Methodenkritische Erst-Analyse "vorläufige, wissenschaftlich begründete psychiatrische Stellungnahme" durch Prof. Dr. Ne vom 23.7.2014 über Gustl F. Mollath im Wiederaufnahmeverfahren
Rudolf
Sponsel, Erlangen
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0 Einführung in die(se) methodenkritische Analyse. Gang durch gutachtliche
Stellungnahme Prof. Dr. Nes.
Einzelthemen und Spezialuntersuchungen.
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Gang
durch gutachtliche Stellungnahme Prof. Dr. Nes
Linke Spalte Zitate aus der Stellungnahme, rechte Spalte methodenkritische
Beurteilung.
01 Die Beweisfragen
"Auf Ersuchen des Landgerichts Regensburg vom 24.02.2014 gebe ich die nachfolgende vorläufige, wissenschaftlich begründete PSYCHIATRISCHE STELLUNGNAHME über
Die Stellungnahme stützt sich in der Beurteilung auf die Kenntnis der übersandten Aktenunterlagen sowie auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 7.7.2014 bis 23.7.2014. Gemäß Auftrag des Landgerichts Regensburg vom 24.02.2014 soll die Stellungnahme der Vorbereitung eines mündlichen Gutachtens zu der Frage dienen, ob bei Herrn Mollath die Voraussetzungen für aufgehobene oder verminderte Schuld- fähigkeit gemäß der §§20 und 21 StGB bezüglich der in der Anklageschrift vom 23.05.2003 Herrn Mollath zur Last gelegten Taten besteht und ob die Voraussetzung für die Unterbringung nach § 63 StGB vorliegen." |
RS01 Für die "Psychiatrische
Stellungnahme" gelten nach diesen Beweisfragen sowohl die Mindestanforderungen
für Schuldfähigkeits-
als auch für Prognosegutachten._
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02
Rekonstruiertes Inhaltsverzeichnis nach der Vorlage
A. Aktenlage S. 3
B. Zusammenfassung und Beurteilung S. 83
2. Zusammenfassende Beurteilung der
[Risiko zum jetzigen Zeitpunkt ...
S. 111]
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RS02 Zum rekonstruierten
Inhaltsverzeichnis
Prof. Dr. Ne hat den Teil A. (Aktenlage) seines Gutachtens am 24.7.14 nicht ausgegeben. Im ausgegebenen Teil liegt leider kein Inhaltsverzeichnis vor, so dass ich ein solches aus dem Text rekonstruiere. Zwischenüberschriften in eckigen Klammern [] sind von mir zur besseren Strukturierung eingefügt. Mir liegt folgende Ausgabeversion zur Analyse vor:
"1.11 Klare und übersichtliche Gliederung." Zur Übersichtlichkeit, Gliederung und damit zur Nachvollziehbarkeit führen die Mindestanforderungen für Prognosegutachten aus: "1.11
Klare und übersichtliche Gliederung."
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03 "1. Vorbemerkungen
Bevor ich zu diagnostischen Schlussfolgerungen kommen werde, möchte ich einige Vorbemerkungen machen." 03.1 Nicht
psychiatrisch exploriert "Herr Mollath ist bislang zu den hier relevanten
Fragen noch nicht psychiatrisch exploriert worden, weil er die Mitwirkung
bei psychiatrischen Untersuchungen, die dieser Frage nachgingen, abgelehnt
hat. "
03.3 Der
Verdacht als Generalprinzip
03.5 Last bei nicht ausräumbaren Zweifeln
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RS03 Hier wäre es gut gewesen, dem Gericht
genau zu erläutern, wie Psychodiagnostik
nach ICD-10 abläuft. Eine solche Transparenz scheint Prof. Dr.
Ne entbehrlich.
RS03.1 Das ist falsch. Prof. Dr. Pfäfflin hatte die
Möglichkeit Befinden und Verfassung zu den 10
Tatzeitpunkten zu explorieren, aber er hat diese Möglichkeit
nicht genutzt, wie er auch sonst fatale Untersuchungsfehler
begangen hat, die Prof. Ne mit keinem Wort erwähnt.
in der psychiatrischen Diagnostik sich tagtäglich ereignen. Die meisten forensischen PsychiaterInnen sind z.B. unfähig, eine Persönlichkeitsstörung nach den Regeln des ICD-10 ordentlich zu diagnostizieren. Viele kennen sie gar nicht. Und die sie kennen, können es oft nicht. sondern als Beurteilungsbasis, Entlastung von positiver Beweispflicht. RS03.4 Das sollte elementare, selbstverständliche und allenthalben gepflegte Praxis sein. Aber dies widerspricht natürlich dem Neschen Verdachtsprinzip. Denn einem Verdacht ermangelt es natürlich an der Begründung. _ _ _ _ _
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05 Vorbemerkung c)
Zur Phänomenologie und Psychopathologie des Wahnes S. 88:
05.1 "Die dritte Vorbemerkung geht auf die Phänomenologie und Psychopathologie des Wahnes ein, der in den Vorgutachten eine wesentliche Rolle gespielt hat. Vereinfachend kann man den Wahn als Privatrealität bezeichnen, die keiner äußeren Bestätigung bedarf und mit erfahrungsunabhängiger Gewissheit vertreten wird. Das Krankhafte am Wahn ist nicht sein Inhalt — dieser wird häufig aus dem Leben und Erleben des Betroffenen verständlich —, sondern die Abgehobenheit von der Wirklichkeitserfahrung der Mitmenschen. ..." 05.2, S. 90 "Entscheidend für die diagnostische Festlegung ist jedoch, wie der Betreffende mit seinen Vorstellungen argumentiert und nicht, dass er solche Vorstellungen einmal äußert. Manche fehlerhaften oder irrtümlichen Vorstellungen werden von den meisten Menschen geäußert, sie werden aber bei Konfrontation mit gegenteiligen Argumenten revidiert und als Irrtum erkannt. Insofern ist für die sichere Diagnose einer Wahnkrankheit die Beobachtung der Argumentation erforderlich, weil erst dann erkennbar wird, ob der Betroffene sein „geschlossenes Wahnsystem" verlassen kann oder nicht (Spitzer 1989: Was ist der Wahn? Untersuchung zum Wahnproblem, Springer-Verlag, Berlin)." |
RS05 Bemerkenswert an dieser Stelle ist, dass
eine Wahn-Definition nicht erfolgt, nur vage Umschreibungen.
Eine Wahn-Definition hat die Psychiatrie nämlich in den letzten 200
Jahren nicht zustande gebracht.
RS05.1 Und natürlich ist der Wahn oft auch aufgrund seines Inhaltes erkenntlich, wenn sich z.B. jemand für Napoleon oder für die Tochter Hitlers hält. Was ist abgehoben von der Wirklichkeitserfahrung der Mitmenschen, von Schwarzgeldschiebereien der Banken auszugehen, noch dazu dann, wenn unmittelbare Daten, Fakten und belegbare Erfahrungen prüfbar genannt werden? Betroffene oder Verwickelte werden im Erkenntnisverfahren diese Wirklichkeitserfahrung in aller Regel nicht teilen. Also ein absurdes Kriterium. RS05.2 Für eine wissenschaftlich begründete psychiatrische Stellungnahme wäre es wünschenswert, dass bei Zitaten Seite und Inhalt angegeben wird. "Geschlossenes Wahnsystem" wird weder erläutert, noch belegt. _ _ _ _ _ _ __ _ |
08 Chronologie der
Ereignisse: [Auseinandersetzungen mit der Ehefrau S. 94]
"Hierzu soll zunächst die Chronologie der Ereignisse zusammengefasst werden, und es soll dann das Wissen über die Persönlichkeit und die Reaktionsweisen des Herrn Mollath dargestellt werden, sofern sie sich aus den bisherigen Aktenunterlagen ergeben. Dabei wird berücksichtigt, welcher Kenntnisstand zu welchem Entscheidungszeitpunkt den jeweiligen klinischen Entscheidungsträgern vorlag." |
RS08 Um die Bearbeitung der oben genannten vier Aufgaben
leisten zu können, wendet sich N. nun der Chronologie
der Ereignisse zu, wobei aufgrund der amorphen
Struktur des Gutachtens unklar bleibt, wo diese aufhören.
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11 Chronologie der
Ereignisse: [Auftrag GA Dr. Lip S. 95]
"In Folge dieses Zeugnisses und der Angaben von Frau Mollath wurde bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht ein psychiatrisches Gutachten im Hinblick auf die §§ 20 und 21 StGB bei dem Psychiater Thomas Lip in Auftrag gegeben. Herr Mollath mutmaßte daraufhin in einem Schreiben vom 26.09.2003, dass man ihn „in der Psychiatrie verstecken" wolle, um ihn „mit allen Mitteln mundtot zu machen", da er „die größte Schwarzgeldverschiebung in die Schweiz aufdecken" wolle (B190 d.A. 802 Js 4743/03). Die vom beauftragten Gutachter, Herrn Lip, anberaumten Termine am 29.12.2003 und am 23.01.2004 nahm Herr Mollath nicht wahr." |
RS11 N. bestätigt also, dass das "Attest" Dr.
Krach der Anfang der Psychiatrisierung war. Mit diesem Attest - und der
Anzeige von Frau Mollath in Berlin - wurde die gesamte weitere Psychiatrisierung
gebahnt.
Die "Mutmaßung" Mollaths, dass man ihn in der Psychiatrie verstecken wolle, hat sich, wie wir nun alle wissen, 7,5 Jahre lang bewahrheitet. "„die größte Schwarzgeldverschiebung in die Schweiz aufdecken" kann man als Angeben oder Übertreiben bewerten, aber eine Größenidee, geschweige denn einen Größenwahn kann man daraus sicher nicht diagnostizieren._ _ __ |
13 Chronologie der
Ereignisse: [Dr. Lip vermutet Psychose S. 95]
"Der damals im Gericht anwesende Sachverständige Herr Lip vermutete eine Psychose und wegen fehlender Krankheitseinsicht eine mögliche Gefahr für unbeteiligte Dritte. Er empfahl die Einholung eines Gutachtens aufgrund einer stationären Beobachtung." |
RS13 Die Problematik einer Einweisung nach StPO
81 bleibt ebenso unerwähnt wie der Widerspruch, dass die
Diagnose fehlende Krankheitseinsicht ohne persönliche Untersuchung
und Exploration nicht möglich ist. Vermutungen aufgrund einseitiger
Informationen und eines Eindrucks genügen.
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14 Chronologie der
Ereignisse: [Duraplus
Ordner und Schwarzgeld S. 95]
"In verschiedenen Schreiben und „Dokumentationen", die sich sowohl in einem Duraplusordner befanden, der am 25.09.2003 dem Amtsgericht Nürnberg übergeben wurde, als auch in Schreiben, die Herr Mollath an verschiedene Gerichtsbeteiligte und andere Persönlichkeiten gesandt hatte, stellte Herr Mollath unter anderem die Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz, Steuerhinterziehungen und Machenschaften des Konzerns der Familie Diehl, der Waffenhersteller sei, dar. Er äußerte Vermutungen, dass Politiker von diesen Machenschaften wüssten und sie tolerierten. Er betonte, dass er, Herr Mollath, diese [> 96] Machenschaften ablehne und sie unterbinden wolle und dass er seine Frau gebeten und bedrängt habe, von den illegalen Bankgeschäften, durch welche diese Machenschaften unterstützt würden, Abstand zu nehmen. Seine Frau habe sich geweigert, ihre Tätigkeit bei der Bank in Frage zu stellen. Es sei deswegen zur Ehekrise und zu Auseinandersetzungen gekommen. Er beklagte auch, dass er vor Gericht kein Gehör finde, seine Briefe nicht beantwortet und seine Anzeigen nicht bearbeitet würden." |
RS14 Unerwähnt bleibt, wie der "Duraplusordner"
entstanden ist, nämlich einen Tag vor der Hauptverhandlung. Mollath
hatte also wenig Zeit. Die ersten 8 Seiten umfassen Autobiographisches
unter dem Titel "was mich prägte", der Anhang enthält Belege
für seine Entwicklung, Aktivitäten und sein Weltbild. _
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19 Chronologie der
Ereignisse: [Erklärung der auffälligen Verhaltensweisen S. 98]
"Diese auffälligen Verhaltensweisen bedürfen einer psychiatrischen Erklärung; sie lassen, für sich genommen, jedoch keine Diagnose zu. Auch das ausgeprägte Misstrauen und die Verweigerungs- haltung bezüglich der Kooperation mit den Sachverständigen ist allein kein untrügliches Kennzeichen für irgendeine psychiatrische Erkrankung, sondern kann durchaus auch Folge einer Verbitterung eines Menschen sein, der keinen psychischen Leidensdruck verspürt und sich zu Unrecht der Psychiatrie ausgeliefert fühlt und sich mit den ihm zur Verfügung stehenden Kräften gegen eine Einweisung und Unterbringung wehrt. Für einen Psychiater wirkt die Situation jedoch dann pathologisch, wenn sich das Denken des Betroffenen in einem geschlossenen System bewegt, in dem alle Erlebnisse, Vorkommnisse und Verhaltensweisen der Umwelt mit Hilfe dieses Systems erklärt werden. Entscheidend ist somit für die damalige Diagnose aus retrospektiver Sicht nicht, dass Herr Mollath Geldverschiebungen seiner Frau in die Schweiz behauptete oder dass sie die HypoVereinsbank, ihren Arbeitgeber, hinterging, sondern dass diese "Geldverschiebungs- machenschaften" und deren Verdeckung und Vertuschung nahezu alle Ereignisse, die Herrn Mollath widerfuhren, erklären konnten und dass er für andere Erklärungsmodelle praktisch nicht zugänglich war. Dies wird sehr deutlich im Umgang mit [>99] der Befangenheitsanzeige des Herrn Dr. W. Zweifelsohne kann ein Gespräch mit einem befreundeten Nachbarn über einen zu Begutachtenden dann den Verdacht der Befangenheit begründen, wenn der Nachbar dem Gutachter zuvor seine Einstellung und sein Wissen über diesen Menschen mitgeteilt hat. Es ist sicher auch nicht ganz geschickt von einem Psychiater, der mit der Begutachtung beauftragt ist, den Eindruck zu vermitteln er wolle seinen Auftrag auf Fakten beschränken zu wollen, über die vorher mit dem Nachbarn nicht gesprochen wurde, wie Herr Dr. W. dies in seinen Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft Regensburg am 11.03.2012 angab. Gleichwohl ist es — zumindest wenn man den Aussagen des Herrn Dr. Wörthmüller folgt — falsch und widersinnig, dass Herr Mollath später erklärte, dass er die enge Beziehung des Dr. Wörthmüller zu seinem Nachbarn, Herrn R., aufgedeckt habe, zumal sich Herr Mollath und Herr Wörthmüller offensichtlich zufällig getroffen haben und Herr Mollath sich nach dem Haus von Herrn R. erkundigt hatte. ..." |
RS19 Es muss gewiss auch keine "Verbitterung" vorliegen,
um sich psychiatrischen Sachverständigen nicht auszuliefern. Man kann
hier sogar von einem sehr gesunden Instinkt sprechen, denn das man dieser
Zunft nicht trauen kann, hat Mollaths 7.5 Jahre Psychiatrieerfahrung mehr
als bewiesen. Hinzu kommt natürlich, dass korrekte Aufklärung,
echte Explorations-Kompetenz oder gar Vertrauen Fremdworte im Alltagsgeschäft
der forensischen Psychiatrie sind.
Prof. Dr. Ne hat es - wie fast alle seine KollegInnen auch - nicht für nötig befunden, Gustl F. Mollath am 1. Verhandlungstag aufzuklären. Ich habe jedenfalls nichts in seinem Gutachten darüber vernommen und auch der Berichterstattung nichts Entsprechendes entnehmen können. Worin das "geschlossene System" Mollaths bestanden haben soll, wird weder erklärt noch belegt und abgeleitet. Es wird - wie so vieles in dieser Zunft - gemeint. Werden tatsächlich "Alle Erlebnisse, Vorkommnisse und Verhaltensweisen der Umwelt mit Hilfe dieses Systems erklärt"? Hier wird wieder meinend verschmiert. Und es geht so weiter: "nahezu alle Ereignisse"? Wie viele Ereignisse hat es zwischen 2000 und 2005 gegeben? Nehmen wir die 12 Lichtstunden des Tages als 12 Ereignisse, so wären es 21 900. Wie viele Ereignisse liegen der statistischen Verallgemeinerung Prof. Dr. Nes zu Grunde? Für welche der 21 900 Ereignisse war er einem anderen Erklärungsmodell
nicht zugänglich? Hier wird frei herum-
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21 Chronologie der
Ereignisse: [Voraussetzungen für eine Wahndiagnose S. 100]
"Es kann aber rückblickend nicht entschieden werden, ob diese Initiativen der Ehefrau aus deren berechtigter Angst entstanden oder ob sie im Sinne eines konzertierten Intrigenspiels aus einer länger bestehenden und zunehmend dramatischeren ehelichen Streitigkeit hervorgingen, welche die Trennung beschleunigen und den Mann übervorteilen sollten. Tatsächlich wäre es auch damals eine denkbare diagnostische Äußerung von Ärzten und Gutachtern gewesen, zu sagen, 'wenn man von den Angaben der Ehefrau ausgehe, dann fehle der Realitätsbezug des Denkens von Herrn Mollath'. Unter diesen Voraussetzungen ist dann im Zusammenhang mit dem beschriebenen auffälligen Verhalten und der Integration zufälliger Ereignisse in ein unkorrigierbares Denkgebäude die Diagnose eines Wahnes gerechtfertigt." |
RS21 Wieso sollte ein ernsthafter und kompetenter
Psychopathologe von solch einer Hypothese ausgehen? Warum sollte er nicht,
wie es üblich, geboten und vernünftig ist, auch Alternativhypothesen
einbeziehen? Erst recht, wenn man bedenkt, dass hypothesengeleitetes
Vorgehen längst schon in der Rechtsprechung verankert ist.
Die einfache Annahme "unkorrigierbar" ist niemals gerechtfertigt, sie ist zu zeigen. Allein schon deshalb, weil es ein notwendiges Kriterium für einen Wahn ist. Kein einziger Gutachter hat auch nur Anstalten gemacht, das Kriterium der Unkorrigierbarkeit bei Mollath zu begründen. _ _ _ _ |
22 Chronologie der
Ereignisse: [Falls man die Ehefrau-Aussagen weglässt ... S.
100]
"Wenn man jedoch die Aussagen der Ehefrau beiseite lässt und sich allein auf das selbst beobachtete und von weitgehend Unbeteiligten beobachtete Verhalten bezieht, so kann der Verdacht eines Wahnes nicht ausgeschlossen, aber auch nicht bestätigt werden. Zu einer genauen diagnostischen Festlegung hätte es der ausführlichen Exploration bedurft, wie das in der Vorbemerkung unter Pkt. 1. c) begründet wurde. Diese Exploration war jedoch nicht möglich, so dass ein Gutachter zum damaligen Zeitpunkt vor dem Dilemma stand, welches in der ersten Vorbemerkung dargestellt wurde." |
RS22 "Nicht
ausgeschlossen" ist ein Rechtsbegriff. In den muss ein Gutachter von
Format nicht flüchten. _
Es gibt auch kein forensisch-psychopathologisches Dilemma, wenn man nichts weiß, denn dann kann man schlicht und einfach nichts sagen, also erst recht auch nicht gutachten. _ _ _ __ _ _ _ |
23 Chronologie der
Ereignisse: [Dr. Leip, wie er selbst, hatte Verhaltensbeobachtungen
... S. 100]
"Herrn Dr. Leip als Erstgutachter standen ebenso wie dem Unterzeichner allerdings Verhaltensbeobachtungen zur Verfügung sowie gewisse Aussagen, die Herr Mollath entweder schriftlich machte oder die er gegenüber anderen Personen abgab, ..." |
RS23 Aus Verhaltensbeobachtungen lässt sich nicht auf das Befinden zu den 10 Tatzeitpunkte zum Teil mehrere Jahre vorher schließen. Deshalb macht der § 81 StPO auch gar keinen Sinn, wenn der Beschuldigte oder Angeklagte nicht mitzuwirken bereit ist. Das hat das BVerfG schon 2001 festgestellt, ein Beschluss, der in den Standardwerken der forensischen Psychiatrie unterdrückt wird. Warum wohl? |
26 Chronologie der
Ereignisse: [Rekonstruktion aufgrund Prof. Pfäfflins und Dr.
Simmerls psychopathologischer
Persönlichkeitsbefund S. 100]
"Aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen wurde von den Gutachtern einschließlich Prof. Pfäfflin und Dr. Simmerl ein nachvollziehbarer psychopathologischer Persönlichkeitsbefund rekonstruiert, aus dem abzulesen ist, dass sich Herr Mollath als rechtschaffenen Menschen sah, [>101] der sich seinem Gewissen verpflichtet fühlte und Gerechtigkeit, bzw. das, was er selber darunter verstand, kompromisslos, mit Rigidität und Übernachhaltigkeit verfolgte." [Fortsetzung Persönlichkeitsbefund S. 101] |
RS26 Es ist falsch, dass Dr.
Simmerl einen psychopathologischen Persönlichkeitsbefund abgegeben
hat ("am ehesten"). Und es ist falsch, die zahlreichen fatalen Fehler
Prof. Dr. Pfäfflins einfach zu ignorieren.
All die hier aufgezählten Merkmale erfüllen kein einziges Kriterium eines "psychopathologischen Persönlichkeitsbefundes". Und sie werden von Prof. Dr. Ne auch nicht gezeigt, obwohl es nach den Regeln des ICD-10, wenn man sie denn kennt und kann, ein Leichtes wäre, dies zu zeigen. _ _ _ _ |
27 Chronologie der
Ereignisse: [Dr. Simmerls Einschätzung S. 101] [N. findet diese
Kennzeichnungen wieder S. 101]
"Eine vergleichbare Persönlichkeitsbeschreibung findet sich bei Herrn Dr. Simmerl in seinem Gutachten vom 26.09.2007. Herr Dr. Simmerl schrieb: „Die unflexible, absolut auf Gerechtigkeit beharrende und rechthaberische Grundhaltung des Betroffenen hat zu sich zuspitzenden Konsequenzen und Eskalationen geführt". Aufgrund dieser Beschreibung und weiterer persönlicher Eindrücke charakterisierte Herr Dr. Simmerl Herrn Mollath als auffällige Grundpersönlichkeit mit fanatisch-querulatorischen Zügen. Er ging diagnostisch von einer Persönlichkeitsstörung aus, wobei die Zuordnung F60.0 als ICD-Diagnose den Titel trägt: „paranoide Persönlichkeit". Ohne dass sich der Unterzeichner diese Diagnose von vorneherein zu eigen macht, lässt sich in den Schreiben von Herrn Mollath die beschriebene Persönlichkeitscharakteristik durchaus wiederfinden, namentlich Rigidität, mangelnde Flexibilität, Übernachhaltigkeit, Selbstüberschätzung, Beharren auf einer subjektiven Auffassung von Gerechtigkeit. Die mangelnde Flexibilität, die sich [>102] auch bei seinen Befragungen in der jetzigen Hauptverhandlung zeigte, und auch zum Teil die Selbstüberschätzung wird in den verschiedenen Briefen, die sich mit erbetenen Wechseln von Anwälten, von denen sich Herr Mollath nicht genügend betreut, versorgt oder aufgeklärt fühlt und die nicht in seinem Sinne vor Gericht agierten, so auch jetzt in der Hauptverhandlung nachvollziehen." |
RS27 Warum lässt Prof. Dr. Ne die wichtige
vorausgehende Ausführung (S. 36 Dr. Simmerl GA) weg?:
"Bei Schilderung der Vorgeschichte finden sich nach Meinung des Unterzeichners
eher Hinweise für eine auffällige Grundpersönlichkeit des
Betroffenen mit fanatisch-querulatorischen Zügen. In diesem Zusammenhang
wären die Überzeugungen des Betroffenen am ehesten als sich immer
weiter zuspitzende „überwertige Idee" einzustufen.
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30 Chronologie der
Ereignisse: [Zur Differentialdiagnose Exploration nötig S. 103]
"Es entspricht dem Erfahrungswissen des Unterzeichners, dass Menschen in besonders bedrohlichen Situationen und in emotionalen Krisensituationen übermäßig misstrauisch, ängstlich und verzweifelt sind und Befürchtungen äußern, die der Realität nicht entsprechen. Sie sind dann, wenn die Ausnahmesituation abgeklungen ist, wieder in der Lage, die Umstände realitätsgerecht wahrzunehmen und zu interpretieren und frühere Fehleinschätzungen zu revidieren. Um dies jedoch beurteilen zu können, bedarf es der Exploration und der unter Pkt. 1. c) der Vorbemerkungen beschriebenen Auseinandersetzung mit der Argumentation des Betroffenen. Solange diese Exploration und die Überprüfung der Argumentation nicht erfolgt, kann eine fundierte Einschätzung der Überzeugungen eines Menschen und der Grundlagen, auf welchen die Überzeugungen basieren, nicht erfolgen. Es bleibt dann für den Gutachter die Charakterisierung der Persönlichkeit, soweit dies möglich ist, und die Aufgabe, die psychopathologischen Facetten der Fehlüberzeugungen zu interpretieren." |
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_ RS30 Es ist zwar richtig, dass die Exploration eine im Regelfall notwendige Bedingung für die Beurteilung eines Wahnes ist, aber nicht unbedingt eine hinreichende. "Interpretieren" genügt nicht, schon gar nicht "Facetten". Der BGH verlangt Diagnosesicherheit und keine Spekulationen, keine hypothetischen Vermutungen und keine Phantasien. _ _ _ _ __ _ _ _ _ _ _ __ _ |
31 Chronologie der
Ereignisse: Wahnhypothese Berufung auf Kretschmer sensitiven Beziehungswahn,
S. 103:
"Aus Sicht des Unterzeichners ist es nachvollziehbar, dass die Diagnose einer wahnhaften Störungen deshalb ernsthaft erwogen werden muss, weil die Persönlichkeit von Herrn Mollath, soweit sie sich dem lediglich beobachtenden und nicht explorierenden Fachmann erschließt, jene Persönlichkeitszüge enthält, die nach Kretschmer solche Persönlichkeiten kennzeichnen, die in besonderen Belastungssituationen wahnhafte Störungen entwickeln, und weil die Überzeugungen, in die sich Herr Mollath nach eigenen Worten „verrannt" hat, mit der Realität nicht mehr in Einklang zu bringen waren. " |
RS31 Der Bezug auf Kretschmer erfolgt nur global,
weder Seite noch Inhalt
des umfangreichen Werkes werden belegt (womit er leider dem Hochstaplerzitierstil
der Psychologen folgt). Was Kretschmer hier genau beschreibt wird nicht
gesagt. In wie vielen Fällen die Vermutung gilt auch nicht. Aber es
wird Mollath mit Kretschmers sensitiven Beziehungswahn verschmiert.
Die hypothetische Diagnose einer wahnhaften Störung muss ernsthaft erwogen werden? Ja und: was folgt denn aus einer "ernsthaften Erwägung"? Was folgt aus einer Hypothese? Die Aufforderung, sie zu bestätigen oder zu widerlegen oder ein non liquet zu akzeptieren, wie es so oft in der Forensik vorliegt. _ |
34 Chronologie der
Ereignisse: [Diagnose von ausschlaggebender Bedeutung S. 104]
"Für die klinisch-psychiatrische Beurteilung Herrn Mollath ist die Diagnose von ausschlaggebender Bedeutung. Für die forensisch-psychiatrische Einschätzung ist jedoch zudem die Frage ausschlaggebend, inwieweit sich die tatsächliche oder angenommene Störung auf folgende Aspekte ausgewirkt hat: 1. auf das strafrechtlich relevante Verhalten, 2. auf sein Verständnis von Recht und Unrecht im Sinne der Einsichtsfähigkeit und 3. auf seine Fähigkeit, sein eigenes Verhalten zu kontrollieren," |
RS34 Ja, genau das sind die relevanten Beweisfragen,
die von keinem Gutachter auch nur annähernd angemessen bearbeitet
und beantwortet wurden.
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35 Chronologie der
Ereignisse: [Abgrenzung gegen Prof. Kröber S. 104] [Steuerungsunfähigkeit
beim deliktischen Handeln nicht nachvollziehbar S. 105]
35.1 "Der Unterzeichner teilt die Auffassung
von Herrn Prof. Kröber nicht, der in seinem Gutachten geschrieben
hat: „Man
35.2 [Zusammenhang zwischen Wahn und Handlungen wäre
zu zeigen S. 105]
35.3 [Vergleichende Überlegungen auch für das Reifenaufstechen
erforderlich S. 106]
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_ _ __ RS35.1 Prof. Dr. Kröber hat zwar ein reines Meinungsachten ohne jede Substanz über Gustl F. Mollath vorgelegt, aber die Kritik seiner Position erscheint hier trotzdem falsch, wenn Kröber als wahr unterstellt, dass die Straftaten aufgrund einer wahnhaften Störung erfolgten. Das Problem ist ja im Allgemeinen wie auch im Besonderen, den Kausalzusammenhang zwischen Wahn und Straftat zu belegen, zu begründen und zu zeigen. Das Kröber'sche Zitat unterstellt dies hier ja als wahr. Daher hilft hier auch die Berufung auf Hoff nicht so recht weiter, obgleich es natürlich sehr zu begrüßen ist, wenn die eine oder andere ForensikerIn, die BGH-Erfordernisse der Psychodiagnostik allmählich zur Kenntnis nimmt. Das ist in Deutschland gar nicht so leicht, weil in vielen forensischen Psychiater-Hirnen immer noch die unselige Kurt Schneider Doktrin aus 1948 herumspukt. Hierunter leidet die Psycho- pathologie der Einsichtsfähigkeit bis heute. Und schon deshalb ist die forensische Psychiatrie in Sachen Einsichtsfähigkeit meist keine gute Adresse. Ohnehin fehlen den meisten wichtige psychologische Kompetenzen: z.B. in Entwicklungspsychologie, in differentieller Psychologie der Persönlichkeit, Sozialpsycho- logie, Exploration und allgemeine aussagepsychologische Kenntnisse. _ RS35.2 Dem ist voll zuzustimmen. Das ist
die Aufgabe, die bei Gustl F. Mollath kein einziger Gutachter zu leisten
vermochte,
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36 [Zusammenfassend
ist
festzustellen 1. Von allen Gutachtern werden auffällige ...S. 106]
"Bei Herrn Mollath werden von allen Gutachtern, die im Auftrag von Staatsanwaltschaften und Gerichten mit ihm befasst waren, auffällige Per- [>107] sönlichkeitszüge attestiert, namentlich Rigidität, Übernachhaltigkeit, Kompromisslosigkeit, Rechthaberei, übermäßiger Gerechtigkeitssinn in subjektiv verstandener Weise und Selbstüberschätzung, Phänomene, die auch in der Hauptverhandlung beobachtet werden konnten. Zudem ist aus dem beschriebenen Verhalten, auch gegenüber den Mitpatienten in der forensischen Psychiatrie, eine egozentrische, die Bedürfnisse von Mitpatienten ignorierende Weltsicht abzuleiten, die von den Ärzten zwar immer beschrieben, in den Anhörungen der Strafvollstreckungskammern thematisiert, aber nicht so benannt wurde. Ob aus diesen Persönlichkeitsauffälligkeiten die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung abgeleitet werden kann, ist ohne die Erschließung weiterer Erkenntnisquellen nicht zu sagen. Herr Mollath hat bis zu seinem Rechtsstreit in den 90er Jahren offensichtlich eine weitgehend unauffällige Entwicklung genommen; er hat durch den Rechtsstreit nach eigener Darstellung das Vertrauen in die Justiz verloren, und er ist erst seither mit dem auffällig geworden, was Herr Simmerl als querulatorisch-fanatische Züge bezeichnet hat. Die in diesem Begriff enthaltene missionarische Einstellung, mit der Herr Mollath andere von seiner Weltsicht überzeugen wollte, ist auch seinen Schriftstücken zu entnehmen. Allein aus diesem Querschnittsbefund ist die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht abzuleiten. Ob Herr Mollath bereits vor dieser Zeit, also vor einem Alter von ca. 45-55 Jahren auffällig war, ist den in den zur Verfügung stehenden Information nicht zu entnehmen. Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung erfordert jedoch einen Beginn der Auffälligkeiten in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter. Ob dies der Fall war, lässt sich jedoch ohne Exploration und ohne fundiertere Kenntnis von Herrn Mollath nicht feststellen. Deshalb ist zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem jetzigen Wissen die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht zu begründen - aber auch nicht auszuschließen." |
RS36.1 Das stimmt so nicht ganz, aber vielleicht
in der Tendenz. Hier handelt sich um akzentuierte Persönlichkeitszüge,
die sich aber in einem ganz spezifischen Kontext zeigen, nämlich
angesichts fundamentaler Unrechtserfahrung mit dem Rücken zur Wand im Überlebenskampf. Es könnte sein, dass ihm genau diese akzentuierten Persönlichkeitszüge das Leben gerettet haben. RS36.2 Die Missachtung der Belange der Mitpatienten wäre zu belegen. Ich hoffe, N. meint nicht die Kernseife gegen Mollaths Allergien. Der Kampf der Bayreuther Forensik gegen Mollaths Kernseifenanliegen erscheint ja heute noch filmreif. RS36.3 Wenn Herr Mollath bis zu seinem
Rechtsstreit in den 1990er Jahren eine weitgehend unauffällige Entwicklung
genommen hat, dann kann er nach den ICD-10 Regeln zu den Persönlichkeitsstörungen,
allgemeine Kriterien, hier besonders
Die "querulatorisch-fanatischen Züge" wären genau zu belegen, besonders unter Berücksichtigung des unter RS36.1 Gesagten. Nicht
ausschließen können
ist ein unbestimmter Rechtsbegriff,
den Gutachter nicht freiwillig und ohne Not verwenden sollten, wie Foerster
klar und deutlich begründet hat. Und was nicht ausgeschlossen werden
kann, kann in der Psychodiagnostik, noch dazu, wenn es ums Wegsperren,
womöglich für immer geht, kein Existenzrecht haben. _
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37 [Zusammenfassend
ist
festzustellen [2. Zum Zeitpunkt ... S. 108]
"2. Zum Zeitpunkt der Herrn Mollath vorgeworfenen Taten befand sich Herr Mollath in einer Ausnahmesituation, die psychodynamisch nachvollziehbar zu einer Änderung der Persönlichkeit geführt haben kann. Er hat Überzeugungen gewonnen, die für Außenstehende nicht nachvollziehbar waren, und er hat diese Überzeugungen auf Personen und Situationen übertragen, für die dieses nicht gerechtfertigt war. Er hat Menschen wie u.a. dem Psychiater Herrn Lip und dem Psychiater Herrn Dr. Wörthmüller Positionen unterstellt, die seinen eigenen Vorstellungen und Überzeugungen entsprachen, nicht aber der Realität der betroffenen Personen. Er hat seine eigene politische Wirksamkeit so dargestellt, wie sie nicht der Realität entsprach. Dies in Zusammenhang mit den vorbeschriebenen Persönlichkeitsauffälligkeiten und dem egozentrischen, skurril anmutenden und die Bedürfnisse der Mitpatienten ignorierenden Verhaltensweisen in den psychiatrischen Kliniken lassen die Hypothese einer psychischen Störung durchaus plausibel erscheinen. Deshalb ist die Diagnose einer wahnhaften Störung bei prospektiver Betrachtung nachvollziehbar, selbst wenn bei retrospektiver Betrachtung die Ursprünge, die zu der wahnhaften Entwicklung geführt haben, eine realistische Basis haben und die Überzeugungen auf einer realistischen Grundlage entstanden sind. Allerdings bleibt eine solche diagnostische Einschätzung so lange eine Hypothese, so lange nicht - durch Exploration und Untersuchung - überprüft wurde, ob Herr Mollath in dem geschlossenen System wahnhafter Überzeugungen gedacht und gelebt hat. Wenn das Gericht dieser Hypothese folgt, dann ist die Störung konventionsgemäß dem 4. Merkmal des § 20 StGB zuzuordnen. Wer für die Konsequenzen verantwortlich ist, wenn die Überprüfung einer Krankheitshypothese nicht möglich ist, ist nicht vom Unterzeichner zu beurteilen." |
RS37 Die Diagnose einer Ausnahmesituation ist nachvollziehbar,
wieso sie aber gleich eine Änderung der Persönlichkeit (F62?)
nach sich gezogen haben soll, bleibt unerklärlicherweise völlig
dunkel. Dass die Außenstehenden seine "Überzeugungen" nicht
nachvollziehen konnten - nicht wollten wäre wohl die bessere
Kennzeichnung - ist kein Argument, zumal auch die Belege fehlen. N. unterstellt
hier - formal kein Unterschied zu dem, was man Mollath ankreidet - , dass
Dr. Wörtmüller und Dr. Lip keinerlei Bezug zu dem Steuervermeidungsumfeld
hatten. Ist das jemals geprüft worden? Oder wird das als selbstverständlich
einfach so angenommen? Dann wäre es an dieser Stelle hilfreich, die
Statistik der Gesetzesverstöße durch Ärzte einzubringen
(>
Zur Rechtschaffenheit von Ärzten). Die skurrilen Anmutungen werden nicht belegt, so dass auch ich hier nur vermuten kann, dass N. den einsamen, aber filmreifen Kampf oder Krampf der Bayreuther Forensik_gegen Mollaths Kernseifenanliegen wegen seiner Allergie im Auge hat. Wieso sich daraus "plausibel" eine psychische Störung ergeben soll, wird nicht begründet, sondern gemeint. Und im nächsten Satz wird aus der "Plausibilität" einer psychischen Störung sogleich - schwupp die wupp - eine nachvollziehbare wahnhafte Störung. Was in diesem Zusammenhang "prospektive Betrachtung" heißen soll, bleibt auch dunkel. Aber immerhin: nur eine Hypothese, die nur durch Exploration aufgeklärt werden könnte, was so auch nicht richtig ist, weil die Exploration zwar eine meist notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung ist (> mehr hier). In typisch verschmierter Weise folgt unmittelbar das "geschlossene System", das, wie so oft, nicht erläutert und begründet wird. Wieso eine wahnhafte Störung zum 4. Merkmal - schwere andere seelische Abartigkeit - zugeordnet werden sollte, wird ebenfalls nicht begründet (> wahnhafte Störung). ICD-10 F22.0 gehört ja gerade nicht zur Gruppe der Persönlichkeitsstörungen ICD-10 F60.__ |
38 [Zusammenfassend
ist
festzustellen 3. Forensische Zuordnung ... S. 108]
"3. Die forensische Zuordnung und deren Auswirkung würden aus Sicht des Unterzeichners heute anders erfolgen, als sie im Jahr 2006 erfolgt sind. [>109] Aus meiner Sicht ist es aufgrund der Tatsache, dass eine Rekonstruktion der Motivationskette unmöglich war, weil sich Herr Mollath der Exploration entzog, nicht nachweisbar, dass die möglicherweise vorhandene psychische Störung ausschlaggebend für das Verhalten des Herrn Mollath war. Somit ist die positive Annahme einer erheblich beeinträchtigten oder aufgehobenen Steuerungsfähigkeit nicht zu belegen. Allerdings ist die Annahme einer wahnhaften Störung zum Zeitpunkt der Tat nicht abwegig, zumal auch Herr Mollath davon ausging sich damals "verrannt" zu haben (Gutachten Dr. Simmerl). Deshalb kann eine verminderte oder aufgehobene Steuerungsfähigkeit nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Allerdings lässt sich - auch bei einer Beurteilung im Jahr 2005 - eine solche Annahme aus Sicht des Unterzeichners nur in Bezug auf die Übergriffe auf die Ehefrau rechtfertigen, da hier das Handeln in einem motivationalen Zusammenhang mit den damals vermuteten Falschüberzeugungen stand. Die Annahmen von Herrn Mollath hatten jedoch einen realen Kern, so dass aus heutiger Sicht ein Handeln aus einer wahnhaften Motivation heraus kaum angenommen werden kann. Das Aufstechen von Reifen von Personen, die keinen Bezug zu Herrn Mollath oder dessen Ehefrau hatten, ist motivational kaum auf einen Wahn zurückzuführen. Auch bei Personen, die Herr Mollath als Gegner ansah, wäre eine normalpsychologische Motivation ebenso plausibel wie eine wahnhafte. Insofern bestehen auch bezüglich dieser Deliktserie, wenn sie Herrn Mollath zugeordnet wird, erhebliche Unsicherheiten bezüglich der Motivation, so dass - unter der Voraussetzung, dass das Gericht diese Taten für erwiesen hält - nach dem jetzigen Kenntnisstand die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit zwar nicht ausgeschlossen aber auch nicht positiv angenommen werden können. Wie mit Unsicherheiten bei der Beurteilung umzugehen ist, wenn der Betreffende selber für die Unsicherheiten verantwortlich ist, ist dann eine Aufgabe, über die das Gericht zu entscheiden hat. Eine gutachterliche Be-[>110] urteilung könnte möglicherweise dadurch erreicht werden, indem dem Gutachter hypothetische Vorgaben gemacht werden, von welchem Sachverhalt der Gutachter ausgehen möge. Der Gut- achter selber kann und braucht die Unsicherheiten, die sich in forensischer Hinsicht aus einer Diagnose ergeben, nicht zu klären." |
RS38 Ein wichtige und richtige Aussage: "Aus
meiner Sicht ist es aufgrund der Tatsache, dass eine Rekonstruktion der
Motivationskette unmöglich war, weil sich Herr Mollath der Exploration
entzog, nicht nachweisbar, dass die möglicherweise vorhandene psychische
Störung ausschlaggebend für das Verhalten des Herrn Mollath war.
Somit ist die positive Annahme einer erheblich beeinträchtigten oder
aufgehobenen Steuerungsfähigkeit nicht zu belegen."
"Verrannt haben" ist keine Begründung für eine "wahnhafte Störung". Dann müsste ja jeder, der vorübergehend von einer (subjektiven) Tatsache ausgeht, an einer wahnhaften Störung leiden. Wieder einmal zeigt sich die fatale und unerträgliche Abwesenheit einer gültigen Wahndefinition. Und was hat die Selbsteinsicht mit der Diagnosegüte zu tun ("zumal")? Nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Schon wieder (> 22, 36). Weshalb N. ohne jede Not zu unbestimmten Rechtsbegriffen Zuflucht nimmt, was sein bedeutender Kollege Klaus Foerster (2004, 2009) geradezu vehement ablehnt, verrät ein seltsames Wissenschaftsverständnis, indem minimale Wahrscheinlichkeit völlig unverhältnismäßig zu einer Bedeutung aufgeblasen wird, die sie in der Praxis nicht hat. Was waren denn die "damals vermuteten Falschüberzeugungen"? Widerspruch: Hier legt sich N. fest: Handlungen, die einen realen Kern haben, können nicht auf einen Wahn zurückgeführt werden. In 37 hat er noch ausgeführt: "Deshalb ist die Diagnose einer wahnhaften Störung bei prospektiver Betrachtung nachvollziehbar, selbst wenn bei retrospektiver Betrachtung die Ursprünge, die zu der wahnhaften Entwicklung geführt haben, eine realistische Basis haben und die Überzeugungen auf einer realistischen Grundlage entstanden sind." Unterschiedliche hypothetische Erörterungen kann der Gutachter
jederzeit von selbst erbringen, wenn er sie für erforderlich hält.
Wozu er da einengende Vorgaben des Gerichts brauchen sollte, erschließt
sich mir nicht. Schön aber, dass N. das wichtige methodische Prinzip
hypothesengeleiteten
Vorgehens anspricht.
|
42 [Risiko rückblickend
...
S. 111]
"Rückblickend soll darauf hingewiesen werden, dass für die Gutachter das Gefährdungsrisiko im Verlauf des Maßregelvollzugs dadurch schwer zu beurteilen war, dass seit der Verurteilung jeder Gutachter von dem im Urteil festgehaltenen Sachverhalt ausgehen musste. Die Frage nach einer Prognose nach der Verurteilung ist jedoch im jetzigen Gutachtenauftrag nicht enthalten, so dass hierzu derzeit auch keine Stellung genommen wird." _ _ |
RS42 "Sachverhalt" ist ungenau formuliert. Auszugehen ist bei rechtskräftigem Urteil nur vom Tenor oder der Urteilsformel, nicht aber von dem sonst im Urteilen stehenden Sachverhalten, etwa den Gründen. Daher gingen sämtliche Gutachten bis zum 13. Februar 2007 von falschen Anküpfungstatsachen aus. Denn die Unschuldsvermutung gilt bis zum rechtskräftigen Urteil - das war erst nach der Abweisung der Revision durch den BGH am 13. Februar 2007 der Fall. Die Wirren und Widersprüche der Anknüpfungstatsachen und des Interlokutproblems sollen nicht weiter ausgeführt, nur erwähnt worden sein. _ |
V1(17)
"Für einen Psychiater wirkt die Situation jedoch dann pathologisch,
wenn sich das Denken des Betroffenen in einem geschlossenen
System bewegt, in dem alle Erlebnisse, Vorkommnisse und Verhaltensweisen
der Umwelt mit Hilfe dieses Systems erklärt werden."
_ |
RSV1(17) Hier werden die drei unscharfen Sachverhalte "Denken", "geschlossenen System", "alle Erlebnisse, Vorkommnisse und Verhaltensweisen der Umwelt" miteinandert verschmiert, so dass insgesamt ein hochpatho- logischer Eindruck indiziert wird, der aber auf bloßer Meinung bzw. Behauptung beruht. |
V2(27)
"Aufgrund dieser Beschreibung und weiterer persönlicher Eindrücke
charakterisierte Herr Dr. Simmerl Herrn Mollath als auffällige Grundpersönlichkeit
mit fanatisch-querulatorischen Zügen. Er ging diagnostisch von einer
Persönlichkeitsstörung
aus, wobei die Zuordnung F60.0 als ICD-Diagnose den Titel trägt: „paranoide
Persönlichkeit""
_ _ _ |
RSV2(27)
Tatsächlich sprach Dr. Simmerl nicht von einer
"Grundpersönlichkeit". Er ging auch nicht von einer querula- torisch-fanatischen Persönlichkeitsstörung aus, sondern er sagte, dass für diese Züge eine solche am ehesten passen würde. Also falls - nicht dass - dann. Er sprach auch nicht von Wahn sondern überwertiger Idee. Diese Relativitäten Dr. Simmerls verschmiert N. zu einer kompletten paranoiden Grundpersönlichkeit. Das erinnert an Dr. Leips manipulative Textmontage und subtile Einstreutechnik. |
V3(29.1) "Der Inhalt der Schriftsätze geht jedoch in den Jahren 2004 und 2005 über das hinaus, was aufgrund des allgemeinen Menschenverstandes und auch aufgrund psychiatrischer Überlegungen als realitätskonform zu bezeichnen ist. So ist es nicht mit der Realität zu vereinbaren, anzunehmen, dass ein Arzt zu Schwarzgeldschieberkreisen gehört, nur weil er der Nachbar eines Mitarbeiters einer Bank ist, bei der möglicherweise Schwarzgeld verschoben wird, und es ist auch nicht mit dem allgemeinen Erfahrungshintergrund zu vereinbaren, dass ein Arzt im Sinne einer Bank begutachten würde, weil er ein Konto bei dieser Bank hat - Herr Lip hat dies in der jetzigen Hauptverhandlung verneint. Erstere Überzeugung äußerte Herr Mollath in Bezug auf Herrn Dr. Wörthmüller, die zweitere in Bezug auf Herrn Lip, der zudem kein Konto bei der hypo-Vereinsbank hatte, wie er hier betonte." | RSV3(29.1) Wieso sollte ausgerechnet ein Arzt nicht an Steuervermeidung bei Anlagen interessiert sein? (> Recht- schaffenheit von Ärzten) Und wieso sollte auch eine objektiv zufällige Begegnung in einem solchen Kontext nicht zu denken geben? Noch dazu in der damaligen Situation. Zwischen etwas für möglich halten, Vorsicht, gesundem Misstrauen und unkorri- gierbarer Wahn-Gewissheit liegen Welten. Ist geprüft worden, wer von den beteiligten Ärzten, Gutachtern, Ermittlern, Staatsanwälten, Richtern welche Beziehung zur Hypovereinsbank hatte? Oder ist nur "angenommen" und gemeint worden? Was hier unterstellt wird, sind Vermutungen, Hypothesen, Spekula- tionen, die zu zeigen wären. Stattdessen werden durch Nennung Assoziationen gebahnt und verschmiert. Die Wahnkriterien werden nicht ansatzweise belegt. Vor Gericht genügt es nicht, etwas zu "betonen", was exakt ermittelt werden kann. _ |
V4(31) "Aus Sicht des Unterzeichners ist es nachvollziehbar, dass die Diagnose einer wahnhaften Störungen deshalb ernsthaft erwogen werden muss, weil die Persönlichkeit von Herrn Mollath, soweit sie sich dem lediglich beobachtenden und nicht explorierenden Fachmann erschließt, jene Persönlichkeitszüge enthält, die nach Kretschmer solche Persönlichkeiten kennzeichnen, die in besonderen Belastungssituationen wahnhafte Störungen entwickeln, und weil die Überzeugungen, in die sich Herr Mollath nach eigenen Worten „verrannt" hat, mit der Realität nicht mehr in Einklang zu bringen waren." | RSV4(31)
Der
Bezug auf Kretschmer erfolgt nur global, weder Seite noch Inhalt
des umfangreichen Werkes werden belegt (womit er leider dem Hochstaplerzitierstil
der Psychologen folgt). Was Kretschmer hier genau beschreibt wird nicht
gesagt. In wie vielen Fällen die Vermutung gilt auch nicht. Aber es
wird Mollath mit Kretschmers
sensitiven Beziehungswahn verschmiert.
Die hypothetische Diagnose einer wahnhaften Störung muss ernsthaft erwogen werden? Ja und: was folgt denn aus einer "ernsthaften Erwägung"? Was folgt aus einer Hypothese? Die Aufforderung, sie zu bestätigen oder zu widerlegen oder ein non liquet zu akzeptieren, wie es so oft in der Forensik vorliegt. |
V5(32)
"Diese Diagnose muss auch nach dem jetzigen Kenntnisstand für den
damaligen Zeitpunkt weiterhin als Hypothese angenommen
werden, selbst dann, wenn einzelne, durchaus gewichtige Aspekte des seinerzeit
gemutmaßten Wahngebäudes eine reale Grundlage
hatten. Selbst wenn die Vermutung von Herrn Mollath, dass er von der Bank
als ein Mensch angesehen werde, der der Bank gefährlich werden würde,
mit der Einschätzung der Bank übereinstimmt, ist daraus nicht
mit der [>104] allgemeinen Logik abzuleiten, dass die Psychiater
Dr. Wörthmüller und Lip mit dieser Bank zusammenarbeitenum
Herrn Mollath aus dem Feld zu ziehen. Die Hypothese einer
wahnhaften
Störung bleibt jedoch solange ungeprüft, als eine Exploration
nicht zustande kommt und nicht geprüft werden kann, wie weit Herr
Mollath seine Anschauungen relativieren kann und in der Lage ist, frühere
Einschätzungen, in die er sich in einer
Ausnahmesituation verrannt
haben könnte, zu revidieren."
_ _ _ |
RSV5(32) Wo ist gezeigt, dass Mollaths vorsichtige und misstrauische Ideen und Einfälle damals eine verrannte "Überzeugung" zum Ausdruck bringen? Das wird lediglich gemeint. Und wieso sollten diese Ideen nicht mit der "Realität" in Einklang zu bringen sein. Es erscheint mir außerordentlich normal und gesund, in dieser Situation vorsichtig und misstrauisch zu sein. Nichts zeigt N., aber peu à peu wird Mollath mit Wahn verschmiert. Es ist richtig, dass nicht ableitbar ist, was N. phantasiert - das hat ja Mollath auch nie behauptet. Objektiv betrachtet, nach dem Prüfbericht, kann die Funktion der forensischen Psychiater als bankdienlich gesehen werden, Mollath war das seinerzeit aufgrund der ihm vorliegenden Daten und seiner konkreten Erfahrungen und Beobachtungen schon klar. Diese Verschmierungskonstruktion erinnert fatal an Dr. Leips manipulative Textmontage zum Vergiftungswahn, so dass ich an dieser Stelle auch eine Hypothese aufstellen möchte, nämlich die Verschmierungshypothese. Sie besagt, dass forensische Psychiater immer dann, wenn sie nichts wissen oder nichts zeigen können, das Verschmieren anfangen. |
V6(37) "2. Zum Zeitpunkt der Herrn Mollath vorgeworfenen Taten befand sich Herr Mollath in einer Ausnahmesituation, die psychodynamisch nachvollziehbar zu einer Änderung der Persönlichkeit geführt haben kann. Er hat Überzeugungen gewonnen, die für Außenstehende nicht nachvollziehbar waren, und er hat diese Überzeugungen auf Personen und Situationen übertragen, für die dieses nicht gerechtfertigt war. Er hat Menschen wie u.a. dem Psychiater Herrn Lip und dem Psychiater Herrn Dr. Wörthmüller Positionen unterstellt, die seinen eigenen Vorstellungen und Überzeugungen entsprachen, nicht aber der Realität der betroffenen Personen. Er hat seine eigene politische Wirksamkeit so dargestellt, wie sie nicht der Realität entsprach. Dies in Zusammenhang mit den vorbeschriebenen Persönlichkeitsauffälligkeiten und dem egozentrischen, skurril anmutenden und die Bedürfnisse der Mitpatienten ignorierenden Verhaltensweisen in den psychiatrischen Kliniken lassen die Hypothese einer psychischen Störung durchaus plausibel erscheinen. Deshalb ist die Diagnose einer wahnhaften Störung bei prospektiver Betrachtung nachvollziehbar, selbst wenn bei retrospektiver Betrachtung die Ursprünge, die zu der wahnhaften Entwicklung geführt haben, eine realistische Basis haben und die Überzeugungen auf einer realistischen Grundlage entstanden sind. Allerdings bleibt eine solche diagnostische Einschätzung so lange eine Hypothese, so lange nicht - durch Exploration und Untersuchung - überprüft wurde, ob Herr Mollath in dem geschlossenen System wahnhafter Überzeugungen gedacht und gelebt hat. Wenn das Gericht dieser Hypothese folgt, dann ist die Störung konventionsgemäß dem 4. Merkmal des § 20 StGB zuzuordnen. Wer für die Konsequenzen verantwortlich ist, wenn die Überprüfung einer Krankheitshypothese nicht möglich ist, ist nicht vom Unterzeichner zu beurteilen." | RSV6(37) Die Diagnose einer Ausnahmesituation ist nachvollziehbar, wieso sie aber gleich eine Änderung der Persönlichkeit (F62?) nach sich gezogen haben soll, bleibt unerklärlicherweise völlig dunkel. Dass die Außenstehenden seine "Überzeugungen" nicht nachvollziehen konnten - nicht wollten wäre wohl die bessere Kennzeichnung - ist kein Argument, zumal auch die Belege fehlen. N. unterstellt hier - formal kein Unterschied zu dem, was man Mollath ankreidet - , dass Dr. Wörtmüller und Dr. Lip keinerlei Bezug zu dem Steuervermeidungsumfeld hatten. Ist das jemals geprüft worden? Oder wird das als selbstverständ- lich einfach so angenommen? Dann wäre es an dieser Stelle hilfreich, die Statistik der Gesetzesverstöße durch Ärzte einzubringen (> Zur Rechtschaffenheit von Ärzten). Die skurrilen Anmutungen werden nicht belegt, so dass auch ich hier nur vermuten kann, dass N. den einsamen, aber filmreifen Kampf oder Krampf der Bayreuther Forensik_gegen Mollaths Kernseifen- anliegen wegen seiner Allergie im Auge hat. Wieso sich daraus "plausibel" eine psychische Störung ergeben soll, wird nicht begründet, sondern gemeint. Und im nächsten Satz wird aus der "Plausibilität" einer psychischen Störung sogleich - schwupp die wupp - eine nachvollziehbare wahnhafte Störung. Was in diesem Zusammenhang "prospektive Betrachtung" heißen soll, bleibt auch dunkel. Aber immerhin: nur eine Hypothese, die nur durch Exploration aufgeklärt werden könnte, was so auch nicht richtig ist, weil die Exploration zwar eine meist notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung ist (> mehr hier). In typisch verschmierter Weise folgt unmittelbar das "geschlossene System", das, wie so oft, nicht erläutert und begründet wird. Wieso eine wahnhafte Störung zum 4. Merkmal - schwere andere seelische Abartigkeit - zugeordnet werden sollte, wird ebenfalls nicht begründet (> wahnhafte Störung). ICD-10 F22.0 gehört ja gerade nicht zur Gruppe der Persönlichkeitsstörungen ICD-10 F60.__ |
Aus Priwitzers Ausführungen ergeben sich folgende Fragen:
|
_ Ausführlich hier. |
(1) Geben Sie bitte genau und lückenlos
an, welche psychischen Merkmale zur Tatzeit
aufgrund welcher Zeichen wie auf die Tathandlung
eingewirkt haben? Falls Lücken bestehen, kennzeichnen Sie diese. Erörtern
Sie pro und contra.
(2) Gehen Sie hypothesenorientiert vor und geben Sie die im vorliegenden Fall möglichen Hypothesen an. Erörtern Sie das Für und Wider für Ihre Hypothesen und begründen Sie Ihre Entscheidung so, dass sie für einen gebildeten Laien nachvollziehbar und verständlich ist. Siehe auch Empfehlungen Methodenfragen von De Boor (1966). |
F60.0 paranoide Persönlichkeitsstörung (n=4 von max=7)
F60.1 schizoide Persönlichkeitsstörung (n=4 von max=9)
F60.2 dissoziale Persönlichkeitsstörung (n=3 von max=6)
F60.3- emotional instabile Persönlichkeitsstörung
F60.30 emotional instabile Persönlichkeitsstörung: impulsiver
Typ (n=3 von max=5, zwingend Item 2.)
F60.31 emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Borderline-Typ
(n=3 von max=5 von F60.30 und zusätzlich mindestens n=2 von
max=5)
F60.4 histrionische Persönlichkeitsstörung (n=4 von
max=6)
F60.5 anankastische [zwanghafte] Persönlichkeitsstörung
(n=4 von max=8)
F60.6 ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung
(n=4 von max=6)
F60.7 abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung
(n=4 von max=6)
F60.8 sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen
(analog F61 )
F60.9 nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung
(Rest- und Auffangkategorie)
Zwei zusätzliche: Anhang I, Dilling, H. & Freyberger H. J.
(2008, Hrsg.), S. 349 - 350.
F60.80 narzisstische Persönlichkeitsstörung (n=5 von
max=9)
F60.81 passiv-aggressive (negativistische) Persönlichkeitsstörung
(n=5 von max=7)
F61 kombinierte Persönlichkeitsstörung (siehe bitte unten
ausführlich)
Abzugrenzen von: F62 Persönlichkeitsänderung
Vertrauensbeziehung, Vertrauen, Vertrauensbasis
__
Wahn.
Der Psychiatrie ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen,
eine verbindliche Wahndefinition vorzulegen. Ich habe nach meinen Wahnstudien
eine mir angemessen und schlüssig erscheinende Wahndefinition entwickelt:
Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer
(Logik,
Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit
oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen
Modell der Wirklichkeit vertreten wird.
Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant
gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr.
Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“.
Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht.
Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen
Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht
daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten
beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft
anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich
ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind (> Steueroasen,
Doku Finanzkrise
seit 8.2.2007).
Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus
dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen
entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine
Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem
Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie
offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich,
dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er
entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen
für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn
in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt
sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts.
Infos zum Wahn in der IP-GIPT:
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. |