Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=17.12.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung TMJ
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis in Giselher Guttmanns
    Einführung in die Neuropsychologie

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zusammenfassung-Guttmann-Neuropsychologie-3.3.2: Das Buch Einführung in die Neuropsychologie enthält einen ganzen Abschnitt "3.3.2 Evoziertes Potential und Erleben". Nach Guttmanns Stand der Forschung können gleiche Reize unterschiedlich erlebt und unterschiedliche Reize gleich erlebt werden, so dass man nicht von einer Entsprechung der Reiz-Erregungs-Gesetze und Reiz-Erlebens-Gesetzen sprechen kann. Den Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeitszuwendung und Aktionspotential kann man messen. S. 138: "Garcia-Ausst (1963) konnte zeigen, daß die Amplituden des akustisch evozierten Potentials bei Aufmerksamkeitszuwendungen steigen, bei Ablenkung hingegen sinken." Und S. 139: "Sogar «subliminale» Reizunterschiede, die den Versuchspersonen gar nicht bewußt waren (ihr Einfluß konnte in anschließenden Assoziationsversuchen gesichert werden), scheinen imstande zu sein, charakteristische Potentialveränderungen auszulösen (Shevrin und Fritzler 1968). ... Ein weiteres Ergebnis zur GG139E4Erlebnisabhängigkeit des evozierten Poten­[>140]tials erbrachte ein Experiment von Chapman und Bragdon (1964), in dem die Versuchspersonen einfache Aufgaben zu lösen hatten, wobei optisch dargebotene Ziffern beachtet werden mußten. Zwischen diesen «sinnvollen» Reizen wurden bedeutungslose Reize von gleicher Helligkeit und Dauer eingeschaltet. Eine getrennte Analyse der bedeutsamen und bedeutungslosen Reize ergab bemerkenswerte Potentialunterschiede. Die sinnvollen Zahlenreize lösten bei allen Personen Reizantworten mit weit größeren Amplituden und einem etwas anderen Verlauf aus. Daß dieses Ergebnis kein Artefakt aufgrund von Augenbewegungen ist, wurde durch die Registrierung und Auswertung des Elektrookulogramms (siehe Seite 137) gesichert." S. 141: "Bei einer Diskrepanz von objektiver und subjektiver Wirklichkeit sind also bestimmte Komponenten des akustischen Poten­[>141]tials Abbild des GG141e1Erlebens und können als biologisches Korrelat der psychischen Prozesse angesehen werden - ein Befund, der auch in einer Kontrolluntersuchung bestätigt werden konnte. "
     

      Fundstellenkürzel erleben, erlebt(e,en,es)
      1. Beziehungen zwischen dem evozierten Potential und dem GG136e1Erleben herzustellen, da aus der Reizabhängigkeit eines
      2. Reiz-Erregungs-Gesetze auch als GG136e2Reiz-Erlebens-Gesetze betrachtet werden dürfen. Ob bestimmte Komponenten des
      3. verschiedenen Empfindungen führen, oder aber unterschiedliche Reize als gleich GG136e3erlebt werden. Einer der ersten, die zeigen
      4. gleicher Reizintensität das Potential größer als in Fällen, in denen der Reiz weniger wichtig ist und nur «peripher» GG136e5erlebt
      5. Blitzen vor dunklem Hintergrund: Die Potentialamplitude folgt also dem Hellig­keitskontrast - genau wie das GG138e1Erleben.
      6. Gegenüberstellung von Potentialverlauf und GG140e1Erleben gestattet (Guttmann 1968b, 1969): Bietet man längere Zeit hindurch
      7. von objektiv gleich lauten Clicks auf ihre Intensität zu beurteilen und nach jedem Reiz anzugeben, ob er «gleich» GG140e3erlebt
      8. GG140e4erlebten Reize denen gegenübergestellt wurden, die durch gleich bzw. lauter empfundene Clicks evoziert worden waren,
      9. gemessene Potentialgröße S-S II, war bei den «leiser» GG140e5erlebten Reizen am kleinsten, stieg in der Kategorie «gleich» um
      10. akustischen Poten­[>141]tials Abbild des GG141e1Erlebens und können als biologisches Korrelat der psy­chischen Prozesse
      11. Abb. 54: Der Zusammenhang zwischen evoziertem Potential und GG141e2Erleben: Potentialunterschiede bei
      12. objektiv gleichbleibenden, aber unterschiedlich laut GG141e3erlebten Clicks.


      Fundstellenkürzel Erlebnis

      1. zunehmenden Verflachung seines Verlaufs. Diese Veränderung steht in Einklang mit der GG136E1erlebnismäßigen Habituation
      2. Veränderungen der evozierten Potentiale aufireten, die dem im GG138E1Erlebnisbereich als Maskierung bekannten Phänomen
      3. GG138E2erlebnismäßig beobachtbaren Er­scheinungen entsprechen auch die Potentialverläufe, Die intensitätsab­hängige
      4. nachfolgen ließ - obgleich GG139E3erlebnismäßig deutliche Helligkeitsveränderungen zu beobachten waren. Die Autoren
      5. Ein weiteres Ergebnis zur GG139E4Erlebnisabhängigkeit des evozierten Poten­[>140]tials erbrachte ein Experiment von
      6. Ich selbst habe die GG140E1Erlebnisabhängigkeit des evozierten Potentials durch eine Versuchsanordnung zu überprüfen


        Ende der Zusammenfassung



    Kontext-Fundstellenmarkierungen-Abschnitt-3.3.2 (vollständige Textwiedergabe)
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis

    e:=erleben , erlebt  12 (ohne Überschrift); E:= Erlebnis... 6

    136: "3.3.2 Evoziertes Potential und Erleben
    Für die Neuropsychologie sind diejenigen Experimente von besonderer Bedeutung, in denen versucht wird, unmittelbare Beziehungen zwischen dem evozierten Potential und dem GG136e1Erleben herzustellen, da aus der Reizabhängigkeit eines Potentials noch nichts über seine Rolle als Korrelat von Bewußtseinsprozessen ausgesagt werden kann. Wohl sind unsere Wahrnehmungen weitgehend von den Reizen der Umwelt bestimmt, doch ist diese Abhängigkeit keineswegs so streng, daß Reiz-Erregungs-Gesetze auch als GG136e2Reiz-Erlebens-Gesetze betrachtet werden dürfen. Ob bestimmte Komponenten des evozierten Potentials als Korrelat von Bewußtseinsprozessen angesehen werden können, kann nur die Analyse von Situationen zeigen, in denen eine Diskrepanz zwischen objektiver und subjektiver Wirklichkeit besteht, in denen also gleiche Reize zu verschiedenen Empfindungen führen, oder aber unterschiedliche Reize als gleich GG136e3erlebt werden. Einer der ersten, die zeigen konnten, daß gleichbleibende Reize verschiedene kortikale Antworten evozieren, je nachdem auf welche «inneren» Zustandsbedingungen sie treffen, war Hernändez-Peön (1960). Wird ein gleichbleibender Reiz längere Zeit hindurch repetitiv in monotoner Folge dargeboten, so verkleinern sich alle Komponenten des evozierten Potentials und es kommt zu einer zunehmenden Verflachung seines Verlaufs. Diese Veränderung steht in Einklang mit der GG136E1erlebnismäßigen Habituation. Der monoton und gleichförmig ablaufende Reiz «verschwindet» auch aus dem bewußten GG136e4Erleben - genau wie das evozierte Potential. Auch wenn ein Reiz besonders beachtet wird und im Mittelpunkt des Interesses steht, ist bei gleicher Reizintensität das Potential größer als in Fällen, in denen der Reiz weniger wichtig ist und nur «peripher» GG136e5erlebt wird. Eines der ältesten Experimente war ein realitätsnaher Versuch von Hernändez-Peön, in dem eine Katze während einer fortlaufenden akustischen Reizung für eine Weile durch eine Maus abgelenkt wurde, die man in den Versuchskäfig setzte. Die akustischen Reizantworten hatten in diesem Zeitraum wesentlich kleinere Amplituden als vor- und nachher. Ein ähnliches Phänomen konnten Spong, Haider und Lindsley (1965) auch am Menschen nachweisen. Die Versuchspersonen wurden gleichzeitig optisch und akustisch stimuliert und sollten instruktionsgemäß ihre Aufmerksamkeit einmal den Blitzen, das andere Mal den Clicks zuwenden. Die Potentiale der jeweils beachteten Reizdimension waren

    Abb. 53. Die Abhängigkeit der Potentialkomponente NI des Geschmackspotentials von der Reizintensität bei Stimulation der Zunge mit Rechteckimpul­sen von 2 msec Dauer und einer Frequenz von 200 Hz. Mittelung von je 40 Reizantworten. (Aus: Plattig 1968.) > [137]


     

    [>138]

    durchwegs beträchtlich größer als die der unbeachteten. Eine ähnliche Veränderung fanden Haider et al. 1964 und Haider (1967), immer dann, wenn in einer konstanten Reizfolge ein Reiz als «unerwarteter» Stimulus eingeschaltet wurde. Die Potentialamplitude des interpolierten Reizes war merklich größer als die der vorausgehenden und nachfolgenden gleichförmigen Reize. Auch Garcia-Ausst (1963) konnte zeigen, daß die Amplituden des akustisch evozierten Potentials bei Aufmerksamkeitszuwendungen steigen, bei Ablenkung hingegen sinken.
        Im optischen Bereich fanden White und Eason (1966), daß die Größe des evozierten Potentials nicht allein von der Intensität des Blitzreizes, sondern auch von der Umfeldbeleuchtung abhängig ist. Durch Intensitätsänderungen der Umfeldbeleuchtung und der auf ein räumlich kleines Gebiet beschränkten Blitzreize konnten evozierte Potentiale bei unter­schiedlichen Helligkeitsdifferenzen zwischen Reiz und Hintergrund unter­sucht werden. Es zeigte sich, daß das optische Potential die größte Amplitude besitzt, wenn der Hintergrund dunkel, der Blitz jedoch hell ist. Ist der Kontrast gering, erhält man kleine Potentiale, also auch dann, wenn sowohl der Hintergrund wie auch der Blitz sehr hell sind. Die Potential- amplituden sind in diesem Fall nicht größer, als bei sehr schwachen Blitzen vor dunklem Hintergrund: Die Potentialamplitude folgt also dem Hellig­keitskontrast - genau wie das GG138e1Erleben. Harter und White (1967) versuchten Übereinstimmungen zwischen dem Potential verlauf und dem Er­leben zu untersuchen, indem sie Versuchspersonen mit kurzen Folgen von Lichtblitzen stimulierten und für jede der verschiedenen Reizfrequenzen angeben ließen, wie viele aufeinanderfolgende Blitze wahrgenommen wurden. Die geschätzte Zahl - die immer weit unter der wahren Häufig­keit der Lichtblitze lag - zeichnete sich im Verlauf der Potentiale ab und stimmte mit der Anzahl der deutlich abgehobenen negativen Potential- komponenten überein. Donchin et al. (1963) konnten zeigen, daß bei Darbietung von Doppelblitzen Veränderungen der evozierten Potentiale aufireten, die dem im GG138E1Erlebnisbereich als Maskierung bekannten Phänomen entsprechen: Bei einem sehr kurzen Zeitintervall zwischen den beiden Reizen wird nur ein einziger Blitz wahrgenommen, bei einem etwas größeren zeitlichen Abstand scheint der erste Blitz des Paares wesentlich heller zu sein als der zweite. Diesen GG138E2erlebnismäßig beobachtbaren Erscheinungen entsprechen auch die Potentialverläufe, Die intensitätsabhängige Potentialamplitude der ersten Lichtblitzantwort nimmt zu, wenn das Intervall verkleinert wird; werden die Blitze in so kurzem Abstand geboten, daß sie wahrnehmungsmäßig verschmelzen, gehen auch die Potentiale ineinander über. Von einer anderen Wahrnehmungstäuschung, die der Maskierung überaus ähnlich ist, wurden hingegen zunächst ab­ [>139] weichende Ergebnisse berichtet: Bietet man nacheinander zwei gleich starke Lichtreize, die nicht auf dieselben Netzhautstellen fallen, sondern auf zwei verschiedene aber eng benachbarte Regionen (verwendet man also z. B. als ersten Reiz einen Kreis, als zweiten einen an die Kontur des ersten anschließenden Kreisring), erscheint die Helligkeit des ersten Reizes merklich herabgesetzt, wenn der zweite Reiz 40-100 msec nach Ende des ersten geboten wird. Dieses Phänomen wird Metakontrast genannt.
        Schiller und Chorover (1966) fanden, daß die Amplituden und Latenzen der Potentiale, die vom ersten der beiden Lichtreize evoziert wurden, gleich blieben, wenn man nur den ersten Reiz allein bot oder aber in verschiedenen Zeitintervallen den zweiten nachfolgen ließ - obgleich GG139E3erlebnismäßig deutliche Helligkeitsveränderungen zu beobachten waren. Die Autoren kommen zum Schluß, daß beim Metakontrast die untersuchten Potentialkomponenten mit der objektiven Stimulusintensität und nicht mit der GG139e1erlebten Reizstärke korrelieren. Freilich erlauben diese Ergebnisse auch andere Interpretationen, da die Darbietung eines zweiten Reizes nach 60-120 msec den Verlauf des ersten Potentials, bei dem zu diesem Zeitpunkt gerade die intensitätsabhängigen Hauptkomponenten auf treten, in schwer abschätzbarer Weise beeinflußt. In einer späteren Arbeit konnte zudem gezeigt werden, daß auch beim Metakontrast die zu erwartende Übereinstimmung zwischen der Potentialamplitude und der subjektiven Helligkeit beobachtet werden kann, wenn die Reize auf das Gebiet der Fovea centralis beschränkt werden. Erst unter dem Einfluß von Streulicht aus parafovealen Regionen verändert sich der Potential verlauf in der oben beschriebenen Weise (Vaughan und Silverstein 1968). Auch der Bedeutungsgehalt und die emotionale Tönung des Reizmaterials wirken sich auf den Potentialverlauf aus: Lifshitz (1966) bot Bilder mit indifferentem, abstoßendem und anziehendem Inhalt, und zwar mit scharfer und unscharfer Einstellung des Projektionssystems. Dadurch. wird bei geringfügigen Veränderungen der physikalischen Eigenschaften der sinnvolle Reiz zu einem sinnfreien Stimulus. Die evozierten Potentiale unterschieden sich nicht nur unter diesen beiden Darbietungsbedingungen, sondern zeigten - zumindest bei einigen Versuchspersonen - auch charakteristische Unterschiede, wenn nach den drei affektiven Kategorien getrennt ausgewertet wurde. Sogar «subliminale» Reizunterschiede, die den Versuchspersonen gar nicht bewußt waren (ihr Einfluß konnte in anschließenden Assoziationsversuchen gesichert werden), scheinen imstande zu sein, charakteristische Potentialveränderungen auszulösen (Shevrin und Fritzler 1968).
        Ein weiteres Ergebnis zur GG139E4Erlebnisabhängigkeit des evozierten Poten­[>140]tials erbrachte ein Experiment von Chapman und Bragdon (1964), in dem die Versuchspersonen einfache Aufgaben zu lösen hatten, wobei optisch dargebotene Ziffern beachtet werden mußten. Zwischen diesen «sinnvollen» Reizen wurden bedeutungslose Reize von gleicher Helligkeit und Dauer eingeschaltet. Eine getrennte Analyse der bedeutsamen und bedeutungslosen Reize ergab bemerkenswerte Potentialunterschiede. Die sinnvollen Zahlenreize lösten bei allen Personen Reizantworten mit weit größeren Amplituden und einem etwas anderen Verlauf aus. Daß dieses Ergebnis kein Artefakt aufgrund von Augenbewegungen ist, wurde durch die Registrierung und Auswertung des Elektrookulogramms (siehe Seite 137) gesichert. Auch Veränderungen des Aktiviertheitsniveaus halten die Autoren für unwahrscheinlich, obgleich die Deutung der Ergebnisse in dieser Richtung naheliegend erscheint. Ähnliche Veränderungen der Potentialgestalt in Abhängigkeit vom Bedeutungsgehalt des Reizes berichten Sutton et al. (1967), Cohen und Walter (1966).
        Ich selbst habe die GG140E1Erlebnisabhängigkeit des evozierten Potentials durch eine Versuchsanordnung zu überprüfen versucht, die auf einer in der Psychologie schon lange bekannten Diskrepanzsituation beruht und eine unmittelbare Gegenüberstellung von Potentialverlauf und GG140e1Erleben gestattet (Guttmann 1968b, 1969): Bietet man längere Zeit hindurch objektiv gleichbleibende Töne, so werden diese bisweilen unterschiedlich laut GG140e2erlebt und scheinen manchmal leiser, manchmal lauter zu sein. Darauf beruht der folgende Versuchsplan: Den Versuchspersonen wurde die Aufgabe gestellt, eine Serie von objektiv gleich lauten Clicks auf ihre Intensität zu beurteilen und nach jedem Reiz anzugeben, ob er «gleich» GG140e3erlebt wurde, wie die meisten anderen oder «lauter» bzw. «leiser». Allen Versuchspersonen erschienen einige der objektiv gleichbleibenden Reize leiser, andere hingegen lauter. Eine selektive Analyse, in welcher für jede Person die Potentiale der leiser GG140e4erlebten Reize denen gegenübergestellt wurden, die durch gleich bzw. lauter empfundene Clicks evoziert worden waren, erbrachte beträchtliche, statistisch gesicherte Unterschiede. Bestimmte Potentialkomponenten veränderten sich mit den subjektiven. Intensitätsunterschieden, nämlich die Amplituden der ersten negativen und der zweiten positiven Welle, von denen aus anderen Arbeiten bekannt ist, daß sie mit den objektiven Intensitätsunterschieden korrelieren. Ihre Summe, die von Spitze zu Spitze gemessene Potentialgröße S-S II, war bei den «leiser» GG140e5erlebten Reizen am kleinsten, stieg in der Kategorie «gleich» um durchschnittlich 14 % an und erreichte für die «lauter» klassifizierten Reize mit einer Zunahme um insgesamt 35 o/o ihren höchsten Wert (Abb. 54). Bei einer Diskrepanz von objektiver und subjektiver Wirklichkeit sind also bestimmte Komponenten des akustischen Poten­[>141]tials Abbild des GG141e1Erlebens und können als biologisches Korrelat der psychischen Prozesse angesehen werden - ein Befund, der auch in einer Kontrolluntersuchung bestätigt werden konnte. Die Frage, ob das sensorisch evozierte Potential über die objektiven Sinnestüchtigkeitsprüfungen hinaus auf differential psychologische Bedeutung besitzen könnte, d. h. ob sich Eigenheiten im Potentialverlauf feststellen lassen, die mit irgendwelchen wahrnehmungsbezogenen Leistungs- oder Persönlichkeitsmerkmalen korrelieren, ist bisher erst unzureichend untersucht worden. Einige noch unsichere Hinweise deuten auf einen Zusammenhang zwischen der Potentialstabilität (der intraindividuellen Kon­stanz eines Potentialverlaufs) und der Aufmerksamkeitsleistung einer Person (Guttmann 1971). Die Bestätigung solcher Beziehungen würde ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet erschließen: Jede psychologische Untersuchung mit Hilfe der traditionellen Testmethoden kann nur über Vermittlung eines Leistungsverhaltens erfolgen; die Versuchsperson muß kooperativ eine mehr oder minder schwierige Aufgabensituation bewältigen, durch die erst die eigentlich interessierenden Variablen erfaßt werden können. Dabei ist unvermeidbar, daß sich auch zahlreiche Störfaktoren, wie Motivation, Kooperationsbereitschaft usw. aus wirken. Wäre es möglich, eine individuelle Fähigkeit nicht über Vermittlung eines Leistungsverhaltens, sondern durch unmittelbare Beobachtung der zugehörigen hirnelektrischen Korrelate zu erfassen, könnte man auf diese Weise analog zur objektiven Sinnestüchtigkeitsprüfung eine «objektive Psychodiagnostik» betreiben. Die Frage, ob die sensorisch evozierten Potentiale im Rahmen einer differentiellen Neuropsychologie

    Abb. 54: Der Zusammenhang zwischen evoziertem Potential und GG141e2Erleben: Potentialunterschiede bei objektiv gleichbleibenden, aber unterschiedlich laut GG141e3erlebten Clicks.

    [>142] von Bedeutung sein dürften, wird jedoch erst nach eingehenderen empirischen Untersuchungen entschieden werden können.
        Zwischen der Beobachtung der Aktivität von einzelnen kortikalen Neuronen und der für die Neuropsychologie so bedeutsamen Untersuchung von sensorisch evozierten Potentialen, in welchen die Erregungs­aktivität einer großen Zahl von Nervenzellen zum Ausdruck kommt, besteht nach wie vor eine weite Kluft. Es ist zu hoffen, daß dieser große Sprung im Komplexitätsniveau der Beobachtungen nur quantitativer Natur ist. Diese Ansicht wird durch eine Arbeit von Fields gestützt, in der die Größe und die Gestalt von optischen Reizen variiert und an der Ratte Reizantworten von verschiedenen Ableitstellen registriert wurden. Dabei konnten ortsgebundene Verlaufsänderungen des optisch evozierten Potentials gefunden werden, die ausschließlich mit einem bestimmten Reizaspekt korrelierten: In medialen Kortexregionen veränderte sich der Potentialverlauf nur, wenn die Größe der Reize variiert wurde, blieb aber bei verschiedener Reizgestalt gleich. Potentiale von lateralen Kortexregionen änderten sich hingegen nicht mit der Große, wohl aber mit der Gestalt der Reize (Fields 1969). Dieser Befund scheint dafür zu sprechen, daß das veränderte Verlaufsmuster der sensorisch evozierten Potentiale bei Reizunterschieden gleichfalls Ausdruck der Tatsache ist, daß durch abweichende Reizeigenheiten unterschiedliche kortikale Funktionseinheiten aktiviert werden - also auch im evozierten Potential das Prinzip der Erregungsverzweigung zu spezifischen Endstellen zum Ausdruck kommt, freilich als Aktivitätsmittelwert über eine große Anzahl von nervösen Elementen. Der im sensorisch evozierten Potential zum Ausdruck kommende «Mittelwert» der Erregungsaktivität eines ausgedehnteren Rindenbezirks wird für bestimmte Fragestellungen jedoch der Beobachtung von kleineren Regionen oder gar von einzelnen Nervenzellen vorzuziehen sein und psychologisch sinnvollere und angemessenere Kennwerte liefern können.
        Als Aktivitätskorrelat der Wahrnehmung besitzen die sensorisch evozierten Potentiale allein aufgrund der Tatsache, daß sie von der unversehrten Kopfhaut ohne Beeinträchtigung der Versuchsperson registriert werden können, für die neuropsychologische Forschung gegenwärtig jedenfalls die weitaus größte Bedeutung."
     



    Literatur (Auswahl)
    • Guttmann, Giselher (1972) Einführung in die Neuropsychologie. Bern: Huber.




    Links(Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis in Giselher Guttmanns Einführung in die Neuropsychologie.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
    *
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    *
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis in Giselher Guttmanns Einführung in die Neuropsychologie. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/GuttmannG.htm

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    korrigiert:

     


    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    17.12.22    Aufbereitet, ausgewertet, ins Netz.
    16.12.22    Angelegt