Haiti 1542
Der Völkermord an den Indianern im Namen des Herrn:
Unermeßlicher Christlicher Haß, Blutrausch und Gier am Beispiel
der spanischen "Ebenbilder Gottes"
Essential: "Der letzte Indianer-Fürst vom Taino-Stamm, der dem Massaker entkam, hieß Hatuey. Er floh nach Kuba. Dort fingen ihn die Spanier mit Bluthunden wieder ein. Schon war er auf den Scheiterhaufen gebunden, als ein Missionar vom Orden des heiligen Franziskus auf ihn zutrat und ihm ein Kruzifix vor die Augen hielt. Dies sei der wahre Gott. Wenn er sich zu ihm bekehre, werde er in den Himmel kommen, den Ort des ewigen Glücks. Wenn er aber nicht an diesen Gott glaube, werde er zur Hölle fahren, zum Ort der ewigen Qual. Zuerst schwieg der Indianer. Dann fragte er den Missionar, ob denn auch Christen in den Himmel kämen. "Allerdings", antwortete der Franziskaner, "alle guten Christen kommen da hinein." Da erwiderte der Indianer, lieber wolIe er ewig in der Hölle brennen, als im Himmel leben zu müssen unter diesen grausamsten aller Menschen." (S. 177f) Mehr hier. - Querverweise (Auserwählt, Überblick) |
Quelle:
Zander,
Hans Conrad (1984). Gottes unbequeme Freunde. Heilige für unsere Zeit.
München: Sternbücher bei Goldmann. Hierin: Las Casas - Der Kolonialismus,
177-195
Las Casas (1474 - 1566) ist psychologisch eine ähnlich interessante Persönlichkeit wie Saulus, der zum Paulus wurde. Las Casas weiß, wovon er bei der Ermordung der rund 1,1 Millionen Indianer durch die christlichen Ebenbilder Gottes spricht, denn er begann als Söldner und Schlächter im Namen Christi. |
Las Casas Der Kolonialismus
VII
Schön wie das Paradies waren die Inseln vor der Küste Amerikas alle, als Kolumbus dort im Jahre 1492 landete. Aber keine war so schön wie Haiti, so reich und fruchtbar, so dicht besiedelt wie ein Bienenstock. Zwei Jahrzehnte danach ist dieser Garten Eden nur noch ein stinkendes Leichenfeld. Die 1,1 Millionen Indianer, die (nach modernen Schätzungen) zuvor auf der Insel lebten, sind, bis auf einen jammervollen Rest von 16 000, zur Hölle gefahren: gehenkt, ertränkt, verbrannt, als Sklaven in den Goldgruben zu Tode gequält, dahingerafft von europäischen Seuchen, niedergemetzelt im wahnsinnigen Blutrausch der christlichen Eroberer. Der letzte Indianer-Fürst vom Taino-Stamm, der dem Massaker entkam, hieß Hatuey. Er floh nach Kuba. Dort fingen ihn die Spanier mit Bluthunden wieder ein. Schon war er auf den Scheiterhaufen gebunden, als ein Missionar vom Orden des heiligen Franziskus auf ihn zutrat und ihm ein Kruzifix vor die Augen hielt. Dies sei der wahre Gott. Wenn er sich zu ihm bekehre, werde er in den Himmel kommen, den Ort des ewigen Glücks. Wenn er aber nicht an diesen Gott glaube, werde er zur Hölle fahren, zum Ort der ewigen Qual. Zuerst schwieg der Indianer. Dann fragte er den Mission ar, ob denn auch Christen in den Himmel kämen. "Allerdings", antwortete der Franziskaner, "alle guten Christen kommen da hinein." Da erwiderte der Indianer, lieber wolIe er ewig in der Hölle brennen, als im Himmel leben zu müssen unter diesen grausamsten aller Menschen. Es ist das Jahr 1542. In seinem spanischen Throngemach sitzt Karl V., König von Spanien und Kaiser von Deutschland; schweigend vernimmt der Monarch diese grauenhafte Schilderung von dem Völkermord, der seit vier Jahrzehnten an den Eingeborenen in den neuen Kolonien geschieht: auf Haiti und auf Kuba, in Florida und Mexiko, in Venezuela und Peru. Vor dem Kaiser, in der weiß-schwarzen Kutte der Dominikaner, steht ein 68jähriger Mönch aus Haiti. Der Bericht, den er vorliest und den er selbst geschrieben hat, trägt den bescheidenen Titel: "Brevisima Relacion - Äußerst kurzer Bericht von der Verwüstung der indianischen Länder." Dieses Büchlein, ein paar Jahre später in Sevilla gedruckt, wird das spanische Weltreich so erschüttern wie jetzt das Gewissen des Kaisers. Denn hier spricht ein Augenzeuge. "Ich habe es selbst gesehen", so beginnt fast jede der fürchterlichen Blutszenen. Oder: "Dies ist die Erfahrung der Augen." Und, als genügte dies nicht: "Ich konnte es mit Händen greifen." So schildert der Mönch dem Kaiser, wie die Christen auf Haiti die Indianer bündelweise henkten, stets dreizehn an einem Galgen, "zu Ehren und zur Verherrlichung des Erlösers und der zwölf Apostel". Wie Banden von verwahrlosten deutschen Landsknechten das heutige Venezuela verwüsteten. Wie in den Städten Mexikos, nach der christlichen Eroberung, unter Bergen von Leichen verstümmelte Kinder klagend hervorgekrochen kamen, und wie die Spanier, nur so zum Spaß, die zappelnden Leiber mit einem einzigen Schwerthieb entzweischlugen. Wie alle Indianerstämme auf den Bahamas und auf Trinidad durch die höllische Zwangsarbeit der Perlenfischerei ausgerottet wurden [178]: "Man senkt die Perlenfischer nämlich drei, vier, auch wohl fünf Klafter tief ins Meer, und zwar von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Unaufhörlich wird ihr Leib von Kälte durchdrungen, ihre Brust vom häufigen Zurückhalten des Atems zusammengepreßt, bis sie Blut speien. Ihr Haar, das von Natur schwarz ist, wird brandrot wie das Fell der Meerwölfe. Auf ihrem Rücken schlägt Salpeter aus. Zum Schluß, bevor sie sterben, sehen sie aus wie Ungeheuer in Menschengestalt." "Das habe ich selbst gesehen", sagt Las Casas dem Kaiser. Und: "Ich war so verblendet wie alle andern." Denn bevor er die Kutte des heiligen Dominikus anzog, war dieser Augenzeuge selbst einer der spanischen Sklavenhalter auf Haiti. Wenn er jetzt dem Kaiser schildert, wie sich die Indianer auf Kuba zu Hunderten selber aufgehängt haben, nur um der Fronarbeit in den Goldgruben der Spanier zu entgehen, so weiß er vor Gott, wovon er redet. Er hat ja selber eine Goldgrube auf Kuba ausgebeutet. Der Mönch, der aus der Hölle kam, heißt Bartolome de Las Casas. Geboren wurde Las Casas 1474 in Sevilla als Sohn von getauften Juden. ... " |
end-korrektur