Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=14.10.2001
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 20.08.21
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20
D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_
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& Copyright
Anfang_Afghanistan_Service_
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Relativ
Aktuelles_ Rel.
Beständiges _
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Willkommen in unserer Internet-Publikation für der Abteilung
Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Politische Psychologie,
Bereich globale Konflikte, und hier speziell zum Thema:
Nach dem großen Scheitern
des Westens
BND gut gearbeitet, von Regierung missachtet, wie das Handlsblatt
Morning Briefung am 20.08.2021 u.a. berichtet:
"In Deutschland läuft das große „Blame Game“. Der andere
hat immer noch viel mehr verbockt, wobei die Politiker in ihrer „Maas-Arbeit“
des Wegmanövrierens sich des immer schon gescholtenen Bundesnachrichtendienstes
(BND) in der Watschenmann-Rolle bedienen. Dieser BND hat sich mit allen
Mitteln gegen das Gerede von den „Schlapphüten“ gewehrt. Laut „Spiegel“
habe man seit vielen Jahren vor dem Kollaps des afghanischen Staates gewarnt.
Weder Militär noch Politik seien so aufgestellt gewesen, dass sie
dauerhaft funktionieren könnten.
Allerdings sei man in den Ministerien kaum auf Gehör gestoßen,
auch nicht, als man im Dezember 2020 unter dem Schlagwort „Emirat 2.0“
das Macht-Comeback der Taliban prognostizierte. In ihrem letzten Jahr hatte
Angela Merkels Regierung offenbar so viel zu tun, dass man sich um den
Schutz der Deutschen in Kabul und ihrer afghanischen Freunde nicht kümmern
konnte. André Wüstner, Chef des Bundeswehrverbands: „Ich kann
dem Bundespräsidenten nur beipflichten: Es ist beschämend, was
wir da sehen.“ "
Hintergrund-Materialien zum Verständnis Afghanistans
Afghanistan. Das verwundete Land. (4teilige
Vollversion ARD 208 Minuten, Kurzfassung
90 Minuten)
Afghanistan, die USA und die Politik
Was, Wann, Wie, Warum?
Aktueller 5-Punkte Plan für Afghanistan
von Rudolf Sponsel, Erlangen (noch nicht end-korrigiert)
Einführung:
Die Lage am und um den 14.10.2001
Die Amerikaner haben zusammen mit den
Briten und mit logistischer Unterstützung der NATO und der Billigung
durch den Weltsicherheitsrat - NICHT der Vollversammlung
der Vereinten Nationen - den Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan
seit dem 7.10.2001 am Sonntag, heute vor einer Woche begonnen. Die deutsche
rot-grüne Politik fiebert - völlig unverständlich - unter
heftigem Beifall der Konservativen und der Partei für die Freiheit
und Sicherheit der Steuerhinterziehung einem militärischen Engagement
entgegen. Man will wieder wer sein, man will wieder marschieren. Der Schatten
einer US-NATO über alles, über alles in der Welt
erhebt
sich drohend über dem Atlantik.
Oh, Deutschland, ich wünschte, es wäre ein Wintermärchen!
Zum Wesen der amerikanischen Außenpolitik
gehört, daß sie kein langfristiges und vor allem kein vernünftiges
und fremde Kulturen und Interessen respektierendes Konzept hat. Die amerikanische
Außenpolitk besteht traditionell aus hemmungslosem Egoismus, der
mit den Werten der sog. freien Gesellschaft, den Menschenrechten, Gerechtigkeit,
Vernunft und Fairneß nicht nur nichts zu tun hat, sondern mit Hilfe
ihrer Geheimdienste, allen voran die CIA (- 1-
2 - 3 -
4 - 5 ), diese Werte mit Füßen
tritt, was aber in der Hollywooddemokratie
USA und ihrer Medienpräsentationen nicht so erscheint. Doch darauf
kommt es an: auf den Schein, die Verpackung, nicht auf den Inhalt, was
hinter den Kulissen geschieht. Das sind im wesentlichen die Gründe,
weshalb die USA aus politischen und moralischen Gründen völlig
ungeeignet sind, eine führende Rolle in der Weltpolitik legitimiert
einzunehmen und schnellstmöglich abgelöst werden sollten von
ihrem Größenwahn,
auserwählt
für
die Leitpolitik für die Welt zu sein. |
Was
ist das: Afghanistan, seine Geschichte und jetzt?
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_
"B. Historischer und politischer Kontext
Die politische Geschichte Afghanistans als einem Staat begann 1747,
als der persische Eroberer Nadir Shah ermordet wurde und ein Machtvakuum
hinterließ. Die Abdali Pathanen ernannten Ahmed Shah Durrani zu ihrem
König. Er gilt damit als Gründer Afghanistans.
Nach dem zweiten anglo-afghanischen Krieg 1878 gelangte
Afghanistan unter britische Oberhoheit und wurde von den Briten zu einem
Puffer zwischen Britisch-Indien und Rußland aufgebaut.
Die Briten unterstützten Amir Abdul Rahman
Khan (1881-1901) mit Geld und Waffen. Dieser nutzte diese Ressourcen, um
die grundlegenden politischen Strukturen des afghanischen Staates zu etablieren,
die bis zum Fall Najibullahs 1992 bestehen sollten:
"a Pasthun ruler using external resources to reign
over an ethnically heterogeneous society while manipulating that social
segmentation to weaken society's resistance" 298
Bis 1973 blieb Afghanistan eine Monarchie. Im Juli 1973 führte
der frühere Ministerpräsident Sardar Mohammad Daoud mit Hilfe
der Armee einen Staatsstreich gegen König Zahir Shah durch. Die Monarchie
wurde abgeschafft. Daoud erklärte sich zum Präsidenten, König
Zahir Shah ging ins Exil.
Die 'Saur Revolution' im April 1978 brachte die
marxistische 'People's Democratic Party of Afghanistan' (PDPA) an die Macht.
Daoud wurde ermordet. Die Herrschaft Hafizullah Amins führte innerhalb
kurzer Zeit zu Unruhen gegen das PDPA-Regime. Um einen Kollaps des Regimes
zu verhindern, marschierte die Sowjetunion im Dezember 1979 in Afghanistan
ein und ersetzte Amin durch Babrak Karmal. 1986 wurde Karmal seinerseits
durch Najibullah ersetzt.
Im April 1988 stimmte die Sowjetunion einem Abzug
der Truppen zu. Obwohl der Abzug schon im Februar 1989 abgeschlossen war,
hielt sich Najibullah bis April 1992.
Nach dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan im Dezember 1979 hatten die
USA und Saudi-Arabien begonnen, Widerstandsgruppen in Afghanistan zu unterstützen.
Über den pakistanischen Geheimdienst 'Directorate of Interservices
Intelligence' (ISI) wurden riesige Mengen an Kriegsmaterial und anderen
Ressourcen an diese Widerstandsgruppen, die 'Mujaheddin', geleitet.299 |
Dabei handelte es sich um zahlreiche Gruppen, die sich um einzelne Persönlichkeiten
herum bildeten. Um die Unterstützung effizienter zu gestalten, wurden
die sieben größeren Mujaheddin-Gruppen 1985 zu einer Koalition
gedrängt, über die alle Hilfe vergeben werden sollte. Kleinere
Gruppen oder einzelne 'commander' waren daher gezwungen, sich rnit diesen
'Parteien' zu verbinden.
Schaubild 7: Die Parteien der 'Islamic Unity of the Afghan
Mujaheddin' 300
Neben diesen sunnitischen Parteien gab es einige
schiitischen Parteien, die vom Iran Unterstützung erhielten. 1990
wurden diese zur Hezb-i Wahdat ('Unity Party') vereinigt. Dies änderte
wenig daran, daß auch die verschiedenen schiitischen Fraktionen untereinander
zerstritten waren und sich gegenseitig bekriegten.
Bis Ende 1991 wurden sowohl das Regime in Kabul als
auch die Mujaheddin- Parteien vom Ausland großzügig unterstützt.
Das Ende dieser Hilfe verstärkte die Fragmentierung Afghanistans.
Das Najibullah-Regime brach im April 1992 zusammen. Von da an bis September
1996 kämpften verschiedene Mujaheddin-Allianzen gegeneinander um die
Macht in Kabul. In den ländlichen Gebieten verselbständigten
sich viele der 'commander' mit ihren Milizen. Sie finanzierten sich über
lokale Steuern, Wegezölle, Schmuggel von Holz oder Waffenhandel. Einige
'commander' finanzierten sich unter anderm auch über den Drogenhandel.
Dazu gehören wohl die der Harakat-i-Inquilab-i Islami-yi Afghanistan,
zumindest in Helmand, sowie der Hezb-i Islami/ Khalis und andere Fraktionen
der Nangarhar Shura. Auch Hekmatyars Hezb-i Islami soll daran beteiligt
gewesen sein. 301
Ein Umstand, der 1992 den Fall Najibullahs begünstigte,
war, daß einige seiner Kommandeure mitsamt ihren Truppen zur Opposition
wechselten. Darunter auch General Rashid Dostum aus Jawzjan, der im Januar
1992 meuterte und danach bis 1997 von Mazar-e-Sharif aus mit seinen usbekischen
Truppen und zum Teil brutalem Vorgehen den Norden des Landes kontrollierte.
Immer wieder, und insbesondere seit 1997, muß sich Dostum aber auch
mit Widerstand innerhalb seiner eigenen Reihen auseinandersetzen.
Im November 1994 wurde Kandahar von einer Bewegung
eingenommen, die aus Schülern ('taliban') von Koranschulen ('madrasas')
in Flüchtlingslagern in Pakistan sowie aus Überläufern verschiedener
Mujaheddin-Parteien bestand. Sie wurde von einer kleinen Gruppe von Mullahs
geführt, von denen die meisten vorher auf Seiten der Harakat-i-Inquilab-i
Islami-yi Afghanistan und der Hezb-i Islami/ Khalis gekämpft hatten.
Die meisten Taliban und ihre Anhänger sind Pathanen. Zum Ursprungsmythos
der Taliban-Bewegung gehört, daß sie im Juli 1994 als Reaktion
auf die Vergewaltigung und Ermordung dreier Frauen durch einen Mujaheddin-Kommandeur
entstand.302 Ein Mullah aus dem Distrikt Maiwand in Kandahar,
Mullah Umar, sammelte einige Anhänger um sich, besiegte diesen 'commander'
und ließ ihn aufhängen. Heute ist Mullah Umar der Führer
der Taliban. Anfang November 1994 befreiten die Taliban einen pakistanischen
LKW-Konvoy, den ein Mujaheddin-Kommandeur beschlagnahmt hatte 303,
und nahmen dabei die Provinz Kandahar ein. Innerhalb kurzer Zeit eroberten
die Taliban weitere Provinzen, darunter Helmand, die größte
Opiumprovinz des Landes. Im September 1996 nahmen sie Nangarhar - die zweitgrößte
Opiumprovinz - und daraufhin auch Kabul ein. Seit Dezember 1996 kontrollieren
die Taliban etwa zwei Drittel des Landes.
Gleichzeitig formierten sich die zuvor zerstrittenen
Mujaheddin- Gruppierungen zu einer Allianz gegen die Taliban, die vom Norden
her versucht, den Taliban Widerstand zu leisten.
Die Taliban-Führung besteht aus einem Rat mit
wahrscheinlich sechs Mitgliedern, darunter auch der 'Ministerpräsident',
Mullah Mohammad Rabbani Akhund, und der Armeechef, Mullah Mohammad Hassan.
Der Führer der Taliban, Mullah Umar, läßt sich seit geraumer
Zeit als 'Emir al-Momineen' (Führer aller Gläubigen) verehren.
Am 25. Oktober 1997 gaben die Taliban ihrem Land einen neuen Namen. Anstatt
'Islamischer Staat Afghanistan' soll das Land nun 'Islamisches Emirat Afghanistan'
heißen, um die Position des 'Emir al-Momineen' als Staatsoberhaupt
eines Emirats zu formalisieren. 304
Die Taliban haben in den von ihnen besetzten Gebieten
dem 'Commander- Kult' ein Ende bereitet, Waffen eingesammelt, für
Sicherheit gesorgt 305 und die Straßen für den Handel
geöffnet. Dies sicherte ihnen die Unterstützung der Bevölkerung
besonders in vom 'Commander'-Wesen besonders betroffenen Provinzen wie
Kandahar und Helmand. Die aus einem ländlich konservativem Islam und
dem Ehrenkodex der Pathanen ('Pashtunwali') bestehende Ideologie wird in
den Pathanen-Gebieten mehr oder weniger akzeptiert. In Kabul und unter
anderen Ethnien muß diese Ideologie - und vor allem die damit verbundene
Ausgrenzung von Frauen - jedoch zu Konflikten führen. In Kabul war
es Frauen bis zum Einmarsch der Taliban möglich, am öffentlichen
Leben teilzunehmen. Bereiche wie das Gesundheitswesen beruhten auf der
Mitarbeit von Frauen. Aus Sicht der Vereinten Nationen repräsentiert
die Diskriminierung von Frauen, die 'gender apartheid', derzeit den schwerwiegendsten
Aspekt von Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan.306 Auch
die Rechtsprechung der Taliban, die zwar auf der 'Schariah' beruht, aber
in einigen Bereichen in ungewohnt scharfer Form angewendet wird, führt
zu Menschenrechtsverletzungen.
307
Problematisch ist außerdem, daß die Ideologie
der Taliban sehr auf die Pathanen zugeschnitten ist. Der Vormarsch der
Taliban verstärkt daher die ethnische Polarisierung des Landes. Im
September 1997 sollen 70 Frauen, Kinder und ältere Männer der
schiitischen Hazara-Minderheit von sunnitischen Taliban- Einheiten ermordet
worden sein.308
Eine militärische Lösung des Afghanistan-
Konflikts ist derzeit nicht in Sicht. Klare Alternativen gibt es unter
den verschiedenen Parteien des Konflikts nicht."
Fußnoten
S. 139 - 142
298 Rubin 1996: 19.
299 Zwischen 1986 und 1990 war dies Unterstützung im Wert von
etwa US$ 5 Mrd. von Seiten der USA und Saudi-Arabiens. Die UdSSR unterstützte
das PDPA-Regirne in Kabul im selben Zeitraum mit umgerechnet mindestens
US$ 5,7 Mrd. (Rubin 1996: 179ff.).
300 Quelle: Nach Angaben in Rubin 1996.
301 Rubin 1996: 257.
302 Die Taliban rechtfertigen ihre restriktive Frauenpolitik darnit,
daß die Sicherheit der Frauen nicht gewährleistet werden könne,
solange das ganze Land nicht unter ihrer Kontrolle und befriedet sei (Quelle:
Diskussionen des Autors rnit hochrangigen Taliban- Vertretern).
303 Deshalb der Verdacht, daß die Taliban eine Kreation des pakistanischen
ISI und vor allem des damaligen Innenrninisters Nasirullah Babars seien,
um für Pakistan die Öffnung der Handelsrouten nach Zentralasien
zu sichern.
304 The News 29.10.97.
305 Der Autor bereiste die Gebiete mehrfach vor und nach der Taliban-Machtübernahme
(zuletzt im November 1997). Vor der Machtübernahme waren Reisen selbst
mit bewaffneten Eskorten und bei Absprachen mit verschiedenen 'commanders'
gefährlich. Inzwischen kann man (Mann!) relativ frei, ohne Bewaffnung,
ohne immer wieder durchsucht zu werden und ohne ständig Wegezölle
bezahlen zu müssen, selbst in entlegene Distrikte reisen.
306 Vereinte Nationen, Press Release GA/SHC/3444 (Third committee 33rd
Meeting) vom 12. November 1997.
307 Die Taliban hätten "... a highly idiosyncratic vision of
Islam that had been disputed by numerous Sunni Islamic scholars as representing,
a tribal rural code of behaviour" (Vereinte Nationen, Press Release
GA/SHC/3444 (Third committee 33rd Meeting) vom 12. November 1997).
308 Vereinte Nationen, Press Release GA/SHC/3444 (Third Committee 33rd
Meeting) vom 12. November 1997.
Zur Geschichte siehe auch unter Links
Ethnische Gruppen in
Afghanistan
Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat: siehe unten
Tabelle
der verschiedenen Volksgruppen.
"Paschtunen und Tadschiken
Die Afghanen im engeren Sinne, die Paschtunen also, sind mit über
50 % der Bevölkerung die größte Volksgruppe Afghanistans.
Über die Herkunft der Paschtunen streiten sich die Gelehrten noch
heute, ihre Sprache aber, das Paschtu, gehört zu den nordostiranischen
Dialekten. Die Paschtunen leben hauptsächlich in den südöstlichen
Provinzen Afghanistans, entlang der pakistanischen Grenze. Doch auch im
Norden des Landes gibt es ausgedehnte paschtunische Enklaven.
Die Paschtunen betreiben Ackerbau, Viehzucht
und Handel und sind in Stämmen, Sippen und Clans organisiert. Innerhalb
des Stammes gilt die soziale Gleichberechtigung. Der Khan, der Stammesführer,
ist kein Alleinherrscher, sondern der »Erste unter Gleichen«.
Als wehrhafte und zahlenmäßig stärkste Volksgruppe haben
die Paschtunen seit dem 18 Jahrhundert die afghanische Geschichte geprägt.
Fast alle afghanischen Herrscher der letzten zweihundert Jahre waren Paschtunen.
Die Paschtunen sind Sunniten und verstehen sich als Hüter der Rechtgläubigkeit,
doch sie befolgen im Alltagsleben weniger die Scharia, das islamische Recht
als das Paschtunwali, das traditionelle Stammesgesetz. Paschtunwali - es
bedeutet soviel wie: »die Art, Paschtune zu sein« - ist in
erster Linie ein Ehrenkodex. Die Ehre ist das höchste Gut eines Paschtunen.
Vergehen gegen die Ehre eines Mannes, etwa schon das Fernbleiben von einer
Einladung, der man zugesagt hat, werden weit strenger geahndet als Diebstahl.
Das schlimmste Vergehen aber ist die Mißachtung der »namus«,
der Ehre der Frau. Die Verführung oder Entführung einer Frau
löst gewöhnlich eine blutige, langjährige Fehde aus. Mannesmut,
Kampfbereitschaft, Gastfreundschaft und Asylrecht gehören zum Paschtunwali
ebenso, wie die berüchtigte Blutrache. Streitfälle
werden in einer »jirge«, einer Versammlung, beraten. Die Entscheidung
fällt nicht durch Abstimmung, sondern der Fall wird so lange besprochen,
bis sich alle einig sind.
Mit schätzungsweise 20 % der Bevölkerung sind die Tadschiken
die zweitgrößte Volksgruppe Afghanistans. Sie sind vorwiegend
Sunniten, sprechen aber Persisch und benutzen daher als Selbstbezeichnung
das Wort »parsiwan«, was soviel wie Persischsprechender bedeutet.
Mit Ausnahme des Südostens trifft man auf Tadschiken in ganz Afghanistan,
namentlich in großen Städten. Sie haben keine Stammesorganisation.
In ihren Dörfern leben sie von Ackerbau und Viehzucht, in den Städten
von Handwerk, Handel oder Arbeit in der Verwaltung. Ihr Bildungsstand ist
viel höher als derjenige der anderen Volksgruppen. Ihnen verdankt
Afghanistan unter anderem sein reiches literarisches Erbe." |
Quelle: Aus dem großen
Länderlexikon über die Menschen in Afghanistan S. 1196
Zur Geschichte, Land und Volk siehe
auch unter Links
Tabelle
Ethnische Gruppen Afghanistan
Quelle
Seite 137
Quelle Seite S. 123
Zur Geschichte, Land und Volk siehe
auch unter Links
Afghanistan:
Wirtschaft und Drogen
Die
Wirtschaft Afghanistans (Stand um 1990)
"Afghanistan ist ein ausgesprochenes Agrarland. Der größte
Teil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, obwohl nur ein kleiner
Teil des Landes landwirtschaftlich nutzbar ist. Rund zwei Drittel des Ackerlands
muß überdies bewässert werden. Neben den Flüssen sind
hierfür vor allem die Qanate, die unterirdischen Kanäle, und
Brunnen wichtig.
Auch die Viehzucht hatte große Bedeutung.
Besonders die für den Export wichtigen Karakul-Schafe, deren Felle
unter der Bezeichnung Astrachan oder Persianer bekannt sind, wurden vornehmlich
von Nomaden in den nördlichen Provinzen gehalten.
Doch der lang andauernde Krieg hat die afghanische
Landwirtschaft zugrundegerichtet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen
liegt ein Drittel der Weizenanbaufläche brach, ist der Viehbestand
stark zurückgegangen, sind 40 % der Bewässerungssysteme nicht
mehr funktionsfähig und müssen wieder aufgebaut werden. Überdies
sind Hunderte von Dörfern zerstört, und Millionen von Bauern
leben als Flüchtlinge im Ausland. Vermutlich wird es Jahrzehnte dauern,
bis die Landwirtschaft wieder den Stand erreicht haben wird, den sie vor
Ausbruch des Krieges hatte. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln
kann bis dahin nur mit ausländischer Hilfe gewährleistet werden.
Neben der Landwirtschaft kam noch dem Handwerk einige
Bedeutung zu. Besonders die auf traditionelle Weise hergestellten Teppiche
gehörten zu den wenigen Ausfuhrwaren.
Die industrielle Entwicklung Afghanistans befand
sich bis zum Kriegsausbruch noch in einem Anfangsstadium. Ihr wichtigster
Zweig war die Textilindustrie, die Produkte der heimischen Landwirtschaft
wie Baum- und Schafwolle verarbeitete. Das bedeutendste staatliche Ausfuhrgut
war das im Norden des Landes geförderte Erdgas."
Nach Sekundär-Quelle
S. 1199.
Das
Drogenproblem in Afghanistan und den umliegenden Ländern
Wie man sieht, gibt es drei geographische Hauptgebiete, wo Mohn angebaut
wird: das bei weitem Größte nördlich von Kandahar, der
Hochburg der Taliban und zwischen Nangarhar und Kabul und das dritte in
Badakshan. Erstellt 1993, hier nach Sekundär-Quelle
S. 167
11.
DROGEN- UND ENTWICKLUNGSPROBLEME IN AFGHANISTAN (Quelle
S. 148-151)
"A. Der historische Kontext
Schlafmohn wird in Südwestasien seit Jahrhunderten angebaut. Die
illegale Produktion von Opium in Afghanistan in großen Mengen ist
jedoch ein neues Phänomen. Während der Moghul Herrschaft (1600
bis 1750) war Opium eine 'cash crop' von geringer Bedeutung in einigen
Gebieten Zentral- und Ostindiens. Die Briten (1750-1947) förderten
jedoch die Opiumproduktion in Indien für den Export nach China. In
einigen Gebieten Indiens wurde Opium eine Monokultur, die andere Früchte
und Nahrungsmittel verdrängte. Der Opiumexport aus Indien nach China
erreichte 1879 mit 5.800 Tonnen seinen Höhepunkt. Heute ist Indien
das einzige Land, in dem Opium für legale Zwecke auf traditionelle
Weise geerntet wird. 321 In zwei Distrikten in Madhya Pradesh,
nämlich Mandsaur und Chittor, werden jährlich etwa 23.000 Hektar
Schlafmohn mit einer Produktion von etwa 1.000 Tonnen angebaut. 322
Pakistan importierte nach der Unabhängigkeit
und Teilung 1947 zunächst Opium aus Indien, um die etwa 100.000 Opiumabhängigen
Pakistans legal mit Opium zu versorgen. In den 50er Jahren wurde begonnen,
in der Northwest Frontier Province unter Regierungskontrolle in begrenztem
Maße Opium zu produzieren. Damit begann aber auch die illegale Produktion
in den unzugänglichen 'Tribal Areas' im Grenzgebiet zu Afghanistan
zuzunehmen. 323 Diese erreichte 1979 mit 800 metrischen Tonnen
ihren Höhepunkt. 324
Bis 1979 war auch der Iran einer der größten
Produzenten von Opium und Heroin und gleichzeitig eines der Länder
mit dem größten nationalen Verbrauch an Opium.
In Afghanistan wurde Opium wohl seit langer Zeit hergestellt, ohne
daß Opium ein wichtiges Exportgut gewesen wäre. Ab 1944 setzten
afghanische Regierungen eine Reihe von Gesetzen gegen illegale Produktion,
Handel und Gebrauch von Opium in Kraft. Eine Studie von 1971/72 stellte
illegalen Mohnanbau in Nangarhar, Balkh und Badakhshan sowie in Helmand
und Kunar fest. 325 Die Studie nennt aber keine Produktionszahlen.
Gelegentlich wird für die Zeit vor 1979 eine Zahl von 200 Tonnen Opium
pro Jahr genannt. 326
1979 war ein entscheidendes Jahr für die Region
auch im Hinblick auf die Drogensituation:
-
Im Iran wurde der Schah gestürzt und eine islamische Republik ausgerufen.
Das islamische Regime unternahm drastische Schritte gegen Drogenproduktion,
-handel und -gebrauch. Viele Drogenhändler, die vorher im Iran tätig
waren, setzten sich in die Türkei und nach Pakistan ab.
-
Die Sowjetunion marschierte in Afghanistan ein. In den folgenden ]ahren
boten die Abwesenheit jeglicher Regierungskontrolle in ländlichen
Gebieten, die Unterbrechung traditioneller Handels- und Transportsysteme
sowie die durch den Krieg verursachte Verarmung der ländlichen Bevölkerung
Grundlagen für zunehmende Drogenproduktion und -handel in Afghanistan.327
-
In Pakistan wurden die legale Produktion und der Vertrieb von Opium und
anderen Drogen (einschließlich Alkohols) verboten.
-
In der Türkei waren bereits Maßnahmen getroffen worden, um die
legale Produktion von Opium strenger zu kontrollieren.
Im Ergebnis stieg die Produktion in Afghanistan stark
an, während Pakistans 'Tribal Areas' mehr und mehr die Verarbeitung
von Opium in Heroin übernahmen. Gleichzeitig begann sich in Pakistan
der Konsum von Heroin auszubreiten. Inzwischen gilt Pakistan als das Land
mit der größten Zahl an Heroinabhängigen weltweit.
328
B. Der subregionale Kontext
Vor 1979 war der Iran ein wichtiger Produzent von
Opium und Heroin. Der Gebrauch von Opium war weitverbreitet. Nach 1979
unternahm die islamische Regierung dagegen drastische Schritte. Nach iranischen
Regierungsangaben gibt es inzwischen keinen Opiumanbau mehr. 329 1988
wurde ein Drogengesetz erlassen, das für geringfügige Vergehen
Geldstrafen, Peitschenschläge und Gefängnis vorsieht und für
Drogenhandel und wiederholten Anbau von Opium und Cannabis die Todesstrafe.
330
In den letzten Jahren verstärkte die iranische Regierung außerdem
die Kontrolle der Grenzen nach Pakistan und Afghanistan, um eine Infiltration
durch Drogenhändler zu unterbinden. Der Iran verzeichnet inzwischen
die höchsten Sicherstellungen von Opiaten weltweit. Dennoch bleibt
der Iran das bedeutendste Transitland für Opiate, die aus Afghanistan
und Pakistan nach Europa geschmuggelt werden. Opium wird im afghanisch-
pakistanisch- iranischen Grenzgebiet in Morphin verarbeitet und in dieser
Form in den Nahen Osten und die Türkei gebracht, wo es zu hochwertigem
Heroin für europäische Märkte verarbeitet wird.
Mit etwa 200.000 Heroinabhängigen und 400.000
Opiumsüchtigen 331 ist der Iran selbst ein wichtiger Markt
für Opiate, die in der Region hergestellt werden. 1994 unterzeichneten
der Iran, Pakistan und die Vereinten Nationen ein Kooperationsabkommen,
durch das der Drogenhandel über die pakistanisch- iranische Grenze
eingeschränkt werden soll. 332
Die zentralasiatischen Republiken sind Länder
im Übergang mit neuen und schwachen Institutionen. Drogenproduktion
und -handel verschärfen dort Probleme wie Korruption, organisiertes
Verbrechen, die Unterwanderung und Schwächung von öffentlichen
Institutionen sowie das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und
den Reformprozeß. 333 In den zentralasiatischen Republiken
selbst gibt es nur eine geringe Produktion von Opium, dafür aber eine
umfangreiche Herstellung von Cannabis. In den letzten Jahren wurden zunehmend
aus Afghanistan stammende Drogen beschlagnahmt. 334
Die Situation in Afghanistan, einschließlich des
Drogenhandels nach Zentralasien, wird als Bedrohung für die Entwicklung
und Stabilität der gesamten Region gesehen. Im Vergleich zu anderen
Routen - wie die durch den Iran - ist aber die Afghanistan/ Zentralasienroute
noch von geringer Bedeutung. 335
Um 1979 war Pakistan der größte Opiumproduzent
der Region. Inzwischen wird diese Rolle von Afghanistan übernommen.
In Pakistan selbst wurde die Opiumproduktion in den letzten drei Jahren
nochmals erheblich reduziert. 1996 wurden nur noch etwa 1.000 Hektar mit
einer Produktion von 28 Tonnen geerntet.336 1997 waren es noch 24 Tonnen.
-
Pakistan ist im Hinblick auf die Drogensituation in Afghanistan heute in
dreifacher Hinsicht von Bedeutung
-
Pakistan ist der größte Markt für Opium und Heroin aus
Afghanistan. Mit geschätzten 1,5 Millionen Heroinabhängigen und
170.000 Opiumabhängigen 337 benötigt Pakistan etwa
80 Tonnen pures Heroin und nochmals etwa 200 Tonnen Opium pro Jahr. Dies
entspricht einem Verbrauch von etwa 1.000 Tonnen Opium, wovon weniger als
30 Tonnen im Land selbst hergestellt werden. 338 Der Rest muß
aus Afghanistan importiert werden. Im Vergleich dazu wären die Märkte
in Europa mit einem Fünftel dieser Mengen bereits gesättigt.
339
-
Ein großer Teil des Opiums, das im Nordosten Afghanistans hergestellt
wird, wird in den 'Tribal Areas' Pakistans in Heroin verarbeitet. Von dort
aus wird auch der weitere Vertrieb in andere Gebiete Pakistans sowie ins
Ausland vorbereitet.
-
Der größte Teil des Opiums, das im Südwesten Afghanistans
(Kandahar, Helmand, Uruzgan) hergestellt und dort in Morphin verarbeitet
wird, wird zwar meist direkt in den Iran geschmuggelt und nicht immer durch
Pakistan geleitet. Dennoch sind wohl auch diese Geschäfte - einschließlich
der damit verbundenen Geldtransfers - zumeist in der Hand krimineller Organisationen
mit Sitz oder Zweigen in der pakistanischen Provinz Baluchistan.
Fußnoten
321 In einigen anderen Ländern werden Morphin und andere Alkaloide
aus dem Stroh des Schlafmohns gewonnen. Dies ist einfacher zu kontrollieren
als die traditionelle Methode, bei der Bauern Opium selbst ernten und dann
abliefern.
322 Business Standard (New Delhi 2.3.96).
323 Den Federally Administered Tribal Areas (FATAs, einschließlich
Khyber, Mohmand, Bajaur) und den Provincially Administered Tribal Areas
(PATAs, vor allem im Dir Distrikt).
324 Siehe dazu den Pakistan-Teil der Arbeit.
325 Owens/Clifton 1972.
326 Diese Zahl wird immer wieder genannt, obwohl es für sie keine
Grundlage gibt.
327 Nathan/Berger 1992: 8.
328 Siehe den Pakistan-Teil der Arbeit.
329 Die USA behaupten allerdings, daß im Iran weiterhin Schlafmohn
angebaut wird, wenn auch weniger als in Pakistan oder Afghanistan.
330 Zum Beispiel für den Gebrauch von Drogen: 4-12 Monate Gefängnis
beim ersten Mal, 1-4 Jahre beim zweiten Mal, das zwei- bis vierfache dieser
Strafe plus 50 Hiebe beim dritten Mal.
331 Regierungsangaben. Systematische Untersuchungen wurden bisher nicht
durchgeführt.
332 UNDCP-Projekt RAS/94/890: Strengthening Law Enforcement Capacities
in the Border Areas of the Southwest Asian Region.
333 Siehe Seger 1996b und 1997b.
334 Laut BBC vom 16. November 1997 wurde in Turkmenistan kurz zuvor
ein aus Afghanistan kommender LKW rnit etwa einer Tonne Heroin beschlagnahmt,
das in die Türkei geschmuggelt werden sollte.
335 Siehe Seger 1996b und 1997b.
336 Pakistan Special Development Unit 1996: Pakistan Opium Poppy Crop
Survey 1995-96.
337 Siehe die Untersuchung zum Drogengebrauch 1993 der Pakistan Narcotics
Control Divison (Gov. of Pakistan/NCD 1994).
338 Eigene Berechnungen.
339 Es gibt Schätzungen, die besagen, daß die Staaten der
Europäischen Union etwa 15 Tonnen Heroin (entspricht etwa 150 Tonnen
Opium) und die USA 5-10 Tonnen Heroin verbrauchen." |
Zur Geschichte, Land und Volk siehe auch
unter Links
Ein
Afghanistan-5-Punkte Plan aus allgemeiner-integrativer polit-psychologischer
Sicht
-
Sofortmaßnahmen: Korridore und Schutzzonen für
die Zivilbevölkerung einrichten und massive Soforthilfe mit (1) Nahrungsmitteln,
(2) Kleidung, (3) Zelten und Behausungen, (4) Medikamenten und medizinischem
Gerät und (5) Medizinischen Fachkundigen und Hilfspersonal.
-
Unter allen Umständen muß verhindert werden, daß
die USA ihre üblichen unendlichen außenpolitischen Dummheiten
durchsetzen können, eine USA-Marionetten-Regierung zu installieren.
-
Den der Menschlichkeit verpflichteten Afghanen muß
das Gefühl glaubwürdig vermittelt werden, daß sie selbst
die Geschicke ihres Landes bestimmen können, wenn die Taliban die
Macht verloren haben.
-
Rat der Afghanen einberufen und organisieren helfen mit dem
Ziel, eine vom Rat der Afghanen akzeptierte Übergangslösung zu
finden.
"Weissbart" eines Ältestenrates
nach Sekundär-Quelle
S. 23
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Massive Entwicklungshilfe unter Berücksichtigung afghanischer
Würde und ihrem Recht auf Selbstbestimmung, also Hilfe in freier Absprache
mit einer Übergangsregierung.
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Exkurs:
Die deutsch-afghanischen Kulturbeziehungen
"Die deutsch-afghanischen Kulturbeziehungen
Eingang Goethe-Institut Kabul
In diesem Jahr 1990 jährt sich der Aufbruch einer kaiserlich- deutschen
militärischen und diplomatischen Mission nach Afghanistan zum 75.
Mal, einer bedeutungsvollen Expedition der Mittelmächte über
die damalige Interessensphäre des Vorderen Orients hinaus bis vor
die Tore Britisch-Indiens. Folgenreich war dieses Unternehmen insofern,
als sich daran jahrzehntelange enge kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen
zwischen den beiden Ländern anknüpften, die, genau besehen, auch
alle politischen Wirren in den beiden Ländern überdauert haben.
Darin kommt zum Ausdruck, daß alle geschlossenen Vereinbarungen über
eine Zusammenarbeit auf vielfältigen Gebieten stets von den Menschen
auf breiter Ebene mitgetragen waren.
Verfolgte zwar die Expedition im Ersten Weltkrieg strategische
Ziele, so traf sie doch in Afghanistan beim Emir Habibullah und der afghanischen
Bevölkerung auf freundschaftlich geneigte Partner, die den deutschen
Abgesandten mit geringerem Mißtrauen entgegentraten, als dies jemals
den Briten oder den Russen des Zarenreiches mit ihren kolonialen Ambitionen
widerfahren war. Voraussetzung für die Aufnahme diplomatischer, wirtschaftlicher
und kultureller Beziehungen bildete allerdings das gegenseitige Kennenlernen,
bei dem auf beiden Seiten ein großer Nachholbedarf bestand.
Im 19. Jahrhundert gelangte die Kenntnis über
diesen Teil Asiens nach Europa nur durch die Briten, die im Umfeld ihres
indischen Kolonialreiches Entdecker- und Kundschafterdienste leisteten.
Alexander von Humboldt, der sich viele Verdienste als Entdecker erworben
hat, versuchte nicht nur einmal vergeblich, auch diese Region Asiens zu
bereisen. So mußten die Mitglieder der Niedermayer- Hentig- Expedition
im Ersten Weltkrieg für den deutschen Sprachraum die Aufgabe übernehmen,
aus einer in Natur und Kultur fremden Welt zu berichten. Diese diplomatische
Mission hat aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht nur aus diplomatischem
und militärischem Personal, sondern auch durch anwesende Fachleute
wesentlich weitere Ziele erreicht, ohne die der ein Jahrzehnt später
geschlossene Freundschaftsvertrag zwischen Afghanistan und Deutschland
nicht möglich gewesen wäre.
Afghanistan selbst und seine Bewohner hatten
schon im 19. Jahrhundert europäische Mächte in ihrer Region kennengelernt:
Wiederholt waren die Briten beim Ausbau ihres Imperiums auf dem Indischen
Subkontinent nicht nur an den Grenzen Afghanistans erschienen, sondern
waren bei kriegerischen Auseinandersetzungen bis in die Hauptstadt Kabul
vorgestoßen. Im Zeitalter der imperialistischen Machtpolitik hatten
sie Afghanistan praktisch unter ihr Mandat gestellt und außenpolitisch
unmündig gemacht; ein Zustand,der erst im Jahre 1919 aufgehoben wurde.
Als Folge dieser britischen Intervention sah sich auch das russische Zarenreich
veranlaßt, seine Einflußzone bis an den Hindukusch auszudehnen.
Ihm fielen nach und nach die zentralasiatischen Emirate zum Opfer, Gebiete
und Bevölkerungen mit gesellschaftlichen Grundstrukturen, die denen
des Kabuler Königtums sehr ähnlich waren.
Vor diesem Hintergrund muß man die erste Berührung
des Königtums am Hindukusch mit dem deutschen Kaiserreich im Ersten
Weltkrieg sehen. Bevölkerung und Staatsführung des Landes hatten
also Anlaß zu Mißtrauen bei der Begegnung mit einer weiteren
europäischen Macht. Der deutschen Fühlungnahme mit Afghanistan
kam jedoch zugute, daß das damalige strategische Interesse an der
Region indirekter Natur war und sich vor allem auf die Gegnerschaft zu
Großbritannien gründete. Die Schwerpunkte deutscher Orientpolitik
lagen vielmehr im Vorderen Orient, in dem auch durch den Bau der Bagdad-Bahn
mit dem Osmanischen Reich ein treuer Verbündeter und Freund zur Seite
stand.
Der Sturz der Mittelmächte am Ende des
Ersten Weltkrieges und die damit verbundene vollständige Abkehr von
imperialer Politik ist wohl dafür verantwortlich, daß sich die
politischen und kulturellen Beziehungen zwischen Afghanistan und Deutschland
in der Folgezeit so gut entwickeln konnten. Durch den Verlust der Kolonialgebiete
wurden die Bestrebungen von Wirtschaft und Technologie zur Modernisierung
auf neue Partner gerichtet, mit denen man langfristige, für beide
Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit betreiben konnte.
Als auf afghanischer Seite König Amanullah
im Jahr 1919 nach gerade vollendeter Unabhängigkeit das Thronerbe
im Lande antrat, gelangten die deutsch- afghanischen Beziehungen in eine
neue Phase. Nach seinen Vorgängern, die vor einer zu starken Säkularisierung
und Bildung der Bevölkerung auf breiter Ebene zurückschreckten,
öffnete sich Amanullah sogleich den Einflüssen westlicher Kultur
und Modernisierung. Nationalistisches Gedankengut der jungtürkischen
Bewegung, die das Osmanenreich zum Niedergang brachte, blieb ebenfalls
nicht ohne Einfluß auf den jungen Herrscher, der sich überstürzt
daran machte, Reformen auf allen Gebieten des Staatswesens und der Gesellschaft
einzuführen. Da sich diese Reformen jedoch nur auf Teile der Bevölkerung
stützen konnten, war ihnen letztlich kein voller Erfolg beschieden.
Die soziale Lage der Mehrheit der Bevölkerung auf dem Lande verschlechterte
sich, während in den städtischen Zentren Staatsapparat und Handel
erstarkten. So wurde Amanullah nach einem Jahrzehnt gestürzt und ein
Teil seiner Reformen rückgängig gemacht.
Aber dieses Jahrzehnt nach dem Ersten Weltkrieg
bereitete den Boden für die intensivsten kulturellen und wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Afghanistan und Deutschland, die erst mit der Einbeziehung
Afghanistans in den sowjetischen Machtbereich im Jahre 1979 zum Erliegen
gekommen und damit unvollendet geblieben sind. Bei der Fülle von zum
gegenseitigen Nutzen betriebenen Projekten ist die Prognose wohl nicht
vermessen, an eine Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen zu denken,
wenn Afghanistan seine Bemühungen zur Entwicklung gesellschaftlicher
und wirtschaftlicher Strukturen unabhängig wieder aufnehmen kann."
Aus Sekundär-Quelle
S. 191-194 (Abb. Goethe Institut S. 206)
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Literatur:
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(1999). Gütersloh/ München: Bertelsmann.
Neudeck, Rupert
(1988). Afghanistan. Politische Expeditionen. Wuppertal: Hammer.
Pohly,
Michael & Durán, Khalid (2001). Osama bin Laden und der internationale
Terrorismus. Frankfurt: Ullstein.
Seger,
Alexander (1998). Entwicklung und Drogen in Asien. Drogenprobleme, Drogenkontrolle
und nachhaltige menschliche Entwicklung in Laos, Afghanistan und Pakistan.
Dissertation Phil. Fak. RFW-Universität Bonn.
Spanta, Rangin
Dadfar (1993). Afghanistan. Entstehung der Unterentwicklung. Krieg und
Widerstand. Frankfurt: Lang.
Mohm, Hans
Werner im Auftrag der Uni- und Stadt-Bibliotheken Trier (1990). Afghanistan.
Eine große Vergangenheit ... und die Zukunft? Kunst und Kultur aus
Afghanistan von den frühesten Zeiten bis in die Gegenwart. Ausstellung
der Universitätsbibliothek Trier vonm 18. Mai bis 15. Juni 1990. Trier:
Uni-Trier.
Rybtischka,
Emil (1927). Im gottgegebenen Afghanistan. Als Gäste des Emirs. Leipzig:
Brockhaus.
Wiebe, Dietrich
(1984). Afghanistan. Ein mittelasiatisches Entwicklungsland im Umbruch.
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Links Afghanistan
http://members.tripod.de/AEgo/afghanistan/links.htm
Literatur über Afghanistan
http://stud-www.uni-marburg.de/~Alam/litera.htm
Geschichte Afghanistans
http://www.angelfire.com/country/afghan/Chronologie.html
http://stud-www.uni-marburg.de/~Alam/Chron.htm
http://www.afghan-german.de/d/gesch/geschich.htm
Zur neueren Geschichte und den Taliban
http://www.jochen-hippler.de/Aufsatze/Afghanistan__Von_der__Volksdem/afghanistan__von_der__volksdem.html
Afghanisch-Britische Kriege
http://home.t-online.de/home/hhehrmann/main1.htm
Geschichte auch hier: Reisen in Afghanistan
http://reisen.netscape.de/reisen/travelguide/reiseziele/contentview.jsp?land=Afghanistan&thema=1
Amnesty International zur Situation und den Menschenrechten in Afghanistan
Jahresbericht 2001
http://www.ruhr-uni-bochum.de/amnesty/afghanistan.html
http://www.ruhr-uni-bochum.de/amnesty/afghanistan-2000.html
Stellung der Frauen in Afghanistan
http://www.frauennews.de/themen/weltweit/afghan1.htm
Weitere Links
http://www.wsws.org/de/1998/okt1998/afgh-o21.shtml
http://www.afghan-web.com/
Geheimdienste
vom Typ CIA sind vielfach nichts anderes als staatlich sanktionierte Kriminelle
Vereinigungen und pseudo-legalisierte
Terrorbanden,
die den lokalen, regionalen und Weltfrieden gefährden. Daher fordern
wir aus allgemeiner und integrativer polit-psychologischer Sicht ein
Internationales Geheimdienst-Völkerrechtsgesetz:
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Allen Geheimdiensten wird verboten Attentate, Umstürze,
Staatsstreiche, Militärinterventionen, Sabotage, Waffenlieferungen
und jede andere Form aktiv aggressiver oder destruktiver Beeinflussung
zu betreiben.
-
Geheimdienste dürfen nur informationell zur Abwehr und
Aufklärung eingesetzt werden.
-
Es ist detailliert und operational genauestens festzulegen,
was Geheimdienste dürfen und was nicht; hierbei ist jeglicher Interpretationsspielraum
streng zu vermeiden.
-
Sämtliche Geheimdienstaktivitäten müssen parlamentarischer
Kontrolle unterliegen und vom Weltsicherheitsrat der UNO oder einem internationalen
Gerichtshof geprüft werden können.
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Querverweise
-
Überblick Programm Politische
Psychologie in der IP-GIPT
-
USA politisch und moralisch völlig
ungeeignet, eine Führungsrolle in der Welt zu spielen - die UNO muß
gestärkt werden.
-
Die Bundesregierung, der Verteidigungsminister,
der Krieg, die Beweise und die Verantwortung. (9.10.1)
-
Kriegs-Regeln. Genfer Abkommen - Genfer
Konvention. (9.10.1)
-
Die Präsidenten der
USA als politisch Hauptverantwortliche und Hintermänner für Terroranschläge,
Kriegsanzettelungen, Staatsstreiche, Killerkommandos und viele andere destruktive
Aktionen und Einmischungen in die inneren Angelegenheiten fremder Länder.
Mit Literatur und Linkliste.
-
Methoden der CIA unter
der politischen Verantwortung der US-Präsidenten
-
Zur Beweislage 2 des kriegerischen Terroranschlages
vom 11.9.2001. Fragen und Probleme zum internationalen Terroristenproblem.
Was tun?
-
18 Punkte zur Beweislage
3 [1 hier]
[2
hier] Zu den Urhebern des kriegerischen Terroranschlages vom 11.9.2001
(3.10.01)
-
Tops und Flops der US-Geheimdienste. Lesebeispiel:
Bespitzelung, Denunziation und die Ermordung John Lennons. Ein Buchhinweis.
-
Im Namen des Staates. CIA, BND und die kriminellen
Machenschaften der Geheimdienste (Andreas von Bülow, Piper). Ein
Buchhinweis
-
Heiliger Krieg - Dschihad provoziert. Die
Würfel sind gefallen. Wenn es nur ein Abenteuer wäre.
-
Tot oder Lebendig: Osama
Bin Laden durch Wyatt Earp Bush für vogelfrei erklärt.
-
Teil 1 Neue Formen des Krieges? Die Achillesversen
der Hightech-Gesellschaften und das vollständige Versagen der amerikanischen
Sicherheitssysteme. Aus der Reihe Politische Psychologie. (14.9.01)
-
Teil 2 Neue Formen des Krieges: Was ist ein Beweis?
Oder wann ist ein Aggressor überführt? (16.9.01)
-
Der Krieg und seine psychologischen Wurzeln
-
Parameter des Weltfriedens: Die
Staatslehre des Aristoteles. Ein Leitmotiv für die Organisation der
Welt zur Minimierung von Krieg, Terror, Gewalt, Unterdrückung und
Ausbeutung. Aus der Politik 5. Buch, 8. Kapitel. (16.09.01)
-
Auserwählt
im Names Jahwes, Gottes und Allahs
_
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Afghanistan,
die USA und die Politik. Was, Wann, Wie, Warum? Aktueller 5-Punkte-Plan
für Afghanistan. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/politpsy/global/afghan.htm
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wird
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20.08.2021 Neues Kapitel: Nach
dem großem Scheitern des Westens.
14.10.2001 Erste Version eingestellt.