Beiträge zur Hollywooddemokratie1)
und Oligarchie
Wie
Politik funktioniert wurde von Machiavelli, Michels und Le Bon abschließend
geklärt.
Robert Michels (1911, 2. A.
1925).
Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie
Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen
des Gruppenlebens
Die Demokratie führt zur Oligarchie, wird zur Oligarchie
(S. XVIII)
"Wer Organisation sagt, sagt Tendenz zur Oligarchie" (S.
25)
Zusammengestellt und kommentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
Zum Begriff der Oligarchie mit Links * Zur Ätiologie der Oligarchie in den Parteien der Demokratie * "Ist die oligarchische Krankheit der demokratischen Parteien unheilbar? * Kritik * Robert Michels im Internet * Querverweise
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Robert Michels (9.1.1876 Köln - 3.5.1936 Rom). Siehe auch (Bildquelle). Politischer Soziologe, lehrte in Belgien, Frankreich, USA, Schweiz und Italien. Das Wörterbuch der Soziologie (Hartfiel & Hillmann) charakterisiert kurz und bündig: "Sein Grundthema ist der Widerspruch zwischen der demokratischen Wertordnung und der Realität der politischen Parteien." Eine moderne Fortsetzung findet Michels in dem kritischen Werk von von Arnim. Michels treffliche Analysen des Parteiwesens
erstaunen heute umso mehr als sie vor rund 100 Jahren schon entwickelt
und erstmals 1911 veröffentlicht wurden, als es vielerorts noch gar
keine modernen Demokratien gab. Ich sehe die immerwährenden Tendenzen
zur Oligarchie aber nicht als ein spezielles Merkmal von modernen Demokratien,
sondern grundsätzlich als Merkmal aller Herrschafts- Systeme und Herrschaftsformen
an.
Drei Gründe führen nach Michels zur Oligarchie (S. XVIII): 1. Die menschliche Natur.
Die offizielle und falsche Schul- und Lehrmeinung ist,
daß die Demokratie gerade keine Oligarchie, sondern eben eine Demokratie
sei, als ob sich das ausschlösse. Hierdurch wird ein blinder Fleck
in Wissenschaft, Erziehung, Lehre und öffentlicher Meinung erzeugt,
der dafür sorgt, daß keine wirkungsvollen Vorkehrungen, kein
notwendiger Ausgleich und keine angemessenen Kontrollen für erforderlich
erachtet und daher auch nicht installiert werden. Das Ergebnis sieht man
erst jetzt in dramatischer Weise im Verfall der demokratischen Anliegen,
Ideen und Ideale.
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Ätiologie
der Oligarchie in den Parteien der Demokratie
[Gute Therapievorschläge gegen oligarchische
Fehl-Entwicklungen enthielt schon Aristoteles' Staatslehre]
Anmerkung: inamovibles Führertum: vermutlich unbewegliches, d.h. schwer veränderbares Führertum.
"Die politische Organisation trägt zur Macht." Die Teilnahme an der Macht macht stets konservativ." (S. 343) ... "Mit dem Wachstum der Organisation wird der Kampf um große Prinzipien unmöglich." (S. 343) ... "So wird die Organisation aus einem Mittel zum Zweck zum Selbstzweck. Das Organ siegt über den Organismus." (S. 348).
Die Beantwortung der Frage "Ist die oligarchische Krankheit der
demokratischen Parteien unheilbar ?" (S. 342) läßt in
dem Kapitel sehr lange auf sich warten. Mit kühnem Realismus stellt
er zunächst gegen allen Idealismus fest:
S. 375 führt Michels die drei (symptomatischen) Haupttherapien
aus:
In drei Worte zusammengefaßt sind die wichtigsten Tugenden
und Heilmittel gegen die Oligarchisierung "der" Demokratie:
Kritikfähigkeit | Bildung | Bemühen |
Ich würde hinzufügen Radikale Transparenz, Radikale Abschaffung aller Geldtabus und radikale Kontrollmöglichkeiten.
Der hohe Wert der partei- und demokratiekritischen Arbeit Robert Michels liegt im Aufzeigen der vielseitigen Gefahren, die die demokratische Organistion des Staatswesen für sich selbst bedeutet, d.h. die bahnbrechende Erkenntnis, daß mit der formalen Einrichtung einer Demokratie - von mir karikierend als Hollywooddemokrtie bezeichnet - Idee und Inhalt der Demokratie noch nicht gewährleistet sind - der Irrtum vieler naiver Demokraten.
Aus allgemeiner und
integrativer polit-psychologischer Sicht ist aber jedes Gemeinwesen,
jede Staatsform, jede gesellschaftliche Organisation von oligarchischen
Gefahren und Fehlentwicklungen bedroht. Neudeutsch heißen die oligarchischen
Organisationen Lobby und Interessengruppen
(wozu natürlich auch und gerade die Parteien zählen), wobei jede
Lobby und Interessengruppe nach - dumme
nach maximaler, kluge nach optimaler - Macht und Vorteilen streben.
Entscheidend für die Entwicklung richtiger Demokratien ist daher, daß man die Gefahren 1) erkennt, ihnen 2) vorbeugt, 3) sie wo möglich ausgleicht und wenigstens aber 4) kontrolliert (das sind vier ganz wichtige Heilmittel; andere bei von Arnim). Verleugnet man diese Gefahren und trifft keine wirkungsvollen Vorkehrungen, Ausgleiche und Kontrollen, entwickelt sich zunehmend mehr etwas sehr Gefährliches, in der westlichen Welt derzeit etwa, extrem in den USA, Geld- und Wirtschaftsmacht-Oligarchien im demokratischen Gewand, in demokratischer Verkleidung. Daraus darf man nun freilich nicht den Schluß ziehen, daß die Demokratie abgeschafft werden sollte, was auch Michels nicht tut. Sie ist vermutlich, um mit Churchill zu sprechen, immer noch die zweitbeste Staatsform - sofern echt - , wobei es die beste nicht gibt. |
Ebenso gilt aber aus allgemeiner und integrativer
polit-psychologischer Sicht, daß menschliche Gemeinwesen und Gesellschaften
nicht
ohne Führer und nicht ohne Organisation
auskommen können. Der Vulgär-Anarchismus, der meint, darauf verzichten
zu können gehört ins Reich der utopischen Dummheiten. Es wäre
also politisch völlig falsch, Staats- und Gemeinwesen anstreben zu
wollen, die auf Führer und Organisation verzichten kann.
Entscheidend ist daher, wie den oligarchischen Tendenzen aller Führer, Organisationen (Parkinson!) und Interessengruppen vorgebeugt, effektiver Ausgleich und wirkungsvolle Kontrolle installiert werden können. Grundsätzlich ist der Weg durch die drei Schlagworte Michels auch für die heutigen und künftigen Zeiten zwar notwendig, wenn auch nicht hinreichend, bestimmt: Kritikfähigkeit, Bildung, Bemühen (immerwährendes). |
Kritikfähigkeit | Bildung | Bemühen |
Wir fügen hinzu:
Transparenz1) | Kontrolle | -Geldtabu |
Michels war zunächst bei den Linken, Syndikalisten, Sozialisten engagiert - Mitglied der SPD - und sympathisierte später mit den italienischen Faschisten, in deren Partei er 1923 eintrat. Sein Hauptwerk wurde allerdings 10-15 Jahre früher verfaßt. Für seine untadelige wissenschaftliche Haltung spricht sicher auch, daß sich Max Weber nachhaltig für ihn öffentlich eingesetzt hat, weil er ihm als SPD- Mitglied die Habilitation in Marburg und Jena verweigert worden sein soll.
Biographie: https://www.kfunigraz.ac.at/sozwww/agsoe/lexikon/klassiker/michels/34bio.htm
Literatur Reformmodelle für die deutschen Parteien: https://www.uni-potsdam.de/u/PolWi_Dittb/lehre/reformmodelle.htm
Oligarchy: Robert Michels, from Oscar Grusky and George A. Miller,
The Sociology of Organizations: Basic Studies. New York: Free Press, 1970,
pp. 25-43. Reprinted from Political Parties (New York: Free Press Paperback,
1966), pp. 61-62, 65-73, 81-84, 87-89, 99-100, 103-4, 109-11, 167-68, 170-71,
172-73, 177-80, 364-71.
https://wizard.ucr.edu/~bkaplan/soc/lib/micholig.html
Degen, Hans Jürgen: Robert Michels. - In: Lexikon der Anarchie,
Bösdorf: Verlag Schwarzer Nachtschatten, 1993
[ff.], Abtlg. M, S. 1-6. ABSTRACT: INHALT: Äußere Daten
/ Politische Entwicklung / Theorie der "oligarchischen Tendenzen" / "Die
Prophylaxe des Syndikalismus" / Die "Prophylaxe des Anarchismus" / Zur
anarchistisch- syndikalistischen Michels-Rezeption / Literatur und Quellen.
https://www.free.de/dada/dada-l/L0001632.HTM
Radikale Kritik des Parteiensystems: https://www.graswurzel.net/271/kw-oligarchie.shtml
Kontext und Leseprobe: "Interessant ist, dass die Menschen die Details
gar nicht mehr interessieren. Jede/r weiß, dass mehr vertuscht wird,
als aus Wahlkampfzwecken und politischen Ränkespielen an die Öffentlichkeit
kommt. PolitikerInnen bereichern sich, und wenn sie sowieso schon von der
Arbeit anderer leben. Das wissen alle. Doch die Reaktion darauf ist nicht
Revolte, sondern Fatalismus und Gleichgültigkeit ("die machen ja doch,
was sie wollen!").
Die Gleichgültigkeit der wählenden Massen gegenüber
ihren politischen Führern ist ein Grundpfeiler, eine Bedingung der
parlamentarischen Demokratie. Sonst würde sie gar nicht funktionieren.
Sagt Robert Michels, einer der klassischen und radikalsten KritikerInnen
des Parteiwesens in der Demokratie. Wer? Der deutsch-italienische Soziologe
Robert Michels hat die Herrschaftskritik in den Mittelpunkt seiner Analysen
des Parteiensystems gestellt, im Jahre 1911 in seinem Werk "Zur Soziologie
des Parteiwesens in der modernen Demokratie". Das Buch war die Quintessenz
seiner anarchosyndikalistischen Lebensphase, die von ca. 1905 bis 1911
reichte. Michels' damals entstandenes "ehernes Gesetz der Oligarchie" gilt
heute als ein Klassiker der modernen Parteiensoziologie."
II. Partei und Organisation: Strukturprobleme der Mitgliederpartei:
https://www.das-parlament.de/2001/10/Beilage/2001_10_006_4651.html
Kontext: "Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich die Parteien
zu "Massenparteien" oder Mitgliederparteien entwickelt: Ihre Organisationsstruktur
wird von der mitgliedschaftlichen Basis auf der einen Seite und der "Funktionärsklasse"
auf der anderen Seite geprägt. Die Beziehung zwischen beiden Segmenten
ist in der Parteienforschung intensiv diskutiert und problematisiert
worden: Grundlegend und immer wieder zitiert findet sich in Robert Michels
"ehernem Gesetz der Oligarchie" die Unterstellung, die hauptamtlichen
Funktionäre koppelten sich gegenüber der Mitgliedschaft ab; ähnlich
lautete schon zuvor das Ergebnis der Analysen von Moise Ostrogorski. Maurice
Duverger hat in den fünfziger Jahren diese These aufgegriffen und
auf einer breiteren Materialbasis die Beobachtungen von Michels und Ostrogorski
fundiert, wenngleich er die demokratietheoretische Problematisierung weniger
stark akzentuiert."
Robert Kurz: SUBJEKTLOSE HERRSCHAFT: Zur Aufhebung einer verkürzten
Gesellschaftskritik
https://www.krisis.org/r-kurz_subjektlose-herrschaft.html
Kontext: "Ein Produkt dieser Bemühungen war die Bürokratisierungsthese.
In den bürgerlichen Zeitanalysen, die nicht so fixiert waren auf eine
bösewichtige Personengruppe namens »Bourgeoisie« wie die
marxistische Gebetsmühlenliteratur, spukte schon früh das Stichwort
von der »verwalteten Welt«. In Robert Michels' berühmter
Soziologie des Parteienwesens(5) und besonders in der Theorie von Max Weber
begann sich ein struktureller Begriff der eigentlichen Subjektlosigkeit
moderner Herrschaft zu entfalten."
. | einheitswissenschaftliche
Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen
Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus
auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener
Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen
wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch
und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener
Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine
Wissenschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen
Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer
einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt
an die allgemeine
formale Beweisstruktur.
Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt aM: Suhrkamp. Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono). Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI. |
Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergegeben." |
Allgemeine
wissenschaftliche
Beweisstruktur
und beweisartige Begründungsregel
Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0 => A1 => A2 => .... => Ai .... => An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. |
korrigiert: irs 21.4.3