Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=28.12.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 06.10.24
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Benetka & Slunecko
    in »Erleben«, das zur Sprache kommt .

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis  * Sprache des Erlebens *

    Zusammenfassung Benetka & Slunecko: »Erleben«, das zur Sprache kommt.
    Benetka, Gerhard  & Slunecko, Thomas (2021) »Erleben«, das zur Sprache kommt. Anmerkungen zur Methode der »Introspektion« am Beispiel von Würzburger Schule und Mikrophänomenologie. Journal für Psychologie, 29(2), 17–40

    Fundstellen: Ti+, -IV-, -SR-. Erleben 49 ohne Titel 2, Seitenüberschriften 11, Literatur 2 ohne 1 Pseudo. Erlebt 7, E=Erlebnis 18.

    Erleben wird von den Autoren insgesamt 49x erläuterungsrelevant und in der Zusammenfassung der informativen Arbeit 6x gebraucht, aber nicht definiert, erklärt oder näher beschrieben, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis. Wir wissen also nicht, was die Autoren unter erleben verstehen. Es gibt zwar viel mehr Fundstellen, aber die meisten, 43,  beziehen sich auf andere Autoren. Auch von diesen wird nicht geklärt, was sie unter erleben oder Erlebnis verstehen. Die Begriffsbasis dieser Arbeit beruht leider auf Treibsand und Nebel, das schmälert ihren Wert.

    Fundstellen und Fundstellenkürzel
    e:= erleben 36 (49, davon 2x Titel, Kopfzeile 19, 21, 23, 25, 27, 29, 31, 33, 35, 37, 39), erlebt 7, E:=Erlebnis 18, B:=Erlebensbericht 1, Erlebnisbericht 2, M:=Erlebensmatriux.  P:= Erlebnisprotokoll. T:=Erlebnistrance 1
        Von den Autoren habe ich 16 Fundstellen ausgemacht.

    • für sich in Anspruch nehmen, BS17e1Erleben in einem wissenschaftlich kontrollierten Setting
    • vergangenes BS17e2Erleben, sondern –
    • dem Anspruch nach – aktuelles bzw. aktualisiertes BS17e3Erleben untersucht.
    • Die Beachtung des Moments des Dialogischen hilft zu vermeiden, »BS17e4Erleben«
    • BS17e5Erleben ausgehen. Dadurch ist diesen Ansätzen die Tendenz inhärent, klassenspezifisches
    • Sprechen über inneres BS17e6Erleben als »natürliches Sprechen«, als natürliche Sprache der be-
    • 30: "2.2 Zum BS30e1Erleben selbst
    • also nicht mit Erfahrungen oder BS32E1Erlebnissen zu tun, sondern mit Selbstberichten, mit
    • sprachlichen Beschreibungen, die jemand für sein BS33e1Erleben findet und mittels derer er [>33]
    • für das Sprechen über das eigene BS33e2Erleben keine »natürliche«, »richtige«, »authenti-
    • ragen ist nun, wie das BS35e1Erleben in seiner Entfaltung sich zu einer »Erfahrung« gestal-
    • tet. Denn was ist das fortwährende In-Sprache-Fassen anderes als – die Formung von BS35E1Erlebnissen?"
    • weisen unpassend ist. »Einseitig«, weil damit die Unterscheidung zwischen BS36e1Erleben
    • BS36e2Erleben wird in beiden Ansätzen wissenschaftsfähig, indem es artikuliert wird.
    • ablenkt, insofern er auf das BS36e3Erleben selbst referiert.
    • In der Interaktion zwischen Versuchsleiter und Versuchsperson wird das BS36e4Erleben der


    Es gibt zwar viel mehr Fundstellen, aber die meisten, 43,  beziehen sich auf andere Autoren, nämlich:

    • Ach 4
      • des durch »äußer eexperimentelle Hülfsmittel «veranlassten Ach24.1Erlebnisses der Versuchs-
      • rationstendenz ins Spiel. Ach24.2Erlebnisse, auf die intensive Aufmerksamkeit gerichtet ist,
      • Verfahrens bewusst. Es gehe vor allem darum, »die Schilderungen des Ach24.3Erlebnisses von
      • Symbols und seiner logischen Formulierung mit dem Ach25.1erlebten geistigen Inhalte nachzuweisen«(ebd.)."
    • Bühler 12
      • bedingt – ein Bühler20.1Erlebnis oder eine Handlung2 zustande kommt. Es ist die Zielgerichtet-
      • spricht von einer grundsätzlichen Umstellung der Interessen der Bühler20.2Erlebnispsychologie
      • Bestimmung der Bühler20.3Erlebnisse und zweitens zu spezifisch teleologischen Verlaufsgesetzen
      • Operationen, die für den Zusammenhang sinnvoller Bühler20.4Erlebnisse oder Handlungen ver-
      • auch das Setting der Versuche allgemein beschreibt. Seine Frage lautet:» Was Bühler22.1erleben wir,
      • Bühler22.2Erlebenden« – »die beiden Missstände aller älteren [Selbst-]Beobachtungen« – wer-
      • ein Versuchsleiter beigegeben, der die Bühler22.3Erlebnisse hervorruft und die Beobachtungen zu
      • die Vp. in der Versuchszeit Bühler23.1erlebt hatte. Da bekam ich dann Protokolle« (ebd., 129).
      • len in die Lage seiner Vp., muss Bühler23.2miterleben, wenn er sie ordentlich verstehen will; er muss
      • beobachtenden Teil. Der zu beobachtende Teil – ein perseverierendes Bühler34.1Erlebnis – steht
      • aktuelles Bühler36.1Erleben beschrieben,
      • sondern die Erinnerung an vergangenes Bühler36.2Erleben.17 Für die Methodologie der Psychologie ist interessant,
    • Lewin 1
      • selten auch der Vp selbst feinere Eigentümlichkeiten des Lewin26.1Erlebnisses bewusst gemacht. Das
    • Mikrophänomenologie 15
      • Halten wir also fest: Mikrophänomenologen wollen mit ihren Fragen eine Art Mikrophän30Erlebnistrance induzieren, in der nicht auf Mikrophän30.1Erlebtes zurückgeschaut, sondern in der das
      • Mikrophän30.2Erleben in Präsenz gehalten und aus der
      • epistemischen Autorität dieses aktuellen Mikrophän30.3Erlebens gesprochen wird. Sie wollen, um das in einer zu sagen, zum Mikrophän30.4Erleben selbst – und sich nicht mit der
      • Erinnerung an das Mikrophän30.5Erlebte
      • Mikrophän30.6Erleben im Hier und Jetzt fokussieren, das durch die Frage des Interviewers ausgelöst [>31]
      • jeglicher Art weg und auf ein konkretes Mikrophän31.1Erlebnis zurückzubringen, das sich zeitlich ge-
      • nau lokalisieren lässt. Denn selbst wenn dieses Mikrophän31.2Erleben gerade passiert ist (wie in dem
      • wieder von unterschiedlichen Impulsen ausgehend auf das Mikrophän31.3Erleben zu lenken, damit
      • reflexiven Anteile, die vom Interviewten beim Eintritt seines Mikrophän34.1Erlebens unbemerkt, in
      • chenalles aus dem Weg zu räumen, was die Transformation des Mikrophän34.2Erlebens in die Sprache
      • denen Mikrophän34.3Erlebens hin zu einer Forschungslogik der dialogischen Entfaltung eines vor
      • dieser Entfaltung noch verborgenen Mikrophän34.4Erlebens.14 Mit anderen Worten: Eine prä-reflexi-
      • spruch auf die Untersuchung aktuellen Mikrophän36.1Erlebens glaubhafter vertreten zu sein. Aber
      • nicht das Mikrophän36.2Erleben selbst, sondern der Umstand, dass und wie die Artikulation des
      • Mikrophän36.3Erlebens daran anschließendes aktuelles Mikrophän36.4Erleben zu modifizieren und in weiteren,
    • Bühler/Mikrophänomenologie 2
      • lich eine eindeutige Beziehung zwischen Bühler/Mikrophän36.1Erleben und Sprechen über das
      • ühler/Mikrophän36.2Erleben gibt,
    • Petitmengin/Mikrophänomenologie 2
      • prä-reflexive-diachronische – Struktur bzw. Dynamik zu lenken, mit der sich das Mikrophän/Petitmengin31.1Erleben eingestellt hat:
      • gedacht wird, sondern wie dieses Mikrophän/Petitmengin31.2Erleben zustande kommt, wie das innere Bild sich
    • Petitmengin 4
      • die aus der Gegenwart in eine – wenn auch kürzlich – Petitmengin28.1erlebte Vergangenheit zurück-
      • yourself«) in das Petitmengin28.2Erleben selbst – eine Verschiebung mit bedeutenden methodologi-
      • schen Konsequenzen. Denn die Immersion, das (Wieder-)Eintauchen in das etitmengin28.3Erleben,
      • fortgesetztwird,bedeutetdasnichtsanderesalseineimpliziteAufforderung,das Petitmengin29.2Erlebte weiter zu sondieren,
    • Varela 3
      • wir Varela30.1erleben, und nicht darum, was wir denken,
      • dass wir Varela30.2erleben
      • oder Varela30.3erleben sollten.




    Fundstellen im Kontext
    17: "Zusammenfassung
    Der vorliegende Text geht davon aus, dass ein großer Teil des Forschungsmaterials der
    Psychologie auf Daten basiert, die aus der Perspektive der zweiten Person gewonnen sind,
    das heißt aus der Interaktion zweier oder mehrerer Personen resultieren. Dies wird in Be-
    zug auf die Introspektion anhand von zwei Herangehensweisen thematisiert, die jeweils
    für sich in Anspruch nehmen, BS17e1Erleben in einem wissenschaftlich kontrollierten Setting
    zur Sprache zu bringen.
    Am Beispiel der Würzburger Schule wird zunächst gezeigt, dass
    der Prozess des Protokollierens durch den Versuchsleiter in einem dialogischen Aushan-
    deln von Bedeutungen mit der Versuchsperson besteht. Dem methodischen Vorgehen der
    Würzburger Schule wird hiernach das Setting der Mikrophänomenologie gegenüberge-[>18]
    stellt. Anders als in der Bühler’schen Denkpsychologie wird hier nicht die Erinnerung an
    vergangenes BS17e2Erleben, sondern – dem Anspruch nach – aktuelles bzw.
    aktualisiertes BS17e3Erleben untersucht.
        Die Beachtung des Moments des Dialogischen hilft zu vermeiden, »BS17e4Erleben« und»
    BS17B1Erlebensbericht« miteinander zu vermengen. Die Bezeichnung introspektiv wird deshalb als
    für die beiden hier behandelten Zugänge als unpassend zurückgewiesen. Kritisch wird so-
    wohl gegen die Würzburger Schule als auch gegen die Mikrophänomenologie eingewandt,
    dass beide von einer »naturwüchsigen« Beziehung zwischen sprachlichen Ausdrücken und
    BS17e5Erleben ausgehen. Dadurch ist diesen Ansätzen die Tendenz inhärent, klassenspezifisches
    Sprechen über inneres BS17e6Erleben als »natürliches Sprechen«, als natürliche Sprache der be-
    sprochenen Phänomene selbst anzusehen.
      Kommentar: Erleben wird in der Zusammenfassung 6x gebraucht, aber  nicht definiert, erklärt oder näher beschrieben, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis. Wir wissen also nicht, was die Autoren unter erleben verstehen. Richtig ist, streng zu unterscheiden zwischen Erleben und Erlebnisbericht.
    20: "1 Die Neubestimmung der Psychologie
    durch die Würzburger Schule

    In seiner Krise der Psychologie führt Bühler den Ansatz der Würzburger Schule im Zu-
    sammenhang mit der Überwindung der überkommenen Assoziationspsychologie ein.
    Wenn man die Denkweise der »älteren« Psychologie, die jeden psychischen Vorgang
    auf die mechanische Wirkung der Assoziationsgesetze zurückführt, auf einige wenige
    Bereiche begrenzt oder überhaupt außer Geltung setzt, sieht man sich zwangsläufig vor
    das Problem gestellt, zu klären,»wie der seelische Organismus arbeitet«(Bühler1927,
    14; er zitiert hier Stumpf), wie – wenn eben nicht durch die Gesetze der Assoziation
    bedingt – ein Bühler20.1Erlebnis oder eine Handlung2 zustande kommt. Es ist die Zielgerichtet-
    heit, dieses Moment des Intentionalen, welche diese Frage nach dem Wie mit der nach
    dem »Sinn«, genauer nach der Funktion der psychischen Abläufe verknüpft. Bühler
    spricht von einer grundsätzlichen Umstellung der Interessen der Bühler20.2Erlebnispsychologie
    »von der vorwiegenden Richtung auf das Inhaltliche [auf Empfindungen, Vorstellun-
    gen und einfache Gefühle, die sich eben nach den blind, das heißt ohne Zutun des
    Subjekts wirkenden Gesetzen der Assoziation zu »Komplexen« zusammenschließen]
    zur Richtung aufs Formale, Funktionale« (ebd., 13–14). Und weiter: »Die derart ge-
    stellte Sinnfrage aber führt konsequent erstens zu neuen Aufgaben der deskriptiven
    Bestimmung der Bühler20.3Erlebnisse und zweitens zu spezifisch teleologischen Verlaufsgesetzen
    des seelischen Geschehens« (ebd.). Es ist ausschließlich dieser erste Punkt, der uns in
    der Folge zu beschäftigen hat: die Frage der qualitativen Beschreibung jener psychischen
    Operationen, die für den Zusammenhang sinnvoller Bühler20.4Erlebnisse oder Handlungen ver-
    antwortlich sind."
     

    22: "1.2 Zu Karl Bühlers Methodik der Denkpsychologie
    Wir beschränken uns hier auf den ersten Teil der Habilitationsschrift, in dem Bühler
    auch das Setting der Versuche allgemein beschreibt. Seine Frage lautet:» Was Bühler22.1erleben wir,
    wenn wir denken?« (Bühler 1907/1908, 127). Die Untersuchungsmethode ist – ohne
    weitere Bestimmung – die Selbstbeobachtung. »Zufälligkeit und Willenseinfluss des
    Bühler22.2Erlebenden« – »die beiden Missstände aller älteren [Selbst-]Beobachtungen« – wer-
    den durch »eine einfache Arbeitsteilung« beseitigt:» Es wird nämlich dem Beobachter
    ein Versuchsleiter beigegeben, der die Bühler22.3Erlebnisse hervorruft und die Beobachtungen zu
    Protokoll nimmt« (ebd., 123). Bevor wir uns diese Beobachtungen vergegenwärtigen,
    werfen wir aber noch einen Blick auf das stoffliche Moment, auf das Material, mit dem
    Bühler Denkprozesse eingeleitet hat. Bühler hat seinen Versuchspersonen verschiedene
    Arten von »Rätseln« oder »Denksportaufgaben« aufgegeben – Fragen zum Beispiel
    der folgenden Art(ebd.,128): ..."

    23: "Die Versuchsperson sitzt an einem Tisch, der Versuchsleiter» in der Nähe«,er liest
    die Aufgaben vor und misst die Zeit, bis die Versuchsperson mit Ja oder Nein antwor-
    tet. »Nach der Antwort erbat ich mir eine möglichst treue Beschreibung dessen, was
    die Vp. in der Versuchszeit Bühler23.1erlebt hatte. Da bekam ich dann Protokolle« (ebd., 129).
    Wir werden sehen, dass Bühler eben darüber nichts sagt: darüber, wie er zu seinen Pro-
    tokollen gekommen ist. ...
    23: Bühler: "»Es ist, wie ich glaube, viel richtiger, man lässt die Vp. ruhig ihre eigenen Worte gebrau-
    chen, ja manchmal ist es gut, sie vor Kunstausdrücken direkt zu warnen; sie soll, wenn
    es nicht anders geht, Umschreibungen gebrauchen oder es mit Hilfe eines Bildes klar zu
    machen versuchen, was sie sagen will. Damit wird man insbesondere bei geübten Vp. viel
    weiter kommen. Für den Versuchsleiter bringt dasfreilich neue Lasten, er muss sich einfüh-
    len in die Lage seiner Vp., muss Bühler23.2miterleben, wenn er sie ordentlich verstehen will; er muss
    auf ihre Eigentümlichkeiten eingehen und mit ihr in ihrerSprache reden können. Das gibt
    diesem Zusammenarbeiten ein eigentümliches, vertrautes Gepräge«(ebd.,133–134)."

    24: "Gleich zur Einleitung in §2 seiner Darstellung – dem
    Kapitel, das mit »Die experimentelle Selbstbeobachtung« überschrieben ist – hält
    Ach (1999 [1905], 104) fest, dass zur »vollständigen Beschreibung und Analyse«
    des durch »äußer eexperimentelle Hülfsmittel «veranlassten Ach24.1Erlebnisses der Versuchs-
    person ein »fortwährender enger Gedankenaustausch zwischen der beobachtenden
    Versuchsperson und dem protokollierenden Versuchsleiter« stattfindet. Es ist dieser
    »Gedankenaustausch«,derunsinteressiert.
        Nur am Rande streifen wir die Frage, wie Ach den letztlich auf Kant zurückge-
    henden Einwand gegen die Introspektion, wonach die Beobachtung eines psychischen
    Vorgangs diesen »alteriert«, »verstellt«, das heißt: verändert, zu umgehen sucht. Er
    bringt dabei die von Müller und Pilzecker (1900) experimentell untersuchte Perseve-
    rationstendenz ins Spiel. Ach24.2Erlebnisse, auf die intensive Aufmerksamkeit gerichtet ist,
    tendieren dazu, für längere Zeit zu perseverieren, wodurch eine Beobachtung im Grun-
    de »in derselben Weise wie einem äußeren Naturvorgang gegenüber« möglich werde
    (Ach1999[1905],106). Gleichwohl ist sich Ach der möglichen Schwierigkeiten dieses
    Verfahrens bewusst. Es gehe vor allem darum, »die Schilderungen des Ach24.3Erlebnisses von
    dem Gutdünken und der Willkür der Versuchspersonen zu befreien«(ebd.,108)."

    25: Ach: "»Der Versuchsleiter hat deshalb die Pflicht, die gegebene Schilderung durch Fragestellun-
    gen zu ergänzen. Er hatsich durch Fragestellungen darüber zu vergewissern, ob die von der
    Versuchsperson benützte sprachliche Bezeichnung wirklich den adaequaten Ausdruck des
    zugehörigen geistigen Inhaltes darstellt, d.h. also die Übereinstimmung des sprachlichen
    Symboles und seiner logischen Formulierung mit dem Ach25.1erlebten geistigen Inhalte nachzu-
    weisen«(ebd.)."

    26 Lewin: "... Wird aber das Protokollierte sogleich der
    Vp vorgelesen, so wird ein solches eventuell vorkommendes Abweichen von dem genauen
    Wortlaut der Aussage nicht zu einer Gefahr, sondern zu einer Sicherung der Richtigkeit des
    Protokolls. Es werden so bisweilen recht wichtige Missverständnisse aufgeklärt und nicht
    selten auch der Vp selbst feinere Eigentümlichkeiten des Lewin26.1Erlebnisses bewusst gemacht. Das
    setzt aber voraus, dass die Vp zu hören bekommt, was wirklich geschrieben wird, und dass
    sie gegen jede Formulierung, die ihr nicht passt, auch wenn sie die Gründe davon nicht
    oder noch nicht übersieht, sofort Protest erhebt«(Lewin1918b,197–198)."

    28: "Methodologisch für uns interessant ist die unmittelbar darauf folgende Rahmung des
    weiteren Geschehens durch die Interviewerin:
     

      »J:OK.Sowhatwe’regoingtodonowis[...]It’sasthoughwehadavideorecorder:we’re
      going to go backwards, and then we’re going to replay the sequence, and then we’ll see
      what you did to think of this elephant. ... [S]o we’re just going to rewind, and to do that
      I’mgoingtoaskyoutoimmerseyourselfagaininthisexperience.«


    Metaphern des Zurückgehens sind hier im Vordergrund (»go backwards«, »replay«,
    »rewind«), aber der Impuls zielt nicht auf ein Erinnern, adressiert nicht eine Instanz,
    die aus der Gegenwart in eine – wenn auch kürzlich – Petitmengin28.1erlebte Vergangenheit zurück-
    schaut, sondern zielt letztlich auf eine Immersion, ein Wiedereintauchen (»immerse
    yourself«) in das Petitmengin28.2Erleben selbst – eine Verschiebung mit bedeutenden methodologi-
    schen Konsequenzen. Denn die Immersion, das (Wieder-)Eintauchen in das Petitmengin28.3Erleben,
    hat gegenüber dem Erinnern die unmittelbare Gegenwart voraus. Es ist das aktuell [>29]
    Gegebene und nicht das Erinnerte, das auf Aspekte hin entfaltet werden soll, die im
    Augenblick gerade als noch nicht bewusst(»pre-thought«) vorhanden sind

    29: "Liest man genau, dann lässt sich an dieser Sequenz (deren Struktur – zuerst wortge-
    treues Zurücksagen, dann Anregung zu einer Fortsetzung und Differenzierung – sich
    in dem Interviewprotokoll ständig wiederholt) allerdings eine im Vergleich zu den
    Würzburgern andere Absicht erkennen: Bei der Wiederholung der Aussage durch die
    Interviewerin geht es nicht um eine dialogische Validierung der Aussage, nicht darum
    sicherzustellen, ob die Interviewerin etwas richtig verstanden hat (wie Ach und Lewin
    das nahegelegt haben), sondern darum, die interviewte Person in ihrem Petitmengin29.1Erlebensstrom
    zu halten und diesen weiter anzuregen. Wenn hier die Interviewer in Cs Aussage »some-
    thing is happening« wiederholt und dann mit »that gives you information about ...«
    fortgesetzt wird, bedeutet das nichts anderes als eine implizite Aufforderung,
    das Petitmengin29.2Erlebte weiter zu sondieren, weitere Schichten davon zu elizitieren,
    es weiter »aufsteigen« zulassen."

    30: "Mit anderen Worten: Das Ich, das über sein Denken, seine Affektionen, seine
    Wahrnehmungen so gut Bescheid zu wissen glaubt, und all sein Meinen, Beschreiben,
    Abstrahieren, Bewerten und Argumentieren soll außen vorbleiben. Es geht um das,was
    wir Varela30.1erleben, und nicht darum, was wir denken, dass wir Varela30.2erleben oder Varela30.3erleben sollten.
    Die phänomenologische Reduktion, so Varela,"

    30: "2.2 Zum BS30e1Erleben selbst
    Halten wir also fest: Mikrophänomenologen wollen mit ihren Fragen eine
    Art Mikrophän30Er-
    lebnistrance induzieren, in der nicht auf Mikrophän30.1Erlebtes zurückgeschaut, sondern in der das
    Mikrophän30.2Erleben in Präsenz gehalten und aus der epistemischen Autorität dieses
    aktuellen Mikrophän30.3Erlebens gesprochen wird. Sie wollen, um das in einer phänomenologischen Wendung
    zu sagen, zum Mikrophän30.4Erleben selbst – und sich nicht mit der Erinnerung an das Mikrophän30.5Erlebte
    begnügen
        Daraus ergeben sich sehr spezifische Anforderungen an die Interviewenden. Diese
    müssen, wie dargestellt, zunächst dafür sorgen, dass die Interviewten nicht in ein allge-
    meines Beschreiben bzw. Abstrahieren verfallen und sich statt dessen auf das je einmalige
    Mikrophän30.6Erleben im Hier und Jetzt fokussieren, das durch die Frage des Interviewers ausgelöst [>31]
    wurde. Konkret bedeutet das, das Interview immer wieder und diesbezüglich durchaus
    bestimmt (von daher prima facie nicht unbedingt immer liebevoll) von Abstraktionen
    jeglicher Art weg und auf ein konkretes Mikrophän31.1Erlebnis zurückzubringen, das sich zeitlich ge-
    nau lokalisieren lässt. Denn selbst wenn dieses Mikrophän31.2Erleben gerade passiert ist (wie in dem
    oben zitierten »elephant«-Beispiel), braucht es doch die Interviewerin, um es wieder
    und wieder zu evozieren und damit so weit zu stabilisieren10,dass eine mikrophänome-
    nologische Ausdifferenzierung möglich wird.
        Auf dieser Basis dienen dann »leere«, d.h. ohne propositionalen Gehalt auskom-
    mende Fragen des Interviewers dazu, die Aufmerksamkeit des Interviewten immer
    wieder von unterschiedlichen Impulsen ausgehend auf das Mikrophän31.3Erleben zu lenken, damit
    dieses von verschiedenen »Richtungen« her wieder und wieder ausgestrichen oder
    ausgedehnt wird, um letztlich dadurch in immer feinerer struktureller und tempora-
    ler – synchroner wie diachroner – Granularität sichtbar zu werden (Vermersch 2003
    [1994], insbesondere Kapitel 5; Petitmengin 2006, 244–246). Ein Beispiel aus Pe-
    titmengin und Bitbol (2009, 376) soll das verdeutlichen. Die Interviewten werden
    zunächst gebeten, sich einen Wasserfall in den Bergen vorzustellen. Sobald sich dazu
    eine Vorstellung stabilisiert hat, kann etwa folgendermaßen weiter gefragt werden:
     

      »Did this waterfall appear in color or in black and white? Was this image clear or fuzzy?
      Was it stable or fleeting? Was it an imaginary waterfall, or a waterfall that you had seen
      before? Was the visual scene accompanied by sounds? By smells? By bodily sensations?
      Didyouseethisimageasifitwasaphotographorafilm?Orwereyou›insidethescene‹,
      inthelocationofthewaterfall.«


    Weitere Fragen dienen dazu, die Aufmerksamkeit vom Inhalt auf die – in aller Regel
    prä-reflexive-diachronische – Struktur bzw. Dynamik zu lenken, mit der sich das
    Mikrophän/Petitmengin31.1Erleben eingestellt hat:
     

      »[W]as the image or scene preceded by other candidate images? Did the final image ap-
      pear at once, complete, or was it progressively constituted? Which sensorial dimension
      appeared first, the visual, the tactile, the auditory, the olfactory, (or maybe the gustato-
      ry)? From the instant where I asked you to imagine a waterfall, did you say anything to
      yourself? Did you feel anything particular? When precisely did you know that you were
      ›imagining amountain waterfall‹?«


    Gerade letztere Fragen belegen, dass hier nicht vorrangig interessiert, was erfahren bzw.
    gedacht wird, sondern wie dieses Mikrophän/Petitmengin31.2Erleben zustande kommt, wie das innere Bild sich
    einstellt. Nicht im manifest Inhaltlichen, im Was, sondern im Wie dokumentiert sich,
    woran die Erfahrung sich ausrichtet, von woher und wohin sie sich orientiert."

    32: "Aus der Schilderung des mikrophänomenologischen Interviewens sollte des Wei-
    teren deutlich geworden sein, dass sich dieses – und das gilt für beide Seiten: den
    Interviewer wie den Interviewten – sehr stark von der Alltagskommunikation unter-
    scheidet. Abgesehen von der Suspension alltäglicher Reziprozitätsregeln, wie sie auch
    aus anderen Interviewformen geläufig sind, muss die interviewte Person darüber hin-
    aus auch bereit sein, alles Argumentieren und Abstrahieren sein und sich immer wieder
    an den Ausgangspunkt des Mikrophän32.1Erlebens zurückführen zu lassen. Sie muss eine asymme-
    trische, von Routinen des alltäglichen Sprechens hochgradig abweichende Interaktion
    tolerieren und bereit sein, das auf der eigenen Bewusstseinsleinwand Erscheinende ohne
    Bewertungen, Berichtigungen, Eigentheorien, Elaborationen, Meinungen, Mutmaßun-
    gen – kurzum: ohne das Halbwissen des Alltags an das eigene Mikrophän32.2Erleben anzulegen – zu
    berichten. Pointiert gesagt: Sie muss das eigene Mikrophän32.3Erleben ungeschützt ausliefern. Der
    Interviewer andererseits muss über eine Art kommunikativer Trancetechnik verfügen,
    über ein Erickson’sches Sprechen11 – mit Inhaltsleere und Vagheit als wichtigsten
    Kompetenzen."

    32f: "Die Daten, die hier interessieren, werden gemeinhin als »introspektiv« bezeich-
    net.12 Jemand erzählt über etwas, das nur ihm selbst zugänglich ist. Wir haben es
    also nicht mit Erfahrungen oder BS32E1Erlebnissen zu tun, sondern mit Selbstberichten, mit
    sprachlichen Beschreibungen, die jemand für sein BS33e1Erleben findet und mittels derer er [>33]
    oder sie Bedeutung generiert, in den Bereich der Bedeutung eintritt. Wofür wir uns
    hier interessieren, ist, wie dieser Bericht zustande kommt. Wir setzen voraus, dass es
    für das Sprechen über das eigene BS33e2Erleben keine »natürliche«, »richtige«, »authenti-
    sche« Sprache gibt. Es gibt also viele verschiedene Logiken des Zur-Sprache-Bringens;
    verschiedene »Sprachspiele«, die je für sich einer bestimmten »Logik«, das heißt
    bestimmten Regeln folgen. Wir heben hervor, dass »Regel« für Wittgenstein ein Be-
    obachtungsbegriff ist: Eine Regel ist etwas, was sich in ihrer Anwendung erweist. Wir
    behandeln das Vorgehen der Würzburger Schule und der Mikrophänomenologie also
    als regelgeleitete Sprachspiele, in denen »innere«, das heißt in der Perspektive der ers-
    ten Person gegebene psychische Abläufe in einem Dialog zur Sprache gebracht werden
    sollen – in einem Dialog, in dem dieser Eintritt in den Bereich der Bedeutungen sich
    in einer, wie wir glauben, je spezifischen und exakt beschreibbaren Art und Weise voll-
    zieht. Man kann also sagen: Innere Erfahrung wird in einer der Versuchsperson und
    dem Versuchsleiter gemeinsamen Sprache artikuliert, sie wird» objektiviert«, intersub-
    jektiv zugänglich und damit »wissenschaftsfähig«

    34: "Was lässt sich nun an Unterschieden zwischen den beiden Ansätzen festhalten?
    Dem Vorgehen der Würzburger Schule liegt,so könnte man sagen,ein letztlich aus der
    Fremdbeobachtung abgeleitetes Modell der »Selbstbeobachtung« zugrunde. Die Per-
    son des Beobachters ist gleichsam aufgespalten: in einen beobachtenden und einen zu
    beobachtenden Teil. Der zu beobachtende Teil – ein perseverierendes Bühler34.1Erlebnis – steht
    dem beobachtenden Teil im Grunde in derselben Weise zur Verfügung wie sonst ir-
    gendein zu beobachtendes prozesshaft ablaufendes Ereignis in der Außenwelt. Nicht
    umsonststelltBühlereineAnalogieherzueinemBiologen,»dereinenProzessbeobach-
    tet, vielleicht mit einigen Beobachtungsschwierigkeiten etwa unter dem Mikroskop«
    (Bühler 1907/1908, 132). Liegt hier vielleicht derselbe Fehler vor, auf den Lewin in
    Bezug auf die Sinnespsychologie hingewiesen hat: dass sich nämlich in den Denkvor-
    gängenbloßdieStrukturderAufgabeabbildetähnlichwiedergegenständlicheInhaltin
    der gesehenen Form im sinnespsychologischen Experiment? Die von Bühler registrier-
    ten Denkvorgänge sind unanschaulich, weil sie auf unanschauliche Aufgaben gerichtet
    sind. Dann wären die »Selbstbeobachtungen« der Würzburger Schule also Selbstbe-
    obachtungen unter Anführungszeichen. Experimente, die im Eigentlichen etwas über
    das Lösen von so oder so konstruierten Denksportaufgaben aussagen, wenig aber über
    jene komplexen inneren Vorgänge, die wir im Alltag, in unserer Alltagssprache, völlig
    undifferenziertals »Denken« qualifizieren.
        Ganzanders der Zugang der Mikrophänomenologie: Sie geht eben nicht davon aus,
    dass man einen einmal abgelaufenen Vorgangfür zumindest kurze Zeit irgendwie fixie-
    ren kann oder fixieren soll. Der Vorgang wird von außen – durch die Aufforderungen
    des Interviewers–immer wieder aufs Neue angefacht, in Bewegung gehalten–und da-
    bei angereichert, weiter und weiter expliziert. Der Interviewer fungiert als sokratischer
    Geburtshelfer: Zur Welt gebracht soll die ganze Vielgestaltigkeit, die ganze Komple-
    xität eines einfachen psychischen Aktes werden; das heißt vor allem auch jene prä-
    reflexiven Anteile, die vom Interviewten beim Eintritt seines Mikrophän34.1Erlebens unbemerkt, in
    diesem deskriptiven Sinne für ihn »unbewusst« geblieben sind. Um das zu erreichen,
    klammern die Mikrophänomenologen die alltagsübliche Art zu reden ein und versu-
    chenalles aus dem Weg zu räumen, was die Transformation des Mikrophän34.2Erlebens in die Sprache
    in alltagsüblicher Weise formatieren könnte; in diesem Nicht-Akzeptieren der Alltags-
    sprache liegt, sowie in der Psychoanalyse auch, das Produktive.
        In der Mikrophänomenologie verschiebt sich also der epistemische Montagepunkt
    weg von der Logik des erkennenden Erreichens eines feststehenden, einmal stattgefun-
    denen Mikrophän34.3Erlebens hin zu einer Forschungslogik der dialogischen Entfaltung eines vor
    dieser Entfaltung noch verborgenen Mikrophän34.4Erlebens.14 Mit anderen Worten: Eine prä-reflexi-
    ve BS34M1Erlebensmatrix wird unter starker Beihilfe einer interviewenden Person in Sprache [>35]
    hinein entfaltet, Resultat ist eine Beschreibung, die vor diesem forscherischen Zugriff
    nie bewusst war und ohne diesen auch nie im Bewusstsein aufgetaucht wäre.15
        Vor diesem Hintergrund verliert die für die Würzburger Schule so essenzielle Fra-
    ge, »ob die von der Versuchsperson benützte sprachliche Bezeichnung wirklich den
    adäquaten Ausdruck des zugehörigen geistigen Inhalts darstellt«, an Bedeutung. Zu
    fragen ist nun, wie das BS35e1Erleben in seiner Entfaltung sich zu einer »Erfahrung« gestal-
    tet. Denn was ist das fortwährende In-Sprache-Fassen anderes als – die Formung von
    BS35E1Erlebnissen?"

    35f: "Was ist aber nun in methodologischer Hinsicht aus der Gegenüberstellung von
    Würzburger Schule und Mikrophänomenologie zu gewinnen? Zunächst glauben wir, [>36]
    dass der Begriff der Introspektion einseitig und daher im Grunde für beide Verfahrens-
    weisen unpassend ist. »Einseitig«, weil damit die Unterscheidung zwischen BS36e1Erleben
    und BS36B1Erlebnisbericht verwischt wird. BS36e2Erleben wird in beiden Ansätzen wissenschaftsfä-
    hig, indem es artikuliert wird. Diese Artikulation, das heißt der BS36B2Erlebnisbericht, ist der
    wissenschaftliche Gegenstand – ein Umstand, von dem der Begriff »Introspektion«
    ablenkt, insofern er auf das BS36e3Erleben selbst referiert.
        Beiden Ansätzen gemeinsam ist,dass diese Artikulation sich einem Dialog verdankt:
    In der Interaktion zwischen Versuchsleiter und Versuchsperson wird das BS36e4Erleben der
    Versuchsperson zur Sprache gebracht.
        Allerdings geht es bei beiden Ansätzen wohl doch um Verschiedenes. In Bezug
    auf die Würzburger Schule scheint uns Achs Begriff der Perseveranztendenz als un-
    passend: In Bühlers Experimenten zur Denkpsychologie wird nicht »nachhallendes«
    aktuelles Bühler36.1Erleben beschrieben, sondern die Erinnerung an vergangenes Bühler36.2Erleben.17 Für
    die Methodologie der Psychologie ist interessant, dass sich das Zustandekommen der
    BS36P1Erlebnisprotokolle als Prozess der Aushandlung von Bedeutungen zeigt. Was niederge-
    schrieben wird, sind gemeinsam in der Situation als deskriptiv richtig befundene Worte.
    DieVersuchsperson ist also in die Auslegung ihrer Erzählung mit einbezogen.
        Anders als in derWürzburger Schule scheint in der Mikrophänomenologie der An-
    spruch auf die Untersuchung aktuellen Mikrophän36.1Erlebens glaubhafter vertreten zu sein. Aber
    auch hier zahlt es sich aus, genau zu sein: Was im Eigentlichen thematisiert wird, ist
    nicht das Mikrophän36.2Erleben selbst, sondern der Umstand, dass und wie die Artikulation des
    Mikrophän36.3Erlebens daran anschließendes aktuelles Mikrophän36.4Erleben zu modifizieren und in weiteren, durch
    den Versuchsleiter initiierten Reartikulationen »anzureichern«, das heißt begrifflich
    zu elaborieren vermag. Wovon beide Ansätze stillschweigend ausgehen: dass es näm-
    lich eine eindeutige Beziehung zwischen Bühler/Mikrophän36.1Erleben und Sprechen über das Bühler/Mikrophän36.2Erleben gibt,
    ist empirisch unhaltbar. Das zu bedenken, scheint uns wichtig zu sein für künftige
    Analysen dialogischer Methodologie: Wie die Sozialwissenschaften insgesamt so ten-
    diert gerade auch die Phänomenologie stillschweigend dazu, die in einer gegebenen
    Sprachgemeinschaft bestehende Heteroglossie in letztlich klassenspezifisch bestimmte
    Monoglossie aufzulösen"

    Bis hierhin 82 von  93 Fundstellen mit Kopfzeilen (11).

    Anmerkungen:
     



    Literatur (Auswahl)
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    Links(Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    ___


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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Benetka & Slunecko. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/BenSlu.htm

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