Philosophischer
Reader Assoziation
Aus: Eisler,
Rudolf (1927-1930, 4.A.). Wörterbuch der philosophischen Begriffe.
3 Bde. Berlin: , S. 226-243
"Association (Vergesellschaftung), psychologische = Verbindung von Bewußtseinselementen
bei passiver Apperception (s. d.) in verschiedenen Formen, die man für
»Associationsgesetze« ausgegeben hat. Es gibt einerseits
simultane und successive, anderseits Berührungs- und Gleichheits-
(Ähnlichkeits-) Associationen. Die Associationen liegen allem Denken
als Material zugrunde, sind aber selbst noch kein Denken (s. d.), können
aber durch Übung, Mechanisierung apperceptiver Verbindungen
(s. d.) aus diesen hervorgehen. Bei den Associationen ist das eigentlich
verbindende (synthetische) Princip das (fühlend-wollende) Ich, die
Einheit des Bewußtseins, aber ohne alle Spontaneität (Selbsttätigkeit).
Die »Associationsgesetze« der Späteren sind schon bei
ARISTOTELES angedeutet, der Ähnlichkeit, Contrast, Coëxistenz
und Succession als Verbindungsprincipien bestimmt (De insomn. 3).
Otan oun anamimnskmetha, kinoumetha t n proter
n tina kin se n' he s an kin th men meth' h n allou tinos, kai aph' homoiou
enantion tou synengys sia touto ginetai h anamn sis
(De memor. 2). MAXIMUS VON TYRUS nimmt Succession, Nebeneinander, inneren
Zusammenhang als Erinnerungsgrundlagen an (Dissert. 16, 7). Auf Coëxistenz
von Vorstellungen gründet die Association SPINOZA: »Si corpus
humanum a duobus vel pluribus corporibus simul affectum fuerit semel, ubi
mens postea eorum aliquod imaginabitur, statim et aliorum recordabitur«
(Eth. II, prop. 18). So auch MALEBRANCHE (Rech.II, 23). Die Lehre von der
»Ideenassociation« (association of ideas) begründet LOCKE
(Ess. II, C 33, § 5 f.). Er kennt nur Berührungsassociationen
(wie auch HOBBES) und interpretiert sie auch physiologisch durch Bewegungsreihen
der »Lebensgeister« (s. d.), »die, wenn sie einmal einen
Weg genommen, diesen fortbehalten; durch das ofte Betreten wird er zu einem
glatten Pfade, und die Bewegung vollzieht sieh so leicht, als wenn sie
eine natürliche wäre« (l.c. § 6). Die Lehre erfährt
ihre Ausbildung durch HARTLEY. Die Ursache der Association besteht darin,
daß oft wiederkehrende Wahrnehmungen Veränderungen im Gehirn
hervorbringen (Observ. I, S. 3, 11). »Wenn einige Sensationen A,
B, C... zureichend oft miteinander associiert sind, so erhalten sie eine
solche Gewalt über die ihnen entsprechenden Ideen a, b, c..., daß
eine dieser Sensationen A, wenn sie allein abgedrückt wird, vermögend
ist, b, c... oder die Ideen der übrigen Sensationen in der Seele hervorzubringen.
Es sind aber Sensationen associiert, wenn ihre Eindrücke entweder
genau in dem Zeitpunkte oder in den unmittelbar folgenden Zeitpunkten geschehen«
(l.c. S. 14). Es gibt synchronistische und successive Associationen, Associationen
vom Teil aufs Ganze, durch den Namen u.s.w. (l.c. S. 14 ff.).
Durch Association entstehen zusammengesetzte Ideen und Vorstellungsreihen
(trains) (l.c. S. 18). Physiologisch wird die Association auch von PRIESTLEY
und BONNET begründet. Letzterer führt sie auf die Leichtigkeit
der Reproduction mittelst der Anlagen in den Gehirnfibern zurück (Ess.
de Psych. C. 6). Zum Princip des geistigen Lebens macht die Association
HUME, der (nebst HARTLEY) als Begründer der Associationspsychologie«
(s. d.) angesehen werden kann. Ihm ist die Association eine Art »Anziehung
in der geistigen Welt« (ähnlich später J. ST. MILL) (Treat.
I, sct. 4, S. 23). Die Association ist das »Princip des erleichterten
Überganges von einer Idee zur andern« (On pass. 2). Die »connexion
or association of ideas« ist das verknüpfende Band der Vorstellungen
(l.c. S. 21). Sie erfolgt nach Ähnlichkeit (ressemblance), räumlichem
oder zeitlichem Zusammensein (Berührung, contiguity in time or place),
Causalität (cause and effect) (l.c. S. 21). Die Association ist die
Quelle des Causalbegriffs (s. d.) An HARTLEY und HUME schließen sieh
an REID, DUGALD STEWART, ERASMUS DARWIN (Zoonom. u. Templ. of Nat.). JAMES
MILL sucht die Ähnlichkeitsassociation aus der Association durch Berührung
abzuleiten. Die Association ist ein Grundprincip, eine »law of inseparable
association« (»law of frequency«) (Anal. of the Phenom.).
TH. BROWN, der die Association dem Begriffe »simple suggestion«
unterordnet, anerkennt nur ein Associationsgesetz. J. ST. MILL setzt das
Associationsgesetz dem Gravitationsgesetz an Bedeutung gleich und spricht
von einer »psychischen Chemie«, vermöge deren durch die
Verbindung von Vorstellungen neue entstehen (Exam. p. 190). A. BAIN nimmt
zwei Grundformen der Association an: durch Contiguität und Similarität.
Er unterscheidet einfache und zusammengesetzte, sowie »constructive«
Associationen. Die »law of contiguity« lautet: »Actions,
sensations and states of feeling, occurring together or in close suggestion,
tend to grow together, or cohere, in such a way that, when any one of them
is afterward presented to the mind, the others are apt to be brought up
in idea« (Sens. and Int.3, p. 327 ff.; als »Gesetz der Ordnung«
schon bei PLATNER, als »Princip der identischen Reihenfolge«
bei LIEBMANN, Analys. d. Wirkl.2, S. 449); H. SPENCER erklärt, »wenn
irgend zwei psychische Zustände in unmittelbarer Aufeinanderfolge
auftreten, so wird eine derartige Wirkung hervorgebracht, daß, sobald
später der erste Zustand wiederkehrt, eine bestimmte Tendenz wirksam
ist, auch den zweiten darauf folgen zu lassen« (Psychol. § 189,
S. 443). Die Contiguität löst sich auf in Ähnlichkeit der
Beziehung, im Raum oder in der Zeit oder in beiden (l.c. § 111 ff.
120, S. 279). SULLY (Handb. d. Psychol. S. 165 ff.), LADD betonen die Contiguität
als associatives Grundgesetz. BALDWIN stellt ein »Gesetz der Correlation«
auf (Handb. of Psychol. I, 201). JAMES begründet die Association physiologisch
durch die »law of neural habit« (Princ. of Psychol. I, 553
ff., 566) und betont, Association finde nur zwischen Vorstellungs elementen
(Empfindungen) statt (l.c. S. 591 ff.; so auch WUNDT, s. unt., und VILLA,
Einl. in d. Psychol. S. 347). JAMES ist Gegner des Associationismus. -
Im Gegensatze zur Associationspsychologie betont HAMILTON die Activität
des Ich. Er führt die Associationsgesetze auf eine »law of redintegration«
zurück, nach welcher Vorstellungen, die Teile eines Zusammenhangs
bildeten, die Tendenz haben, einander zu reproducieren. Vgl. HODGSON, Phil.
of Reflect. I, 283 ff.
Die englische Associationspsychologie hat die deutsche (und französische
Psychologie) stark beeinflußt. Wir betrachten hier erst die Bestimmungen
des Associationsbegriffes vor dem Auftreten der eigentlichen Associationspsychologie.
CHR. WOLF: »Si quae semel percepimus et unius perceptio denuo producatur...,
imaginatio producit et perceptionem alterius« (Psych. emp. §
104). Das »Gesetz der Totalität« (Reproduction eines Complexes
durch seine Teile) wird schon von Wolf ausgesprochen. Nach TETENS ist die
Association ein Gesetz der Phantasie und der Reproduction der Vorstellungen
(Phil. Vers. I, 751). M. HERZ findet den Grund der Association in
der »Fertigkeit, welche jede Kraftäußerung auf der Stelle
in der Seele erzeugt, dieselbe Tätigkeit mit minderer Anstrengung
und folglich unter kleinerer Weile zu wiederholen« (Vers. üb.
den Schwindel 1791, S. l24). KANT nennt die Association den »subjectiven
und empirischen Grund der Reproduction nach Regeln« (Kr. d. r. V.
S. 131). »Das Gesetz der Association ist: Empirische Vorstellungen,
die einander oft folgten, bewirken eine Angewohnheit im Gemüte, wenn
die eine erzeugt wird, die andere auch entstehen zu lassen« (Anthr.
I, § 29). PLATNER nimmt Ähnlichkeit, Gleichzeitigkeit, Ordnung
als Associationsprincipien an (Ph. Aphor. I, § 350 ff.), MAAS Coexistenz
(Vers. üb. d. Einbild. 1797, S. 445) er erklärt (wie IRWING)
die Association physiologisch. FRIES versteht unter Association die »Wiederverstärkung
der geistigen Tätigkeiten durch ihre Beigesellung« und erklärt
sie aus der Einheit des Lebens und Bewußtseins (Syst. d. Log. S.
56). Ihr Gesetz ist das der »Belebung unseres ganzen Innern durch
die erhöhte Tätigkeit eines einzigen Teils« (Neue Kr. I,
159). Nach HEGEL ist die Association der Vorstellungen als »Subsumtion
der einzelnen unter eine allgemeine, welche deren Zusammenhang ausmacht,
zu fassen« (Encykl. § 456). - HERBART bringt die Association
in Beziehung zum Begriffe unmittelbarer und mittelbarer Reproduction (s.
d.) und zu dem der »Reihen« (s. d.). Nach STEINHAL ist Association
»nur ein Verhältnis des Bewußtwerdens, Leitung der Bewußtheit,
nämlich die durch eine andere, bewußte Vorstellung vermittelte
Erhebung einer Vorstellung zur Höhe des Bewußtseins« (Einl.
in d. Psych. S. 141). - J. H. FICHTE findet in der Vorstellungsassociation
nur die Wirkung der aneignenden Vorstellungstätigkeit des Geistes
(Psych. I, 43. ff.). Nur ein Associationsgesetz gibt es. »Vorstellungen,
welche... derselben Vorstellungsreihe angehören, erneuern sich gemeinsam,
wenn eine aus der Reihe... reproduciert wird« (l.c. I, 437). CZOLBE
bemerkt, daß der Contrast als Associationsprincip wegen der in ihm
liegenden Ähnlichkeit (»die Extreme berühren sich«)
wirkt (Gr. u. Urspr. d. m. Erk. S. 223). LOTZE erklärt Association
als »das gegenseitige Haften der Eindrücke aneinander«.
(Mikrok. I, 235). LIPPS: »Um Dispositionen zu erregen, müssen
Vorstellungen dazu in geeigneten Verhältnissen oder Beziehungen stehen.
Wir bezeichnen diese Verhältnisse oder Beziehungen als Associationen«
(Gr. d. Seel. S. 96). Es gibt »ursprüngliche« und »gewordene«
Associationen. Die Principien derselben sind Ähnlichkeit (Contrast)
und Gleichzeitigkeit (l.c. S. 96 ff.). HORWICZ betrachtet die Association
als Urphänomen des Zusammenhangs psychischer Vorgänge (Psych.
Anal. I, 281, 369 f.). Jede Association ist ursprünglich die Verknüpfung
eines Triebes mit einer Empfindung, Bewegungsassociation (l.c. II, 168
f.). ZIEHEN definiert die Association als »Vorgang der Aneinanderreihung
der Vorstellungen« (Leitf. d. ph. Psych.2, S. 140). Ihr Grundgesetz
lautet: »Jede Vorstellung ruft als ihre Nachfolgerin entweder eine
Vorstellung hervor, welche ihr inhaltlich ähnlich ist, oder eine Vorstellung,
mit welcher sie oft gleichzeitig aufgetreten ist. Die Association der ersten
Art bezeichnet man auch als innere, die der zweiten auch als äußere
Association« (l.c. S. 194). Ziehen ist ausgesprochener Associationspsycholog.
Früher war dies auch MÜNSTERBERG, der jetzt eine (vermittelnde)
»Actionstheorie« aufstellt (s. Apperceptionspsychologie). JODL
dehnt den Begriff der Association auf alle Bewußtseinsphänomene
aus. »Von jedem erregten Teile des Bewußtseins pflanzt sich
die Erregung stets auf diejenigen unbewußten Elemente fort, welche
am stärksten mit demselben verbunden oder eins sind. Diesem Gesetze
gemäß bezeichnet man die Wiederbringung des einen Bewußtseinselements
durch das andere auch als Association.« Es gibt Ähnlichkeitsund
Berührungs-Associationen (Lehrb. der Psych. S. 476 f.).
HÖFFDING entfernt sieh schon von der reinen Associationspsychologie,
indem er eine synthetische Tätigkeit des Bewußtseins annimmt.
Das Gefühl und damit auch der Trieb, der Wille erweist sich bei der
Association mit wirksam (Psych.2, S. 445 ff.). Die Associationen erfolgen
(besonders) nach Ähnlichkeit, (auch nach) Berührung, Verhältnis
von Teil und Ganzem (l.c. S. 208 ff.; Vierteljahrsschr. f. w. Ph. Bd. 13-14;
Phil. Stud. Bd. V); dagegen erkennt A. LEHMANN nur das Berührungs-Princip
an (Phil. Stud. Bd. VII-VIII). ZIEGLER betrachtet als das »Bestimmende
und Ausschlaggebende« der Association das Gefühl (D. Gef.2,
S. 152). »Solche Vorstellungen werden reproduciert, welche mit unsern
jeweiligen Stimmungen und Gefühlen harmonieren, dadurch selbst Gefühlswert
erhalten und durch diesen sich eben jetzt den Eintritt in das Bewußtsein
erzwingen. Und fürs zweite: Was einmal zusammen unser Interesse erregt
hat, uns angenehm oder unangenehm war, das kehrt auch zusammen wieder«
(l.c. S. 151). Ähnlich WINDELBAND. »In dem Turniere des Seelenlebens
sind die Vorstellungen nur die Masken, hinter denen sich die wahren Streiter,
die Gefühle, vor dem Auge des Bewußtseins verbergen« (Prälud.
S. 190 ff.). Auf den Willen führt die Association schon SCHOPENHAUER
zurück: »Was aber die Gesamtorganisation selbst... in Tätigkeit
versetzt, ist in letzter Instanz oder im Geheimen unsers Innern der Wille«
(W. a. W. u. V. Bd. II, C. 14). Die Association beruht »entweder
auf einem Verhältnis von Grund und Folge... oder aber auf Ähnlichkeit,
auch bloßer Analogie; oder endlich auf Gleichzeitigkeit..., welche
wieder in der räumlichen Nachbarschaft ihren Grund haben kann«
(ib.). O. LIEBMANN ist Gegner der Associationspsychologie (Anal. d. Wirkl.2,
S. 466, vgl. S. 435 ff.), auch L. BUSSE. RENOUVIER führt die Association
auf die Gewohnheit, die »loi de l'habitude«, zurück (Nouv.
Monadol. p. 83 f.). Nach E. V. HARTMANN fällt der Associationsvorgang
als causaler Proceß ins bewußtseinstranscendente Gebiet (Mod.
Psych.). Materielle und psychische Ursachen cooperieren dabei (Ph. d. Unb.10,
I, 245 f., III, 101 ff.). Die psychische Ursache ist in den Interessen
und Willensrichtungen, welche der Auswahl der Vorstellungen bestimmte Ziele
stecken, zu suchen (l.c. I, 246 f., III, 123 f.). Die bewußte Vorstellung
wirkt nur als Motiv mit, welches den Willen zur Production einer anderen
Vorstellung auslöst (Mod. Psych. S. 133). Dazu kommen moleculare Gehirndispositionen,
körperlich bedingte Stimmungen (Ph. d. Unb.10, I, 245 f., III, 101
f.). Die physiologische Associationstheorie »hat darin Recht, daß
die Regelmäßigkeit in dem unmittelbaren Zusammenhang der Bewußtseinsinhalte
nur ein passives Ergebnis aus gesetzmäßigen Vorgängen ist,
die sich hinter dem Bewußtsein abspielen, und daß ein wesentlicher
Factor des gegebenen Products in der physiologischen Grundlage des bewußten
Geistes zu suchen ist; aber sie hat unrecht, indem sie einen Factor für
die Gesamtheit der Factoren hält und aus ihm allein das Product erklären
will« (Mod. Psych. S. 171).
WUNDT betont zunächst, »daß den gewöhnlich allein
so genannten Associationen zusammengesetzter Vorstellungen elementarere
Associationsprocesse zwischen ihren Bestandteilen vorausgehen« und
daß die gewöhnlichen Associationen »nur die complexen
Producte solcher elementarer Associationen sein können« (Gr.
d. Psych.5, S. 269). »Mit dieser doppelten Folgerung schwindet dann
zugleich Jede Berechtigung, diejenigen elementaren Verbindungen, deren
Producte nicht successive, sondern simultane Vorstellungen sind, von dem
Begriff der Association auszuschließen, und ebenso liegt durchaus
kein Grund für die Beschränkung dieses Begriffs auf die Vorstellungsprocesse
vor« (ib.). Die simultanen Associationen sind: die Verschmelzung,
die Assimilation, die Complication (s d. a.). Die successive Association
unterscheidet sich von der simultanen »nur durch die Nebenbedingung,
da, der Verbindungsvorgang, welcher dort in einem zeitlich für die
unmittelbare Beobachtung unteilbaren Acte vor sich geht, hier eine Verzögerung
erfährt, vermöge deren er sich deutlich in zwei Acte sondert.
Der erste dieser Acte entspricht dem Auftreten der reproducierenden, der
zweite dem der reproducierten Elemente« (l.c. S. 289). Seltener kommt
es zu einer ganzen Associationsreihe (l.c. S. 284). Die successiven Associationen
liegen den sinnlichen Wiedererkennungs- und Erkennungsvorgängen (s.
d.) sowie den Erinnerungsvorgängen (s. d.) zugrunde (»Erinnerungsassociation«).
Die »mittelbare Association« ist nicht principiell von den
gewöhnlichen Associationen unterschieden. Nur kann die Vermittlung
unter unbewußt oder bewußt erfolgen; im ersten Falle hat man
es mit »latenten Associationen« zu tun (l.c. S. 291 f.; vgl.
SCRIPTURE, Phil. Stud. VII, CORDES, Phil. Stud. XVII). Die sogenannten
Associationsgesetze sind nichts als allgemeine Klassen von Verbindungen
elementarer Associationen (Log. II2, 2, S. 159 f.), ihre Schemata sind
teils unzutreffend, teils viel zu allgemein und unbestimmt (Gr. d. Psych.5,
S. 294). »Geht man auf die elementaren Processe zurück, in die
sich hierbei der Erinnerungs- wie jeder zusammengesetzte Associationsvorgang
zerlegen läßt, so ergeben sieh als solche stets Gleichheits-
und Berührungsverbindungen« (l.c. S. 293). Der Ausdruck »Ähnlichkeitsassociation«
ist unpassend, »weil vor allen Dingen gleiche Elementarprocesse assimilierend
aufeinander einwirken« (l.c. S. 294). Je nachdem die Gleichheits-
oder die Berührungsverbindungen überwiegen, entstehen zusammengesetzte
Ähnlichkeits- (Gleichheits-) und Berührungsassociationen. Die
Gleichheit wirkt unmittelbar, die Berührung mittelbar (Log. I2, S.
25 f.; Vorles.2, S. 316 ff.; Grdz. d. ph. Psych. II4, S. 454, 466 ff.).
Da den Associationen Verbindungen centraler Innervationsvorgänge »parallel«
gehen, so sind alle Associationen psychophysische Vorgänge (Grdz.
d. ph. Psych. II4, S. 474 f.; Log. I2, S. 27). Die Associationen werden
als »passive Erlebnisse« aufgefaßt. »Denn das für
die Willens- und Aufmerksamkeitsvorgänge charakteristische Tätigkeitsgefühl
greift immer nur in der Weise in sie ein, daß es bei der Apperception
gegebener psychischer Inhalte an die bereits gebildeten Verbindungen sich
anschließt« (Gr. d. Psych.5, S. 301). Die Associationen sind
diejenigen Verbindungen von Bewußtseinsinhalten, die sich »bei
passivem Zustande der Aufmerksamkeit« bilden (Vorles.2, S. 306; Log.
I2, S. 13). Doch liegt ihnen schon der Wille, aber nur in der einfachen,
triebmäßigen Form zugrunde, sie sind Triebvorgänge (Vorles.2,
S. 338; Syst. d. Phil.2, S. 583). Erst die Apperception (s. d.) aber reguliert
den Associationsverlauf zur planmäßig geistigen Tätigkeit.
- KÜLPE gibt eine Kritik der überkommenen Associationslehre (Gr.
d. Psych. S. 191 f.). Das »Gesetz der Association« besagt
allgemein nur, »daß zwei Vorstellungen a und b unter gewissen
Umständen eine solche Verbindung miteinander eingehen, daß das
Auftreten der einen von ihnen (a) die Reproduction der andern (b) bewirke«
(l.c. S. 191). Mehrfach versteht man unter Association »nicht
eine Bedingung der Association, sondern diese selbst« (l.c. S.
198). Külpe formuliert: »Empfindungen, die einmal im Bewußtsein
zusammen waren, begründen eine Tendenz zur Reproduction in dem Sinne,
daß, wenn die eine von ihnen wieder erregt wird, auch eine der andern
ähnliche zu entstehen pflegt« (l.c. S. 202). Die Stärke
der Reproductionstendenz hängt ab »von der eine einheitliche
Auffassung und Beurteilung erleichternden oder erschwerenden Art des Zusammenhangs,
der Verbindung der Empfindungen im Bewußtsein« (l.c. S. 202
f.). Eine ganze Reihe von Bedingungen bestimmt den Grad der Reproductionstendenz
(l.c. S. 203 ff.). Was man sonst Association nennt, bezeichnet Külpe
als »empirisch motivierte Reproduction« (l.c. S. 206). An WUNDT
schließt sich genau an HELLPACH (Grenzwiss. d. Psych. S. 3 ff.),
während HUGHES (Mim. d. Mensch.) noch stärker den Willenscharakter
auch des associativen Geschehens betont. Nach H. CORNELIUS sind die Associationsgesetze
»notwendige Folgen der Bedingungen..., ohne welche die Einheit unseres
Bewußtseins nicht gedacht werden kann« (Einl. in d. Phil. S.
204). Von verschiedenen Associationen in Bezug auf denselben Inhalt ist
ceteris paribus diejenige die wahrscheinlichste, welche mehr eingeübt
ist (l.c. S. 228). Sowohl das Gesetz der Berührungs- als das der Ähnlichkeitsassociation
sind »Consequenzen der Factoren, ohne welche auch der einfachste
Fall einheitlichen Bewußtseinsverlaufes nicht einmal gedacht werden
kann« (l.c. S. 231; vgl. Psych. S. 38 ff.). EBBINGHAUS erklärt:
»Wenn beliebige seelische Gebilde einmal gleichzeitig oder in naher
Aufeinanderfolge das Bewußtsein erfüllt haben, so ruft hinterher
die Wiederkehr einiger Glieder des früheren Erlebnisses Vorstellungen
auch der übrigen Glieder hervor, ohne daß für sie die ursprünglichen
Ursachen gegeben zu sein brauchen« (Gr. d. Psychol. I, S. 607).
»Die Seele erweitert und bereichert jederzeit das unmittelbar Gegebene
auf Grund früherer Erfahrungen: sie stellt fortwährend, soweit
sie es durch Vorstellungen vermag, die umfassenderen Verbände und
größeren Einheiten wieder her, in denen sie das gegenwärtig
fragmentarisch und lückenhaft in ihr Hervorgerufene früher erlebt
hat« (l.c. S. 607). Nach REHMKE kann Gleichheit nur als Ähnlichkeit
reproducierend wirken und das »Aneinander« nicht ohne Gleichheit
der reproducierenden Vorstellung (Lehrb. d. allg. Psych. S. 291). W. JERUSALEM
nennt den Vorstellungsverlauf insofern er durch frühere Erfahrungen
allein bestimmt wird, den »associativen Verlauf« (Lehrb. d.
Psych.3, S. 73). Er ist aber schon eine Abstraction (ib.). Es gibt Associationen
durch Berührung und durch Ähnlichkeit (l.c. S. 74). Nach L. STEIN
sind schon Associationsbahnen »durch Vererbung übertragen und
durch Selection verschärft und verfeinert« (An d. Wende d. Jahrh.
S. 27). Vgl. über Association: Mind, Vol. X u. XII. Vgl. Erinnerung,
Reproduction.
Associationspsychologie (Associationismus) heißt jene psychologische Richtung, welche die Association als Princip aller seelischen Verbindungen betrachtet und die alles Denken, alle höheren geistigen Vorgänge aus bloßen Associationen ableiten will. Sie tritt bald physiologisch (psychophysisch), bald rein psychologisch auf. Gegensatz: Vermögenspsychologie (s. d.), Apperceptionspsychologie (s. d.), Actionspsychologie (s. d.). H. CORNELIUS betont, die Schwächen der Associationspsychologie seien da auffällig, wo es sich um die Erklärung derjenigen Tatsachen handelt, für deren Zustandekommen »der Zusammenhang unserer Erlebnisse zur Einheit des Bewußtseins maßgebend ist« (Einl. in d. Phil. S. 192).
Associationstheorie s. Association.
Associationszeiten = Dauer, deren das Zustandekommen von Associationen bedarf (vgl. Phil. Stud. I).
Associative Synthese nennt WUNDT die »Verschmelzung elementarer Empfindungen zu Vorstellungen« (Log. I, 10).