Burnout-Seminare für Lehrer
Meidinger, Hermann und Enders, Christine
1997, 136 Seiten, kartoniert, DM 32.00
Neuwied: Luchterhand Verlag
Bücher zum Burnout liegen bereits vor, kluge, wissenschaftliche, von fleißigen Autoren geschriebene. Doch für die gestreßte Lehrperson ist wenig dabei. Hier liegt nun ein gut lesbarer, kleiner Band von Praktikern für Praktiker vor, auch für diejenigen, die eigentlich gar keine Zeit haben, ein Buch zu lesen. Die Autoren, selbst fest im Berufsleben tätige Lehrer und Schulpsychologen, wissen aus eigenem Erleben, wovon sie schreiben, wenn sie über vielfältige schulische Belastungen schreiben. Die Teile sind kurz und knapp gehalten, manchmal nur 1/2 bis eine Seite, mit Tabellen zum Selbst-Check und mit Übungen zum Mitmachen.
Das Entscheidende: das Buch verführt zum Selbermachen! Formal stellt es den Ablauf eines Seminars gegen das Ausbrennen dar. Planung, Organisation und Verlauf eines Seminars sind so transparent dargestellt, daß Interessierte danach handeln könnten. Dieses Seminar kann man aber auch, falls man über einige Vorkenntnisse verfügt, in Teilen für sich selbst durchführen. Jeder könnte etwa seine Einstellungen auf "Irrglaubenssätze" (S. 37) überprüfen und hätte gleich auf der nächsten Seite einen Vorschlag, wie damit umzugehen wäre. Oder auf S. 79 steht die Aufforderung, "paradox" zu intervenieren: Spreche "den Mut, den Schüler mit ihrem aufmüpfigen Verhalten zeigen, als etwas Positives an". Nach anfänglicher Verblüffung wird klar, daß ich das erproben muß. Schließlich wollen wir junge Menschen zu Selbstbewußtsein, Kritikfähigkeit und zur Fähigkeit zum Widerspruch erziehen, zu Tugenden, die für eine Demokratie unabdingbar sind. Also, her mit der nächsten Unterrichtsstunde und ausprobiert! Es ist erstaunlich, es stellt sich nämlich heraus, daß wir uns nach meiner neuen Reaktion besser verstehen als vorher. Etwas später ist zu lesen, daß Streßsymptome als hilfreiche Signale gesehen werden könnten, die mir zeigen, daß ich für mich etwas ändern muß. Hinweise, wie diese Änderung zu bewerkstelligen sei, finden sich auch. So findet der Leser nicht nur etwas über gängige Theorien zu Streß und Burnout, die selbstverständlich nicht fehlen dürfen, vielmehr wird er ständig zum Nachdenken, Umdenken und zum Handeln in neuen Denkmustern angeregt. Das sind wirkliche Handlungshilfen gegen Streß, die man, wie einen Kalender, täglich 1/2 bis 1 Seite lesen und gleich anwenden kann. Wer das Buch als tägliches "Mitmachbuch", wie es die Autoren sich wünschen, benützt, wird langsam aber stetig kleine Erfolge für sich und die anderen verbuchen können. Wer lieber in Gruppen arbeitet, findet Anregungen für ein innerschulisches Seminar, am besten unter Mitarbeit eines Schulpsychologen. Daß die Ausführungen bis in Kleinigkeiten hinein wissenschaftlich und empirisch fundiert sind, sei der Vollständigkeit halber angemerkt. Das Büchlein sei allen Lehrpersonen empfohlen, besonders denjenigen, die "eigentlich" gar keine Zeit zum Lesen haben.
Dr. Edgar Schmitz