
und
der Universalienstreit
Aus: Eisler,
Rudolf (1927-1930, 4.A.). Wörterbuch der philosophischen Begriffe.
3 Bde. Berlin: , S. 70-84
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"Allgemein = meiner Klasse von Objecten gemeinsam. Das Allgemeine, Universale,
Gattungsmäßige, Typische ist dasjenige an einem Dinge, was es
mit anderen teilt bezüglich Eigenschaften, Vorgänge, Tätigkeiten,
gesetzmäßigen Verhaltens. Das Allgemeine besteht in den Dingen,
wird aber im Denken (durch isolierende und generalisierende Abstraction)
für sich gesetzt, oft auch hypostasiert. Auf das Allgemeine geht der
(abstracte) Begriff. Das Bewußtsein der Allgemeinheit ist ein mit
einem individuellen Inhalt verbundenes Meinen, daß dieser Inhalt
sich an einer ganzen Gruppe von Objecten findet, finden läßt.
An den Begriff des Allgemeinen knüpft sich der mittelalterliche Universalienstreit.
In des BOËTHIUS Commentar zur Isagoge des PORPHYR wird bei Besprechung
der fünf »Prädicabilien« (s. d.) gefragt,
ob das Allgemeine, der Gegenstand des Allgemeinbegriffs außer oder
im Denken, außer oder in den Dingen besteht, ob die genera und species
»sive subsistant sive in solis nudis intellectibus posita sint,
sive subsistentia corporalia an incorporalia, et utrum separata a sensibilibus
an insensibilibus posita et circa haec consistentia«. Die »Realisten«
antworten: die Universalien (Allgemeinheiten) sind etwas unabhängig
vom Denken Seiendes, die »Nominalisten« (Terministen, Conceptualisten)
halten sie für bloße subjective Namen oder Begriffe, eine vermittelnde
Richtung lehrt das Sein der Universalien, aber nicht außer den Dingen
(»extra res«), sondern in den Dingen (»in rebus«).
Es wird auch erklärt: die Universalien sind »ante res«
(nämlich in Gott), »in rebus« und »post res«
(als Abstractionsproducte in unserem Denken).
Zunächst geben wir die Geschichte des universalistischen Realismus
in seinen verschiedenen Schattierungen. Er beginnt mit der Lehre PLATOS
von den an sich (kath' hauto)
seienden Ideen (s. d.). ARISTOTELES dagegen setzt das Allgemeine als den
Dingen immanent (Met. VII 10, 1035b 27). Es ist dasjenige, was einer Vielheit
von Dingen naturgemäß zukommt: legw
de katholou men ho epi pleionn pephyke kat goreisthai, kath' hekaston de
ho m (De interpr. VII, 17a 39),
ho an kata pantos te hyparch kai kath'
hauto kai h hauto (Anal.
post. I 4, 73b 26). Begrifflich-wesenhaft (kata
ton logon) ist das Allgemeine
das Prius, in der Erkenntnis aber das Spätere, erst aus dem Einzelnen
Gewonnene (Met. VII, 1018b 33). Ein wahres Wissen gibt es nur vom Allgemeinen
(h d' epist m t n katholou,
De an. II, 5). PORPHYR betont, hoti ta
men onta kai ta tout n gen kai ta eid kai hai diaphorai pragmata
asti, kai ou ph nai (Exhghsis
f. 3a; Prantl I, 632).
Nach JOH. SCOTUS ERIUGENA sind die Universalien (als Ideen, s. d.) sowohl
vor als in den Einzeldingen; nach BERNHARD VON CHARTRES bestehen sie für
sich, so auch nach WILHELM von CHAMPEAUX (vgl. Prantl, Gesch. d. L. II,
118 ff.). Nach JOHANN VON SALISBURY sind die Universalien in den Dingen,
aus denen sie durch Abstraction erkannt werden (so schon GILBERTUS PORRETANUS).
ALFÂRÂBI bestimmt das Allgemeine als »unum de multis
et in multis«, das »non habet esse separatum a multis«
(bei Alb. Magnus, De praed. II, 5). Nach AVERROËS sind die Universalien
in den Dingen (Ep. met. 2, p. 42), aber als Universalien werden sie erst
vom Intellect gesetzt. »Intellectus officium est, abstrahere formam
a materia individuata« (l.c. p. 54). »Accidit in intellectu
ipsa universalitas« (l.c. p. 55; schon AVICENA sagt: »intellectus
in formis agit universalitatem«, vgl. Prantl, G. d. L. II, 348
f.). VINCENZ VON BEADVAIS: »Universalia non solum in intellectu
sunt, sed et in re« (Specul. doctr. III, 9). ALBERTUS MAGNUS:
»Universalis dicitur ratio, non ideo quia tantum fit in nobis,
sive in mente nostra: sed ideo quia est res non in uno absolute accepta,
sed quae in collatione accipitur, quae est in multis et de multis, quam
collationem facit ratio« (Sum. th. I, qu. 42, 2). Das Allgemeine,
das »immutabile« ist (l.c. qu. 3, 3), ist »ante
rem, in re et post rem« (qu. 4, 1); es ist (wie schon ABAELARD
sagt) das von vielen Dingen Aussagbare (De praed. II, 1). »Universale
naturae producitur in esse ab agente intelligentia, quae operatur per suum
intellectuale lumen in omni natura« (Prantl, G. d. L. III, 99;
vgl. Hauréau II, 1, p. 232). THOMAS definiert das Allgemeine als
»quod est aptum natum de pluribus praedicari« (1 perih.
10a), »quod est semper et ubique« (1 anal. 42b). »Universalia...
non sunt res subsistentes, sed habent esse solum in singularibus«
(Contr. gent. I, 65). Vor den Dingen sind die Universalien im »intellectus
aeternus« Gottes (Sum. th. I, qu. 16, 7). »Intellectus
agens causat universale abstrahendo a materia« (Sum. th. I, qu.
9, 5). »Universale fit per abstractionem a materia individuali«
(Sum. th. I, II, 29, 6c). »Quod est commune multis, non est aliquid
praeter multa, nisi sola ratione« (Cont. gent. I, 26, 4). »Cognitio
singularium est prior quoad nos, quam cognitio universalium«
(Sum. th. I, 85, 3); »scientia est universalium« (De
an. II, 12b). »Universalia non movent, sed particularia«
(Cont. gent. III, 6). (Vgl. Log. I, 1 u. C. gent. I, 32.) DURAND VON ST.
POURÇAIN: »Universale, i.e. ratio vel intentio universalitatis...
est aliquid formatum per operationen intelligendi, per quam res secundum
considerationem abstrabitur a condicionibus individuantibus«
(In I. sent. 1, d. 3, 5). »Universale non est primum obiectum
intellectus nec praeexistit intellectioni, sed est aliquid formatum per
operationem intelligendi, per quam res secundum considerationem abstrahitur
a conditionibus individuantibus« (ib.). Nach RICHARD VON MIDDLETON
sind die Universalien 1) »in causando«, (in Gott), 2)
»in essendo«, 3) »in repraesentando«,
4) »in praedicando« (l c. 2, d. 3, 3, qu. 1). Dem Universale
entspricht ein »fundamentum in re« - dies behaupten
die Thomisten insgesamt. Aber auch DUNS SCOTUS: »Universale est
ab intellectu,... universali autem aliquid extra correspondet, a
quo movetur intellectus ad causandum talem intentionem... Effective est
ab intellectu, sed materialiter sive originaliter sive occasionaliter est
a proprietate in re, figmentum vero minime est« (Qu. sup. Porph.
4; Prantl, G. d. L. III, 207). Universale »non autem est in intellectu
subiective, sed tantum obiective« (Qu. de an. 17, 14; Prantl
III, 208). SUAREZ: »Naturas fieri actu universales solum opere
intellectus, praecedente fundamento aliquo ex parte ipsarum rerum, propter
quod dicuntur esse a parte rei potentia universales...« (Met.
disp. 6, sct. 2, 1). Es gibt ein »universale physicum«,
»u. metaphysicum«, »u. logicum«.
»Primam, qua a parte rei dicitur universalis; alteram, quam habet
ab intellectu per extrinsecam denominationem et abstractionem, iuxta quam
ipsa natura repraesentatur ut communis et indifferens; tertiam relationis«
(De an. IV, 3, 22).
NICOLAUS CUSANUS erklärt: »Habent... universalia ordine naturae
quoddam esse universale, contrahibile per singulare... non sunt solum entia
rationis... non sunt nisi in corpore,« »Intellectus
tamen facit eas extra res per abstractionem esse, quae quidem abstractio
est ens rationis« (De doct. ign. II, 6). Nach SPINOZA ist das
Allgemeinste, das All oder Gott (s. d.) das wahrhaft Wirkliche. So auch
nach SCHELLING, SCHOPENHAUER, HEGEL. Dieser sagt: »Das Allgemeine
der Dinge ist nicht ein Subjectives, das uns zukäme, sondern vielmehr
als ein dem transitorischen Phänomen entgegengesetztes Noumen das
Wahre, Objective, Wirkliche der Dinge selbst, wie die Platonischen Ideen,
die nicht irgendwo in der Ferne, sondern als die substantiellen Gattungen
in den einzelnen Dingen existieren« (Naturph. S. 16 f.). Das Allgemeine
im Denken ist die Bestimmtheit oder Form der Gedanken (Encykl. §.
54). Nach K. L. MICHELET ist das Allgemeine das Wesen der Dinge, das wahrhaft
Seiende (Vorles. ü. d. Pers. Gottes, S. 81). K. ROSENKRANZ: »Das
Allgemeine ist der Begriff des Seins an sich, die in sieh als Identität
mit sich bestimmte Wirklichkeit, die Beziehung der unbedingten Gleichheit
des Seins auf sich«, es ist die »Tätigkeit, sich von sich
zu unterscheiden« (Syst. d. Wiss. S. 99). Das Besondere ist »der
Unterschied des Allgemeinen von sich selber« (l.c. S. 100). DROBISCH
unterscheidet (wie HEGEL) abstracte und concrete Allgemeinheit (Gattung
- Art, Neue Darst. d. Log.5, § l9).
Nach LOTZE ist das Allgemeine das »was in mehreren voneinander verschiedenen
Vorstellungen gemeinsam, gleichartig vorkommt« (Grdz. d. Log. S.
11). A. LANGE findet das Allgemeine schon in den Empfindungen enthalten
(G. d. Mat. II5, 80). J. BAUMANN erblickt in der »Allgemeinheit«
nur »eine mehr oder minder verbreitete Tatsächlichkeit«
(Ph. als Or. S. 154). DÜHRING: »Die Gattungen und Arten,
also überhaupt die gegenständlich fixierten Allgemeinheiten,
sind das, was sie sind, nicht bloß durch Einerleiheit, sondern auch
durch Ursächlichkeit« (Log. S. 196 f.). von KIRCHMANN versteht
unter dem Allgemeinen sowohl eine Beziehungsform als auch das damit Bezogene,
d.h. die Begriffe und Gegensätze, welche in den Gebieten der betreffenden
Wissenschaft bestehen (Kat. d. Phil. S. 61). SCHUPPE definiert »allgemein«
als »etwas, was vielen gemeinsam sein kann« (Log. S.
79). Im Unterschiede vom numerisch Allgemeinen ist das inhaltlich Allgemeine
»das Vorgestellte, sofern es durch seinen Inhalt das verschiedenen
Gegenständen Gemeinsame umfaßt« (l.c. S. 89); »es
zerfällt in das unbestimmt, erweitert, typisch und abstract Allgemeine«
(l.c. S. 89 ff.). Das Allgemeine ist schon, als ein Stück der Wirklichkeit,
im Einzelnen enthalten (l.c. S. 92). So auch VON SCHUBERT SOLDERN,
nach welchem das Allgemeine nicht erst durch Induction gefunden wird (Viertelj.
f. w. Ph. Bd. 21, S. 151). Nach HUSSERL ist das Allgemeine ein Gegenstand
des Denkens, es hat ein ideales Sein unabhängig vom Denken (Log. Unt.
II, 111, 123 f., 146 ff., 210). Die Allgemeinheit des Wortes besagt, »daß
ein und dasselbe Wort durch seinen einheitlichen Sinn eine ideell festbegrenzte
Mannigfaltigkeit möglicher Anschauungen so umspannt.., daß jede
dieser Anschauungen als Grundlage eines gleichsinnigen nominalen Erkenntnisactes
fungieren kann« (l.c. II, 501).
Der Nominalismus in seiner extremen Form behauptet, die Universalien seien
bloße »nomina, flatus vocis«, nicht einmal im Bewußtsein
des Erkennenden gebe es ein Allgemeines. Der gemäßigte Nominalismus
oder Conceptualismus hingegen setzt das Allgemeine in Allgemeinbegriffe
(»conceptus universales«); es hat Existenz, aber nur im Bewußtsein.
Schon ANTISTHENES soll gelehrt haben, es gebe kein Allgemeines für
sich, z.B. keine Pferdheit, nur einzelne Pferde (Prantl, G. d. L. I, 32).
Die Stoiker halten die Ideen (s. d.) oder Gattungsbegriffe nur für
subjective Gedanken. To enno mata... m te tina
einai m te poia, h sanei de tina kai h sanei poia phantasmata psych s.
tauta de hypo t n archai n ideas prosagoreuesthai... tauta de hoi st ikoi
philosophoi phasin anyparktous einai, kai t n men enno mat n metechein
h mas, t n de pt se n, has d pros gorias kalousi, tynchanein (Stob.
Ecl.
I, 12, 332); enno mata de esti phantasma
dianoias, oute ti on oute poion, h sanei de ti on h sanei poion
(Diog. L. VII 1, 61); outina ta koina
par' autous legetai (Simpl. in
Categ. f. 26c). Nach KLEANTHES sind die Ideen nicht einmal ennoêmata
(Stein, Psych. d. St. II, 293). Auch nach ALEXANDER VON APHRODISIAS sind
die Universalien nur im Denken (De an. 139b).
Im Sinne des Nominalismus lehrt schon MARCIANUS CAPELLA. Begründer
des scholastischen Nominalismus ist ROSCELLINUS. Von den Nominalisten berichtet
ANSELM: »Illi utique nostri temporis dialectici... qui nonnisi
flatum vocis putant esse universales substantias« (Prantl, G.
d. L. II, 78) und JOH. VON SALISBURY: »Fuerunt et qui voces ipsas
genera dicerent et species, sed eorum iam explosa sententia est, et facile
cum auctore suo evanuit« (I, p. 266). Nach ABAELARD bestehen
die Universalien nur in den »sermones« (»Sermonismus«),
da das Prädicat eines Dinges nicht selbst ein Ding sein könne,
sondern nur das, »quod de pluribus natum est praedicari«
(Prantl II, 181 ff.). »Est sermo praedicabilis« (vgl.
Joh. Sarebb., Metal. II, 17). ALGAZEL: »Esse autem universale non
est nisi in intellectibus« (Ritter VIII, 69). Nach ROGER BACON ist
das Allgemeine nur eine »convenientia plurium individuorum«;
»singulare est melius quam universale« (Op. m. p. 383;
Prantl, G. d. L. III, 126). Der Erneuerer des Nominalismus, WILHELM VON
OCCAM, hält die Universalien für subjective Begriffe, Zusammenfassungen
von Ähnlichkeiten der Dinge. Das Wort, die »significatio«,
stellt das Allgemeine im Denken her. »Dicendum est, quod quodlibet
universale est una res singularis et ideo non est universale nisi per significationem,
quia est signum plurium... Universale est una intentio singularis ipsius
animae nata praedicari de pluribus, non pro se, sed pro ipsis rebus«
(Log. I, 14). Die Universalien sind »ficta quibus in esse reali
correspondent vel correspondere possunt consimilia« (Prantl,
G. d. L. III, 337). »Universale non est figmentum tale, cui non
correspondet aliquid consimile in esse subiectivo, quale illud fingitur
in esse obiectivo« (l.c. S. 358). »Nullum universale
est extra animam existens realiter in substantiis individuis nec est de
substantia vel esse earum, sed universaliter est tantum in anima, quia
de pluribus est praedicabilis non pro se, sed pro rebus, quas significat«
(l.c. S. 346). Die Universalien entstehen im Bewußtsein ohne Spontaneität
des Denkens. »Universalia et intentiones secundae causantur naturaliter
sine omni activitate intellectus et voluntatis a notitiis incomplexis terminorum
per istam viam, quia primo cognosco aliqua singularia in particulari intuitive
vel abstractive« (l.c. S 346). G. BIEL: »Universale
est conceptus mentis, i.e. actus cognoscendi, qui est vera qualitas in
anima et res singularis, significans univoce plura singularia aeque primo
negative naturaliter proprie« (Coll. I, d. 2, qu. 8). Das Universale
ist »quoddam fictum ab intellectu habens tantum esse obiectivum
in anima« (In l. sent. d. 2, qu. 8). J. BURIDAN: »Genera
et species non sunt nisi terrnini apud animam existentes vel etiam termini
vocales aut scripti« (Prantl, G. d. L. IV, 16). Nach M. N1ZOLIUS
ist das Allgemeine nur ein Collectivname, die Comprehension einer Mehrheit
von Dingen (De ver. princ. I, 4-7, III, 7).
DESCARTES erklärt das Universale für einen »rnodus cogitandi«
(Pr. ph. I, 58). »Fiunt haec universalia ex eo tantum, quod unum
et eadem idea utamur ad omnia indivdua, quae inter se similia sunt, cogitanda:
Ut etiam unum et idem nomen omnibus rebus per ideam istam repraesentatis
imponimus; quod nomen est universale« (l.c. 59). Nach SPINOZA
entstehen Universalbegriffe, »quia in corpore humano tot imagines,
ex. gr. hominum formantur simul, ut vim imaginandi non quidem penitus,
sed eo usque tamen superent, ut singulorum parvas differentias.., eorumque
determinatum numerum mens imaginari nequeat, et id tantum, in quo omnes,
quatenus corpus ab iisdem afficitur, conveniunt, distincte imagitnetur;
nam ab eo corpus, maxime scilicet ab unoquoque singulari, affectum fuit,
atque hoc nomine hominis exprimit, hocque de infinitis singularibus praedicat«
(Eth. II, prop. XL, schol. I). Nach LEIBNIZ ist das Allgemeine nur in unserem
Denken, zur Bezeichnung ähnlicher Dinge (Erdm. p. 305, 398, 439).
Wirklich ist nur das Individuum (s. Monade). CHR. WOLF: »Notiones
universales sunt notiones similitudinum inter res plures intercedentium«
(Phil. rat. §. 54). »Genera et species non existunt, nisi
in individuis« (l.c. § 56; Psych. rat. § 393). »Ens
universale est, quod omnino determinatum non est, seu quod tantummodo continet
determinationes intrinsecas communes pluribus singularibus, exclusis iis,
quae in individuis diversae sunt« (Ont. § 230). Der »allgemeine
Begriff« entsteht durch Abstraction des mehreren Dingen Gemeinsamen
(Vern. Ged. von d. Kr. d. m. V.9, S. 36).
HOBBES setzt das Allgemeine in die Namen, welche ähnliche Dinge bezeichnen
(De corp. C. 2, 10; Hum. nat. C. 5, p. 22). LOCKE: »Die Vorstellungen
sind allgemeine, wenn sie als die Darstellungen vieler einzelner Dinge
aufgestellt sind. Aber Allgemeinheit gehört nicht den Dingen selbst
an, vielmehr sind diese, als daseiende, sämtlich einzelne, und dies
gilt selbst bei den Worten und Vorstellungen, deren Bedeutung eine allgemeine
ist. Verläßt man daher das Einzelne, so ist das Allgemeine,
das übrigbleibt, nur ein von uns selbst gemachtes Geschöpf; seine
allgemeine Natur ist nur die von dem Verstande ihm beigelegte Fähigkeit,
vieles Einzelne zu bezeichnen und darzustellen; seine Bedeutung ist nur
eine Beziehung, die ihm von der Seele zugegeben ist« (Ess. III,
ch. 3, § 11). Die Genera und Species sind ein Product des Denkens,
dem Ähnlichkeiten in den Dingen selbst entsprechen (l.c. §13).
Entschiedener Nominalist ist BERKELEY. Nach ihm gibt es nicht einmal allgemeine
Ideen, sondern Allgemeinheit besteht nur in den Zeichen für mehrere
Einzelideen, deren jede durch das Wort besonders im Bewußtsein angeregt
wird (Princ. XV, XI). So auch HUME (Treat. sct. 7), JAMES MILL (Anal.c.
15). HERBART erblickt im Allgemeinen nur eine »Abbreviatur, zur
Bequemlichkeit, ohne irgend eine eigene Bedeutung« (Met. Il,
417). Begriffliche Allgemeinheit ist ein logisches Ideal (Lehrb. z. Psych.3,
S. 127).
KANT betont, daß die wahre (im Unterschiede von der bloß »comparativen«,
inductiven) Allgemeinheit (= Allgemeingültigkeit) a priori (s. d.)
sei, durch das Denken selbst gesetzt, nicht erfahren sei. Die Erfahrung
»sagt uns zwar, was da sei, aber nicht, daß es notwendigerweise,
so und nicht anders, sein müsse. Eben darum gibt sie uns auch keine
wahre Allgemeinheit« (Kr. d. r. V. S. 35). »Erfahrung gibt
niemals ihren Urteilen wahre oder strenge, sondern nur angenommene und
comparative Allgemeinheit (durch Induction), so daß es eigentlich
heißen muß: soviel wir bisher wahrgenommen haben, findet sich
von dieser oder jener Regel keine Ausnahme« (l.c. S. 648 f.).
Schon früher bemerkt K.: »Si omnes spatii affectiones nonnisi
per experientiam a relationibus externis mutuatae sunt, axiomatibus geometricis
non inest universalitas, nisi comparativa« (De mund. sens. sct.
3, § 15). Daß die Allgemeinheit von Sätzen aus unserem
Geiste stammt, betont WHEWELL (Phil. of In. I, 257 ff.). Nach G. SPICKER
ist Allgemeinheit von Sätzen schon eine Folge der Notwendigkeit (Kant,
Hume u. Berk. S. 177). Allgemeinheit kommt nicht nur apriorischen Erkenntnissen
zu (l.c. S. 62). Unter »allgemein« ist zu verstehen
»eine der Zahl nach bestimmte oder unbestimmte Menge gleichartiger
Obiecte, die irgend ein Merkmal oder mehrere oder alle gleich sehr miteinander
gemein haben«. »Etwas im allgemeinen betrachten, heißt
also eine Eigenschaft oder ein Merkmal, das allen gleich wesentlich ist,
betrachten« (l.c. S. 142). Nach WUNDT bedeutet die Allgemeinheit
der Begriffe, daß »jeder Begriff in zahlreiche Urteilsacte
als Element eingehen kann, und daß in diesen einzelnen Urteilen seine
Beziehungen zu andern Begriffen bestimmt werden« (Log. I2, S. 95
ff.). RIEHL unterscheidet drei Arten des Allgemeinen: das Objective,
das Allgemeine als Schlußergebnis, das rationell Allgemeine, als
Folge der Gewißheit eines Urteils (Phil. Krit. II, 1, S. 223 f.).
E. MACH: »Den 'Generalien' kommt keine physikalische Realität
zu, wohl aber eine physiologische« (Wärmelehre2, S. 422).
Nach BALDWIN ist das Allgemeine (Abstracte) kein Inhalt des Denkens, sondern
»eine Haltung, eine Erwartung, eine motorische Tendenz. Es ist
die Möglichkeit einer Reaction, die gleichmäßig einer großen
Menge von besonderen Erfahrungen dienen kann« (Entw. d. Geist.
S. 308). Vgl. Allgemeinvorstellung, Allgemeingültig, Abstract, Begriff,
Gattung."