Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=30.05.2024 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 28.11.24
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
    E-Mail: sekretariat@sgipt.org  _ Zitierung  &  Copyright
    Anfang
    _Erleben und Erlebnis bei Karl Marbe_Datenschutz_Überblick__Rel. Beständiges _Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ English contents__ Service_iec-verlag__Dienstleistungs-Info * _ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Karl Marbe

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis

    Zusammenfassung-Marbe-1901:  "Alles, was wir selbst oder andere Wesen unmittelbar erleben, bezeichnet man als Bewusstseinsvorgänge oder als Erlebnisse. Das gesamte psychische Geschehen gehört hierher: Das gesamte psychische Geschehen gehört hierher: Die Sinneswahrnehmungen und die Gefühle, das Denken und Wollen des Menschen und der Tiere ..." (DE+)
    Fundstellen erleben 29, erlebt 22, Erlebnis 164.



    Marbe, Karl (1901) Experimentell-psychologische Untersuchungen über das Urteil: eine Einleitung in die Logik. Leipzig: Engelmann.

    1f: "Alles, was wir selbst oder andere Wesen unmittelbar
    erleben, bezeichnet man als Bewusstseinsvorgänge oder als
    Erlebnisse. Das gesamte psychische Geschehen gehört hier-
    her: Die Sinneswahrnehmungen und die Gefühle, das Denken
    und Wollen des Menschen und der Tiere inklusive der  (viel-
    leicht bei niederen Tieren ausschliesslich vorhandenen) unbestimmten,
    undeutlichen psychischen Vorgänge. Nur von den
    Bewusstseinsvorgängen des Menschen soll indessen in dieser
    Schrift die Bede sein.
    Man teilt diese ein in äussere und innere Erlebnisse,
    indem man zu jenen die Sinneswahrnehmungen, zu diesen alle
    übrigen Bewusstseinsvorgänge rechnet. Von den Sinneswahr-
    nehmungen sagt man  auch, sie seienGegenständeder äusseren
    WahrnehmungoderäussereWahrnehmungen, vondenübrigen
    Erlebnissen, sie seien Gegenstände der innerenWahrnehmung
    oder innere Wahrnehmungen.
    Unsere Kenntnis unserer Bewusstseinsvorgänge resultiert
    natürlich in erster Linie aus dem unmittelbaren Erleben
    dieser Bewusstseinsvorgänge oder (wie wir dafür auch sagen [>2]
    können) aus der äusseren oder inneren Wahrnehmung. Für
    das Studium der Gegenstände der äusseren Wahrnehmung
    ist es vorteilhaft, wenn wir sie mit Aufmerksamkeit erleben.
    Sie verändern sich unter dem  Einfluss der Aufmerksamkeit
    nicht. Dagegen  ist die Richtung der Aufmerksamkeit auf
    die Gegenstände der inneren Wahrnehmung  von Übel, weil
    diese unter dem Einfluss derAufmerksamkeit sich verändern
    oder unter Umständen ganz aufgehoben werden1).
    Da wir die Richtung der Aufmerksamkeit auf eine Erscheinung  als
    Beobachtung bezeichnen2 ), so dürfen wir auch sagen, die Be-
    obachtungen äusserer Wahrnehmungen oder die äusseren Be-
    obachtungen seien wissenschaftlich zweckmässig, die Beob-
    achtungen der inneren Wahrnehmungen oder die inneren Be-
    obachtungen seien wissenschaftlich unzweckmässig. Das Studium
    unserer  Erlebnisse hat  sich daher auf die äussere Beobachtung
    und die innere Wahrnehmung zu stützen.
    Äussere Beobachtung und innere Wahrnehmung  sind
    jedoch nicht unter allen Umständen für die Erkenntnis gleich-
    wertig. Wenn  wir ein und dasselbe Erlebnis öfters nach-
    einander wahrnehmen  oder beobachten, so sind wir offenbar
    eher in der Lage über seine Natur  Schlüsse zu ziehen, als
    wenn  wir es nurgelegentlich erleben. Auch ist klar, dass,
    wenn wir direkt nach einer Beobachtung oder Wahrnehmung
    uns über ihre Natur Rechenschaft zu geben versuchen, wir
    zu richtigeren Anschauungen gelangen, als  wenn  dies erst  viel
    später geschieht. In vielen Fällen kann  es sich empfehlen,
    die äusseren Beobachtungenund die inneren  Wahrnehmungen
    mit der Anwendung technischer Hilfsmittel zu verbinden.
    Dies geschiehtz. B., wennwir das Längenverhältnis zweier

    1) Ältere Bemerkungen zu diesen in obiger Form nun wohl
    nahezu Gemeingut gewordenen Ansichten siehe bei Volkelt, Zeitschr. für
    Philos. u. philos. Kritik. Bd. XC.(1887) p. 8f.
    2) Wundt, Logik, 2. Aufl. II, 2p. 174. ÄhnlichErdmann, Archiv
    f. syst. Philos. NeueFolge. I (1895) p. 17. [>3]

    Strecken mit einem geeigneten Massstab feststellen oder wenn
    wir den Ablauf unserer Vorstellungen dadurch studieren, dass
    wir über dieselben Protokoll führen. Alle Wahrnehmungen
    und Beobachtungen, welche in Verbindung mit technischen
    Hilfsmitteln irgend welcher Art ausgeführt werden, wollen
    wir als künstliche Wahrnehmungen oder Beobachtungen be-
    zeichnen, im Gegensatz zu den anderen, welche natürliche
    heissen sollen1).
    Endlich kann die Kenntnis unserer Bewusstseinsvorgänge
    dadurch gefördert werden, dass wir sie in ihremEintritt
    oder Ablauf willkürlich beeinflussen. Die Wahrnehmungen
    und Beobachtungen, bei welchen dies geschieht, wollen wir
    als Experimente oder Versuche imweiteren SinnedesWortes
    bezeichnen. EinExperimentin diesemSinneliegt schonvor,
    wennwir eine Pflanze aus dem Boden entfernen. umihre
    Wurzel zu betrachten, ein Tier in Gefangenschaft bringen,
    umseine Lebensgewohnheiten zu beobachten, wenn wir
    uns auf früher erlebte Vorgänge besinnen, umdie dabei
    ablaufenden Bewusstseinsvorgänge zu studieren u. s. w.
    Derartige Versuche sind nicht nurseit denältesten Zeiten
    in der Wissenschaft üblich gewesen, sondern sie kommen
    auch imgewöhnlichen Lebentäglich vor.— Wennmanaber
    in der Wissenschaft von Experimentenspricht, so hat man
    denVersuchin diesem weitesten Sinne gewöhnlich nicht vor
    Auur<m.
    Manmeint dann vielmehr diejenigen Wahrnehmungen
    und Beobachtungen. die ich als Versuche im engeren Sinne
    bezeichnen möchte. Ich verstehe unter  Experiment im engeren
    Sinne diejenige Beobachtung oder Wahrnehmung eines im
    Eintritt oder Ablauf willkürlich beeinflussten Erlebnisses,
    welche unter bekannten, künstlich variierbaren Bedingungen
    stattfindet. Ein Experiment im engeren Sinne liegt beispiels-
    weise vor, wenn wir die Abhängigkeit der Ausdehnung eines [>4]

    1) Die hier als künstlieh bezeichneten Beobachtungen nennt Wunilt
    exakte, vergl. Logik. Aufl. II, 1, p. 335.
     

    Metallstabes von der Temperatur studieren. Wir geben
    dann demMetallstab der Reihe nach verschiedene Tempera-
    turen, umbei jeder einzelnen seine Ausdehnung mit Hilfe
    eines Massstabes zu messen. Dabei tragen wir dafür Sorge,
    dass die Temperaturin derZeit, während welcher wir die
    Messung ausführen, möglichst konstant ist. Der zu be-
    obachtende Gegenstand, der Metallstab, befindet sich also
    bei diesem Versuch unter bekannter, künstlich variierbarer
    Temperatur, also unter bekannten, künstlich variierbaren
    Bedingungen. Wirhabenessomithierin derThatmit einem
    Experiment im engeren Sinne zu thun1 ).
    Experiment und künstliche Wahrnehmung oder Be-
    obachtung können, müssen aber nichtmiteinanderverbunden
    sein. In den genannten Versuchen im weiteren Sinne des
    Wortesliegen keine künstlichen Wahrnehmungenbezw. Be-
    obachtungen vor, wohl aber in demVersuch über die Ab-
    hängigkeit der Ausdehnungder Metallstange von ihrer Tem-
    peratur, dahierdieAusdehnungenmitHilfe eines Massstabes
    beobachtet werden.
    Das Experiment kann, ebenso wie die blosse künstliche
    oder natürliche Beobachtung oder Wahrnehmung mehroder
    weniger methodisch ausgeführt werden. Dabei nenne ich
    Wahrnehmungen und Beobachtungen umso methodischer, je
    mehr sie in einer Weise stattfinden, durch welche Fehler-
    quellen ausgeschlossen oder unwirksam gemacht werden. In
    vielen Fällen wird demnach offenbar die künstliche Beob-
    achtungals methodischer angesehen werden müssen, wie die
    natürliche. Allenthalbenist es zweckmässig, ein und dieselbe
    Wahrnehmung oder Beobachtung unter gleichen oder even-
    tuell auch unter verschiedenen Bedingungen mehrfach zu
    ]
    1) Überdie Thatsache, dass das Experiment im weiteren Sinne
    des Wortes von  alters her in derPsychologie üblich war, vergl. Elsenhans,
    Selbstbeobachtung und Experimentin der Psychologie 1897 p.
    39ff. und schonVolkmann, Lehrb. d. Psych. 2., 3. oder 4. Aufl.
    Bd. I p. 44. [>5]
     

    wiederholen, um sich davon zu überzeugen, ob sie in allen
    Fällen gleichausfällt. Ist dies nicht derFall, somussmansich
    aus der Gesamtheit der Wahrnehmungs- oder Beobachtungs-
    resultate ein Bild über die wirklichen Vorgänge zu machen
    suchen. Handelt es sich dabei um quantitative Untersuchungen,
    sowerden  die Fehler dadurch möglichst unwirksam gemacht, dass
    man als Resultat eine ideale, nicht wirkliche Wahrnehmung
    oder Beobachtung betrachtet, welche aus den ursprünglichen,
    thatsächlich gewonnenen abgeleitet ist. Dieselbe muss dann
    durch eine Rechnung gewonnen werden, die je nach Art der
    unwirksam zu machenden Fehler verschieden sein kann und
    in einer Berechnung des arithmetischen Mittels, des wahr-
    scheinlichen Mittels, des Centralwertes oderin anderen ähn-
    lichen Verfahrungsweisen bestehen kann. Demnach muss
    auch die öftere Wiederholung der Wahrnehmungen und Beobachtungen als
    methodisches Erfordernis bezeichnet werden.
    — Die weiteren in ihrer Gesamtheit schwer übersehbaren
    methodischenVorschriften gestalten sich vielfach je nach den
    einzelnen Beobachtungsgebieten sehr verschieden."

    _



    Literatur (Auswahl)
     
    • Marbe, Karl (1901) Experimentell-psychologische Untersuchungen über das Urteil: eine Einleitung in die Logik. Leipzig: Engelmann.
    • Marbe, Karl  & Thumb, Albert (1901): Experimentelle Untersuchungen über die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung. Leipzig: Engelmann. (Neudruck mit einer Einleitung von David D. Murray, John Benjamins, Amsterdam 1978, ISBN 90-272-0971-5.)
    • Marbe, Karl (1904) Über den Rhythmus der Prosa. Giessen: J. Ricker'sche Verlagsbuchhandlung.
    • Marbe, Karl (1910) Theorie der kinematographischen Projektionen. Leipzig: Barth.
    • Marbe, Karl (1913) Die Aktion gegen die Psychologie; eine Abwehr. Leipzig/Berlin: B. G. Teubner.
    • Marbe, Karl (1916) Die Rechenkunst der Schimpansin Basso im Frankfurter Zoologischen Garten. Leipzig, Berlin: B. G. Teubner.
    • Marbe, Karl (1916-1919 Die Gleichförmigkeit in der Welt : Untersuchungen zur Philosophie und positiven Wissenschaft. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, München 1916–1919.
    • Marbe, Karl (1916) Mathematische Bemerkungen zu meinem Buche "Die Gleichförmigkeit in der Welt". C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, München 1916.
    • Marbe, Karl (1927) Psychologie der Werbung. Poeschel, Stuttgart 1927.
    • Marbe, Karl (1932) Die gerichtspsychologische Begutachtung von Autounfällen und die Eignung zum Chauffeur: ein Führer für Gerichtsgutachter, Juristen und die Polizei. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932.
    • Marbe, Karl (1934) Grundfragen der angewandten Wahrscheinlichkeitsrechnung und theoretischen Statistik. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München und Berlin 1934.
    • Marbe, Karl (1940) Merkwürd[ige] Befunde in d. Geburtenstatistik. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1940.
    • Marbe, Karl (1940) Warum werden in Kriegszeiten verhältnismässig viel Knaben geboren? Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1940.
    • Marbe, Karl (1944) Über die Lebensdauer der Deutschen in Stadt und Land. Verlag Theodor Steinkopff, Dresden, Leipzig 1944.
    • Marbe, Karl (1945) Selbstbiographie des Psychologen Geheimrat Prof. Dr. Karl Marbe in Würzburg. Herausgegeben im Namen der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinisch-Deutschen Akademie der Naturforscher von Emil Abderhalden. Halle (Saale) 1945.




    Links(Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    ___


    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis bei Karl Marbe.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
     

    *

    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Inhaltsverzeichnis site:www.sgipt.org.
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Karl Marbe. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Marbe.htm

    Copyright & Nutzungsrechte
    Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht  inhaltlich verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten oder Rahmen ist nicht gestattet, Links und Zitate sind natürlich willkommen. Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden. Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus  ...  geht, sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.


    __Ende_Erleben und Erlebnis bei Karl Marbe__Datenschutz_Überblick__Rel. Beständiges _Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ English contents__ Service_iec-verlag__Dienstleistungs-Info * Mail:sekretariat@sgipt.org_ _ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    korrigiert:




    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    28.11.2024    Kleine Korrekturen.
    03.10.2024    Überarbeitet.
    30.05.2024    Angelegt.