Paul von Schiller Handeln und
Erleben (1944)
2. korrigierte und ergänzte Version
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Schiller, Paul von (1944) Handeln und Erleben. Grundzüge der Psychologie. Berlin: Junker & Dünnhaupt. [Das Buch enthält kein Kapitel, aber einen Abschnitt in Kapitel IX 2. Körperbau, Bewegung und Erleben 277] Kürzel PvS
ZusammenfasungPvS1944
Fazit: Erleben und Erlebnis werden als nicht erklärungs-
oder begründungsbedürftige Begriffe angesehen. Obwohl das Buch
- im Deutschen nicht beim ungarischen Original - im Titel
den Begriff Erleben ausweist, enthält es kein Kapitel Erleben, aber
einen Abschnitt IX, 2. Körperbau, Bewegung und Erleben. Auf
den ersten zwei Seiten 112-113 habe ich Erleben 2x und Erlebnis 1x gefunden.
Es wird dort genutzt ohne nähere Erklärungen, auch nicht durch
Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis, so dass davon
auszugehen ist, dass der Autor den Begriff Erleben und Erlebnis als nicht
weiter erklärungs- oder begründungsbedürftig gebraucht.
Kapitel IX, Abschnitt 2 enthält in der Überschrift 2. Körperbau,
Bewegung und Erleben (S. 277-285). Nachdem mir zudem das Kapitel IV.
Empfinden und Wahrnehmen 112-136 geeignet schien, den Begriff des Erlebens
oder des Erlebnisses zu gebrauchen, habe ich auch noch das Kapitel IV (S.
112-136) eingescannt und vollständig durchsucht.
16 Fundstellenkürzel e := erleben, erlebt, ...
7 Fundstellenkürzel E:= Erlebnis
Vorwort 7
I. Geschichte der Aufgabenbestimmung 9
II. Trieb und Wille 42
III. Ausdruck und Bewegung 83
IV. Empfinden und Wahrnehmen 112
V. Lernen und Denken 137
VI. Werdegang und Abbau 171
VII. Zur Psychologie der Kultur 207
VIII. Über praktische Psychologie 242
IX. Die Persönlichkeitsforschung 265
Literaturverzeichnis 299
Vorwort Erleben e 2 Fundstellen
Kapitel 7 Empfinden und Wahrnehmen
S. 112: "Wie die Bewegung, so ist auch die Sinnestätigkeit
(Rezeption)
von den Bedürfnissen abhängig und ermöglicht eine Stellungnahme
zu den leiblichen Veränderungen und den Einwirkungen aus der
Umgebung. Die Bedürfnisse erzeugenden Reize führen unmittel-
bar zum Antrieb, aber sie veranlassen, besonders im Falle ihrer
nicht sofortigen Befriedigung, auch einen E i n d r u c k , das
PvSe112.1Er-
leben2 der Notlage. Hilft
die regulatorische Durchblutung nicht
gegen Kälte, so wird die Allgemeinempfindung des Kühlseins
immer aufdringlicher, und man sucht mit mehr Bewegung oder
Bekleidung Abhilfe zu verschaffen. Der die Atmungsbewegungen
auslösende chemische Reiz wird gewöhnlich gar nicht perzipiert,
im Falle der Verhinderung des Einatmens aber entsteht das heftige
Empfinden der Luftnot, das den Antrieb zur Abweisung des Hin-
dernisses verstärkt. Die beim PvSe112.2Erleben2
von Bedürfnissen entstehen-
den Eindrücke werden E m p f i n d u n g e n genannt
[FN1)]. Sie geben
von den körperlichen Zuständen Kunde. Doch können auch
äußere
Reize zu Empfindungen führen, wenn z. B. grelles Licht oder
lauter Knall uns zusammenfahren läßt, also Vitalgefühle
auslöst.
So entstehen die Empfindungen aus Bedürfnissen und steuern den
Antrieb
S. 117: "Die meisten Darstellungen von bekannten
Synaesthesien be-
schränken sich auf zwei Sinnesmodalitäten. Das beruht z.
T. auf
mangelhafter Beschreibung. Die auffallenden Gesichts- und Hör-
bilder werden ausführlich beschrieben und nur nebenbei ist an-
gegeben, daß der Synaesthetiker auch drohende Gefühle oder
er-
frischende Empfindungen PvSe117erlebt2.
Jaensch hat hervorgehoben, daß
alle Synaesthesien von Allgemeinempfindungen begleitete Gefühle
sind. ..."
S. 119: "... Bei rascher Folge periodischer Reize entsteht der Ein-
druck des Flackerns. Sind relativ lange ruhende Eindrücke von
sehr kurzer Pause getrennt, so entsteht im Falle kleiner räum-
licher Abweichung der Bilder das PvSe119Erleben2
ununterbrochener Be-
wegung, die auch ungereizte Stellen des Sinnesfeldes ausfüllt.
Auch auf haptischem und akustischem Gebiet sind analoge Erschei-
nungen bekannt, und sie sind sogar im Tierreich verbreitet. ..."
S. 120: "Verhindert die teilweise homogene Gliederung
die entsprechende
Differenzierung, so werden regelmäßige Gleichheiten als
solche
erkannt und es entstehen Gruppeneindrücke. Unter vorteilhaften
Bedingungen der Gruppenbildung gleichen sich sogar auch etwas
disparate Glieder einander an. Eine Stabilisierung unserer sehr
zum Zerfließen neigenden Sinneseindrücke wird von der Wahr-
nehmung der Ä h n l i c h k e i t e n gefördert.
Es gehört schon eine
wache Aufmerksamkeit dazu, um dem Verschmelzen gleicher Ein-
drucksglieder zu widerstehen, das sofort wieder eintritt, wenn
Müdigkeit oder sonst ungünstige vitale Faktoren vorherrschen.
In
größeren Zeitabschnitten gelingt es immerhin auch in weniger
bereitem Zustand Ähnlichkeiten zu erfassen: wir PvSe120.1erleben2
eine Er-
scheinung als bekannte, und unsere Sinneswelt erfüllt sich mit
wiederkehrenden fast stabilen Momenten, die zu Kristallisations-
punkten unserer Umwelt werden. Nicht allein die gleiche Erregt-
heit wird als solche PvSe120.2erlebt2,
sondern auch objektive Momente, die
in ihrer Gestaltgliederung als ähnliche empfunden werden; die
primordiale Konstanz bezieht sich auf Ausdrücke. Nicht nur Kin-
der und Neurotiker sind für das Physiognomische in leblosen Er-
scheinungen empfänglich: der Animismus ist ja ein bezeichnender
Zug der Naturvölker (s. Kap. VII, 2), auch höhere Tiere erkennen
das Drohende in den verschiedensten Gestalten, wie Köhler von
seinen Schimpansen, deren Spielgrund er mit einer Dämonenmaske
aus der Südsee betrat, schildert. In gewissen Stimmungen neigt
auch
der erwachsene Kulturmensch zu p h y s i o g n o m i s c h e
r W a h r -
n e h m u n g (Werner). Trifft man auf einer Nachtwanderung auf
einen mondbeleuchteten Felsen, der unerwartet vorspringt, so wird
das Gruselige dieser Erscheinung als erstes empfunden, nicht seine
Gestalt, Lage, Licht- und Schattenverteilung. Die globale Wirkung [>121]
ergreift uns, wie ein menschliches Gesicht, das in seinem Aus-
druckswert erscheint und selten analysiert wird. Besondere Ver-
läufe eignen sich zum physiognomischen PvSe121Erleben2.
Ein ausgedehntes
Heulen oder unermüdliches Bachrauschen wirkt als beseelt, un-
ruhiges Mitleid oder lächelnde Freude erweckend. Die Illusionen
entstammen solchem gefühlsgeladenen Wahrnehmen. Doch nicht
allein der Gemütszustand, sondern auch die sachliche Beschaffenheit
der Außenvorgänge trägt zu solchen Eindrücken
bei. Ausgedehnte,
räumlich und zeitlich auffallende Reizgruppen werden physiog-
nomisch erfaßt. Der Bergriese, das Meer, das Sternenfirmament,
ungeheuere Kuppeln erwecken in ihrer Weite den Eindruck des
Mächtigen, das Gefühl der Gottesnähe, und wir nehmen
in diesen
reizmäßig so abweichenden Erscheinungen, die sich in den
emotio-
nalen Begriff des Numinosen (R. Otto) verdichten, die Ähnlich-
keit wahr. Die von Th. Lipps so eingehend untersuchte Einfühlung
ermöglicht das Verstehen der Metapher in der Dichtung und der
Variationen in der Musik."
S. 124: "... Natürlich unterstützt
das fertige Schema von Erfahrungsgebilden, die in der Wundtschen
Apperzeptionstheorie so überschätzt wurden, das Einordnen
der
Einzeleindrücke in gegliederte Figuren, doch geschieht das nie
gegen die natürlichen gruppenbildenden Faktoren, wie Gottschaldt
überzeugend nachwies. Tausendfach PvSe124erlebte2
Verbindungen werden
durch eine übergreifende Gestaltgesetzlichkeit vollkommen auf-
gelöst: selbst die bekanntesten Figuren, wie etwa die Ziffer 4
wer-
den in entsprechender Organisation des Sinnesfeldes, das Teile
dieser Figur verschiedenen Ganzheiten zuordnet, nie bemerkt.
Darauf beruht die Technik der Tarnung."
S. 128: "... Ist
keine Gliederung gegeben, so haben wir keinen Überblick über
Be-
leuchtungsverhältnisse, die Konstanz verschwindet zugleich mit
der
Dingfarbe. Die Farbkonstanz ermöglicht das PvSe128Erleben2
der Strah-
lung als eine Zweiheit von Ding und Beleuchtung, als Konstanz
der ersteren und Änderungen des letzteren."
Zusammenerleben
S. 135: "Die gemeinsamen, allgemeinen Züge
der Sinnestätigkeit, die in
der Psychologie leider oft hinter den besonderen Eigenschaften
einzelner Modalitäten zurücktreten (obwohl das allgemeine
sinn-
liche Verhalten seine Funktion im Handeln besser als das speziali-
sierte darlegt), beweisen, daß die Dingwahrnehmung nicht auf
ge-
wohntem PvSe135Zusammenerleben2
beruht, sondern auf der immanenten
Gliederung der Daten. Dennoch ist die Rolle. der Erfahrungen
nicht zu unterschätzen. Erinnerungsbilder beschleunigen das Auf-
fassen und sind zur ausdauernden B e o b a c h t u n g
unerläßlich. ..."
Aus Kap. V. LERNEN UND DENKEN
S. 137: "Die erkenntniskritisch eingestellte
Psychologie behandelte die
„höheren" seelischen Gebilde mit den Begriffen der Erinnerung
und des Denkens, die auf Vorstellungen beruhen. Die Entwick-
lungspsychologie übersetzte diese Fragen in die Sprache der
Leistung und faßte sie als Probleme des Lernens und Verstehens
auf. Erfahrung und Einsicht sind Leistungen, die Vorstellungen,
Gedächtnis und Phantasie anwenden, und so Rück- bzw. Vorschau
ermöglichen. Dadurch wird Anpassung an weitere Zusammenhänge
geboten, ein Vergleich der Gegenwart mit Vergangenem, und
mit vermutlicher Zukunft. Das Lernen wird als eine Anwendung
von PvSe137.1Erlebtem2
auf die Modifikation einer gegenwärtigen Reaktion,
die Voraussicht aber als erstmalige sachliche Anpassung an
neue Situationen definiert. Die menschenähnlichen Affen können
Umwege machen und Werkzeuge anwenden in Lagen, die
sie noch nicht PvSe137.2erlebten2.
Aber auch niedere Vertebraten schaffen
Erstleistungen, wie ich an Fischen nachweisen konnte. Diese ver-
mochten rasch erlernte Umwege in radikaler Umsetzung zu befah-
ren und waren auch in ganz neuen Lagen zu Übertragungen fähig.
Schon die Lernkurven der ersten Aufgabe zeigen plötzliche Bes-
serungen, so daß auf ein Verständnis zu schließen
ist, während
die genauere Einschleifung allmählich erfolgt (Zunini). Wird die
Übertragung des Lernerfolges abstrakt, d. h. nicht nur von links
auf rechts, sondern z. B. auch nach oben oder unten oder auf an-
dere Raumverhältnisse sofort angewendet, so spricht man im Falle
eines einheitlichen, geschlossenen Weges von Einsicht. ..."
Kapitel IX, 2 2. Körperbau, Bewegung
und Erleben
Titel 1 x, Kopfzeile 4 x
S. 277: "Die Methoden der Psychodiagnose waren
von der jeweilig herr-
schenden theoretischen Einstellung abhängig. Die Fakultätslehre
versuchte angeborene Eigenschaften aus Konstitutionsmerkmalen
abzulesen. Die Bewußtseinslehre begnügte sich mit intellektuellen
Vorstellungsverknüpfungen oder Interessenrichtungen, Gefühls-
lagen. Die Bewegungslehre sah den Ausdruck unbewußter Regun-
gen in autonomem oder ausführendem äußeren Verhalten.
Endlich
versucht die pragmatische Handlungstheorie, die PvSe277Erlebtes
wie Un-
bewußtes umfaßt, von den Wirkungen auf die Umwelt die persön-
lichen Züge in aktuellen Aufgaben und im Lebenslauf zu ermitteln.
Gut ausgeprägte konkrete experimentelle Situationen gestatten
die
Nachahmung von wesentlichen Zügen einer Lebenslage, die die
eigentümliche Handlungsart in kleinem Maßstabe zur Schau
stellt.
Scharf abgesonderte Aufgaben, die eine Leistung messen, werden
Tests genannt, freier gestaltete, die qualitative Analyse zulassen,
Arbeitsproben, die auf sensomotorischem Gebiete gewöhnlich von
Apparaten, auf intellektuellem von Vorlagen, auf orektischem
durch soziale Befehle geboten werden."
S. 281: "Die aktuelle Gemütslage ist aus
den Bewegungen unserer Mit-
menschen unmittelbar abzulesen, gehören doch die Ausdrucks-
bewegungen zur Verständigung. Es war schon die Rede davon
(Kap. III, 3.), daß man durch unwillkürliche Nachahmung
des
Mienenspiels die dabei PvSe281erlebten
Gefühle beobachtet und so die
Lage des Fremden versteht. Die Einfühlungstheorie läßt
diesen
Sachverhalt als viel einfacher erkennen, und man nimmt an, daß
dem Ergreifen und dem Ausführen derselbe dynamische Verlauf
zugrunde liegt. Aus dem dauernden Gebärdenstil ist dem-
entsprechend die persönliche Eigenart unmittelbar zu erkennen.
Nur muß man verstehen, anerzogene und gewollte Momente von
den natürlichen zu sondern, zu dem das Schichtentrennverfahren
von Klages dienen soll."
S. 282: "Als dritten Ausgangspunkt neben Körperbau und Bewegung
wandte die Persönlichkeitsforschung die PvSe282E
i g e n a r t d e s E r -
l e b e n s an. In der Tiefenpsychologie
versucht man aus dem
freien Vorstellungsverlauf auf tieferliegende Triebe und Eindrücke
zu schließen. Träume können geheime Wünsche, nicht
zugestan-
dene Absichten verraten, und die Tagträumereien sind nicht min-[>283]
der bezeichnend. So sind vor allem die Luftschlösser, die sich
Menschen erbauen, das Spiel, das sie mit ihnen treiben, die Hin-
gabe an sie, in hohem Maße aufschlußreich. ..."
S. 283: "... Der Anschauungs-
verschränkung bzw. -absonderung schließt sich eine entsprechende
Dynamik der seelischen Vorgänge an. Er findet das zerfließende,
synästhetische PvSe283Erleben
für die ganze Wirk- und Denkart der
Person bezeichnend. Die Integration von innen geht auf eine nach [>284]
außen zu und führt zum abgesperrten Typ der Desintegration.
Nach Henning macht diese Anschauungsentwicklung in der Vor-
pubertät eine Rückfallkrise durch. Auch in der Bewegungsform
sind die Integrationstypen scharf unterscheidbar: die lockeren
Synästhetiker trennen sich in ihren Gebärden von den steifen
Desintegrierten, ein Unterschied, den besonders Pfahler in allen
Funktionsarten aufzufinden meint."
S. 113 "... Auch das ursprüngliche sinnliche
PvSE113Erlebnis1
ist keine reine Qualität, sondern diffuses Allgemeinbe-
finden. ..."
S. 116: "... Eine Zustandsänderung infolge physiologischer
Prozesse oder äußerer Einwirkungen wird als Vitalgefühl
empfun-
den. Sind die Aufwallungen dieser auf umschriebenem Gebiet
spürbar, so entsteht das PvSE116.1Erlebnis1,
das James als Wolkigkeit be-
zeichnet. Diese Wolkigkeit ist ein zusammenfließender nebliger
Eindruck von dem Vorhandensein eines vom Nichts sich abheben-
den Etwas. Solches PvSE116.2Erlebnis1L
ist in seiner Organlokalisation, im
Intensitäts- und Zeitverlauf einigermaßen umschreibbar.
..."
Übergangserlebnis und Erlebniskorrelat
S. 123: "... Die Kinemato-
skopie ist die handgreiflichste Darstellung der dynamischen Pro-
zesse in der Wahrnehmung. Ich untersuchte, unter welchen Be-
dingungen eine Bewegungsart von zwei, in der objektiven Reiz-
konstellation gegebenen geometrisch gleichwertigen Möglichkeiten
einer kinematoskopischen Bewegung bevorzugt wird. Der Ausfall
einer Bewegungsalternative hängt nicht von der willkürlichen
Auf-
merksamkeitsrichtung, sondern von objektiven Feldbedingungen
ab. In der Tendenz zur geringsten Abweichung können qualitative
und Richtungsmomente unterschieden werden. Erstens die Ten-
denz zur einfachsten (kürzesten oder regelmäßigsten)
Bahn, zwei-
tens die Tendenz zur Beibehaltung der ersten Gestalt, also Ver-
meidung von Verwandlungen. Werden diese beiden Tendenzen,
etwa in einer Kreuzanordnung von aufeinanderfolgenden Punkt-
paaren einander gegenüber ausgespielt, so entstehen Drehbewegun-
gen oder Klappeffekte in der Tiefe in solcher Weise, daß die
Figur-
gleichheit bewahrt bleibt. Subjektive Momente spielen dabei fast
keine Rolle. Darum war es auch irreleitend, wenn die kinema-
toskopische Erscheinung einem PvSE123.1Übergangserlebnis1L
zugeschrieben
wurde. Es handelt sich nicht um eine subjektive Ergänzung, son-
dern um einen Ausbau der sinnlichen Funktion aus den voran-
gehenden. Die zweite Figur ist noch gar nicht zu sehen, während
sich die erste schon in die betreffende Richtung bewegt. Es ist
also eine Art Vorwirkung des Erregungsvorgangs anzunehmen, eine
elektrotonische Affizierung der Bahn, welcher die Erregungswelle
selbst relativ lingsam folgt. Es ist nun vorstellbar, daß die
Vor-
wirkung ein Vorgang ohne PvSE123.2Erlebniskorrelat?
ist, welcher aber mit
anderen Erregungswellen unterwegs zum Zentrum in Wechsel-
wirkung treten kann. Diese Wechselwirkung erfolgt nach den Ge-
setzen der Ökonomie, so daß die größtmögliche
Angleichung der
aufeinanderfolgenden Vorgangsmomente aneinander gesichert
wird: der zweite Vorgang wird aus dem ersten unter vorbereiten-
der Anziehung seiner Vorwirkung stetig ausgebildet. Die erste Er-
regung wird am kräftigsten dann angezogen, wenn die Vorwirkung
des zweiten Reizes im Zentrum angelangt ist, bevor die erste Er-
regung dorthin kommt. Dann ist auch eine phänomenale Ver-
kürzung der Bahn festzustellen. ..."
S. 131: "Die verschiedenen Leistungen unserer
Sinnestätigkeit scheinen
auf quantitativen Bedingungen zu beruhen. Mit abnehmenden
S c h w e l l e n wird die Empfindlichkeit gesteigert, was qualitativ
neuartige Eindrücke ermöglicht. Dicht liegende Sinnespunkte
lassen ganz andere Eigenschaften erkennen als die weiter aus-
einander zerstreuten. Eine rauhe Fläche wird mit der Rückenhaut
glatt empfunden, während die Fingerspitzen die Oberflächen-
struktur wahrnehmen. Somit ist also die sachliche Wahrnehmung
von den bekannten Raumschwellen abhängig. Die Sehschärfe
hängt
vom Auflösungsvermögen des Auges ab. Auch gibt es andere
Schwellenwertänderungen, die zu qualitativ abweichenden PvSE131Sinnes-
erlebnissen1 führen,
vor allem die Intensitätsschwellen, die, wenn
niedrig, Abstufungen erkennen lassen, wo sonst mit höheren Schwel-
len Gleichförmigkeit erscheint. Die wichtigste Zeitschwelle erscheint
in der viel untersuchten Chronaxie. Mit diesem Begriff wird die Zeit-
dauer bezeichnet, die nötig ist, um einen Reiz von der doppelten
Intensität des schwächsten überhaupt wahrnehmbaren Reizes
zu
rezipieren. ..."
S. 133: "... Mit dem Wahrnehmen der Außenvorgänge geht das
PvSE133Erlebnis1L
der
kontinuierlichen Konstanz des Subjektes einher. Die Erkenntnis
der Außenwelt und des eigenen Ich (die sich beim Kleinkinde
allmählich differenziert) sind korrelative Erscheinungen, die
sich
in den Einzelheiten der Dingkonstanz im wechselnden Medium
wiederholen. Das sind Folgen der allgemeinen Tendenz zur .,bes-
seren" Gliederung: das allzu komplizierte Flächenbild schlägt
in
die Tiefe um, und ebenso wird ein überreiches Muster an Sinnes-
flächenmodifikationen als Verlaufsmannigfaltigkeit außerhalb
der
Körperfläche wahrgenommen."
S. 280: "... Die gründlichste Erforschung der Aus-
drucksbewegungen verdanken wir Klages. Er meint, daß auch die
willkürlichen Bewegungen Ausdruckscharakter tragen, da sie doch
auf die seelisch-impulsiven aufbauen. Er unterscheidet die Artung
und die Antriebsform. Jede ausdrückende Körperbewegung ver-
wirklicht das PvSE280Antriebserlebnis
des in ihr ausgedrückten Gefühls.
..."
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korrigiert: 09.12.2022 irs Ergänzungen korrigiert und gelesen / 07.12.2022 irs Rechtschreibprüfung und gelesen