Berufspolitische Materialien der Allgemeinen und Integrativen PsychotherapeutInnen zu:
von Werner Lemisz, Köln Diskussion
Das Psychotherapiegutachterverfahren hat eine enorme Praxisrelevanz. Dies hängt einerseits mit dem hohen Anspruch zusammen, den dieses 'externe' Prüfverfahren erfüllen soll,
Grundlegend müssen meines Erachtens 3 zentrale Punkte bei einer Reform des Gutachterverfahrens (Einzelheiten: 11 Punkte Programm) sein:
I. Fachautonomie.
Eine fachautonome demokratische Selbstverwaltung des
Gutachterverfahrens inclusive Berufung, Abberufung, Clearinggremium etc..
Fachautonom heißt, daß nur die Psychotherapeuten (Praktiker)
in ambulanter Praxis selbst das
Gutachterverfahren kontrollieren, nicht der KBV, nicht
die KKn oder sonstige fachfremde Personengruppen (Hausärzte,Fachärzte,
Urologen etc.).
II. Standardisierung.
Eine fachbezogene Mindeststandardisierung der Begutachtung.
Willkürlichkeiten, Skurilitäten als auch die Austragung kontroverser
Fachmeinungen auf dem Rücken der Begutachteten etc. müssen vermieden
werden. Man könnte sich z.B. eine Interrater-Reliabilitätsüberprüfung
in bestimmten zeitlichen Abständen vorstellen.
III. Qualitätssicherung.
Zur Befriedigung gesetzlich vorgeschriebener Qualitätssicherung
(SGB V, GSG), die im Wesentlichen eine Ergebnisqualität meint, reichen
meines Erachtens prä/post-Messungen im Sinne einer Erfolgs-bzw. Effektivitätskontrolle
aus. Der hierfür zu leistende Aufwand ist den Therapeuten angemessen
zu vergüten.
Prozeßqualität ist hinreichend durch das Gutachterverfahren
gesichert. Eine weitere Standard- und Normerhöhung ist bei den Kollegen
allgemein unerwünscht.
Auf diese Weise könnte das Gutachterverfahren bei
den Kollegen wieder an Akzeptanz gewinnen!
Einzelheiten: 11 Punkte Programm
Weitere 11 Punkte, die selbstverständlich noch ergänzt werden können, halte ich notwendig für eine Reform. Diese folgenden Vorschläge fanden auf der Mailingliste der Vereinigung große Zustimmung:
1. Die Gutachter können ihre Befugnisse nur behalten, wenn sie im *ambulanten* kassenärztlichen System zugelassen sind.
2. Die Gutachter müssen durch ihre Bezirksstelle bei der KV nachweisen, daß sie mindestens 15 Sitzungen wöchentlich im Rahmen der Richtlinienpsychotherapie tätig sind.
3. Die Bearbeitungsdauer der Antragsberichte darf inclusive Postweg insgesamt drei Wochen nicht überschreiten.
4. Es dürfen maximal 500 Anträge pro Jahr vom Gutachter bearbeitet werden. Ein Urlaubsvertretungssystem muß eingerichtet und bei der KV angemeldet werden.
5. Der Vergütungspunktwert zur Berechnung der Gutachterleistung floatet in gleicher Weise wie der der übrigen Richtlinientherapie.
6. Gutachter müssen eindeutig und einschlägig in ambulanter Praxis tätig sein. Wechseln sie beispielsweise in den stationären Bereich, müssen sie ihre Gutachtertätigkeit aufgeben. Gutachter aus fremdem Bereichen müssen ihre Gutachtertätigkeit aufgeben.
7. Für den Kontakt mit "begutachteten" Kollegen sind dezidierte Umgangs-und Verhaltensregeln zu erstellen, die sich an ethischen Grundsätzen orientieren.
8. Zur Gewährleistung einer fachlich angemessenen Beurteilung, ist ein umfassender Katalog zur Standardisierung von Begutachtungen zu erstellen, damit beispielsweise eine marottenhafte, zwanghaft-perfektionistische oder abwegig-skurile usw. Begutachtung vermieden wird.
9. Im Sinne der Selbstverwaltung und der Horizontalisierung
(Demokratisierung) ist ein Gremium zur Berufung und Abberufung von Gutachtern
(Berufungskommission) zu schaffen, das aus dem Kreise der Behandler (Psychotherapeuten)
gewählt wird. Dieses Gremium entscheidet nach den in den Psychotherapierichtlinien
als auch Psychotherapievereinbarungen festgelegten als auch noch
zu erweiternden Kriterien, wer zum Gutachteramt
berufen bzw. wer abberufen wird.
10. Es ist ein Schiedsamt bestehend aus einem Gutachter und zwei Behandlern (insges. drei Personen) einzurichten, das entweder als Ersatz zum Obergutachterverfahren oder übergeordnet im Konfliktfalle begutachtend entscheidet. Dieses Schiedsamt wird von der Berufungskommission berufen.
11. Die Berichte an die Gutachter sind realitätsgerecht
- gemessen an dem durchschnittlichen Aufwand - zu vergüten.
Ein Erstantrag (bzw. Umwandlungsantrag) ist mit 6.250 Punkte, ein Fortführungsantrag
mit 3.120
anzusetzen (s. Empfehlung von KÖHLKE).
Diskussion im Psychotherapieforum
(DPI)
in den Maillingslisten psy-bp@psychotherapie.org
und qualitaetssicherung@psychotherapie.org
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